2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinstreue

Eine Familie lebt den Verein

Alexander Herweck schnürt seit 1994 für die SG Wildsachsen die Schuhe +++ Drei Brüder als Spieler, Vater als Sponsor, Mutter als gute Seele +++ Oft von Verletzungen zurückgeworfen

WIESBADEN. Vor einigen Jahren hätte wohl kaum einer die SG Wildsachsen im aktuell gesicherten Mittelfeld der Gruppenliga Wiesbaden erwartet. Binnen fünf Jahren ist der Verein aus der Nähe von Hofheim von der Kreisliga B Main-Taunus bis in die Gruppenliga Wiesbaden vorgestoßen. Ein bemerkenswerter, sportlicher Aufschwung, den Alexander Herweck, der nur wenige Minuten vom Vereinsgelände entfernt wohnt und seit 1994 aktiv im Verein ist, tagtäglich miterlebt.

Kurzes Intermezzo in Biebrich

Und das seit nunmehr über zwanzig Jahren! Im Alter von vier Jahren machte der heute 24-jährige seine ersten Erfahrungen auf dem Fußballplatz. Zusammen mit Bruder Martin, der heute das Amt des 2. Vorstandsvorsitzenden im Club bekleidet, beginnt er aktiv im Verein zu kicken. Aufgrund seiner körperlichen Längenvorteilen gegenüber Gleichaltrigen wird "Ali", wie er seit seiner Kindheit im Verein gerufen wird, auf der Innenverteidigerposition geschult. Doch lange wollte er diese Position nicht spielen erinnert sich Alex zurück: "Ich wollte unbedingt im Mittelfeld spielen. Deshalb bin ich zu meinem Trainer gegangen und habe ihm meinen Wunsch mitgeteilt." Nach langen Diskussionen wurde "Ali" in der D-Jugend schließlich zum zentralen Mittelfeldspieler umgeschult. Fortan spielte er für alle Jugendmannschaften seines Heimatclubs, bis er als C-Jugendlicher den Schritt zum FV Biebrich wagte. Doch das Intermezzo war nicht von langer Dauer: "Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt dort richtig wohlgefühlt. Der Kontrast zwischen Stadt und Dorf hat mir Schwierigkeiten bereitet. Schnell habe ich das Gefühl entwickelt, zeitnah zur SG Wildsachsen zurückzukehren, um dort wieder mit meinem Bruder Martin in einer Mannschaft zu spielen." In der A-Jugend spielte er dann schließlich mit ihm für ein weiteres Jahr zusammen, ehe er mit 17 Jahren den Sprung in die erste Mannschaft schaffte. Seit vergangener Saison ist mit Michael Herweck (19) auch der insgesamt dritte Bruder aus dem Herweck-Clan zum Verein dazugestoßen. Vater Klaus Herweck, der ein Küchengeschäft auf dem 1. Ring betreibt, steht der SGW als Sponsor ebenfalls sehr nahe. Mutter Christine Herweck schaut ihren Jungs fast bei jedem Spiel treu zu, hilft zur Not auch mal beim Kuchenverkauf aus.

Auf den Spuren des Erfolgs

Bei Betrachtung des sportlichen Erfolgs seit 2010 vermag die Frage nach dessen Gründen nicht ganz abwegig. Als Teil des Ganzen blickt "Ali" auf die vergangenen Jahre zurück und erklärt die Geheimnisse des Erfolgs: "Meine Freunde aus dem Jahrgang 88/89 spielten größenteils verteilt bei den umliegenden Clubs. Doch diese versäumten es nachhaltig Jugendarbeit zu leisten, Perspektiven zu schaffen und die Spieler langfristig an den Verein zu binden." Lokale Strukturierungsprobleme und konzeptionelle Ideenarmut begünstigten den Wechsel vieler Spieler zur SGW, doch der ausschlaggebende Faktor war ein ganz anderer der aber damals wie heute für den Wirtschaftswissenschaftsstudent die Besonderheit des Vereins ausmacht : "Die familiäre Atmosphäre inner- und außerhalb des Vereins war schon immer einzigartig. Es macht einfach richtig Bock mit den Leuten in diesem Verein Fußball zu spielen."

Fortschreitendes Wachstum und drei Aufstiege in vier Jahren bilanzieren die rasante Weiterentwicklung des Vereins. Die Erweiterung der Fußballabteilung von eine auf drei aktive Mannschaften, den Ausbau der Jugendabteilung und Angliederung anderer Sportarten war die logische Konsequenz und gleichzeitig Beginn einer andauernden internen Umstrukturierung. Doch welche Schwierigkeiten damit verbunden sind, ist dem 24-Jährigen dennoch bewusst: "Unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten sind begrenzt. Wegen Geld spielt hier keiner Fußball! Wohlfühlatmosphäre und ein familärer Umgang sind die Aushängeschilder und Leitmotive unseres Vereins. Diese Einstellung allerdings erschwert natürlich auch die Aufgabe auf lange Sicht sportlich konkurrenzfähig zu bleiben."

Von Verletzungspech gebeutelt

Als Jugendwart der Fußballabteilung kümmert sich Alex zusammen mit Bruder Martin seit knapp zwei Jahren um den Nachwuchs im Verein. Allerdings kam "Ali" in der ersten Mannschaft dieses Jahr nur zu sechs Einsätzen. Zwei Kreuzbandrisse in kurzer Zeit repräsentativ für das unglaubliche Verletzungspech des Wildsächsers. Gerade die zweite Verletzung stellte ihn vor einige Herrausforderungen: "Der zweite Kreuzbandriss war besonders schlimm. Im Unterschied zu meiner ersten Verletzung war diesmal der mentale Aspekt entscheidend. Meine Gesundheit steht im Vordergrund, es ist schwer nach solch einer Verletzung wieder zu alter Stärke zu finden."


Die SG Wildsachsen ist Meister! Ein in den vergangenen Jahren oft vorkommendes Phänomen, hier feiert Alexander (links) mit Bruder Martin den Aufstieg in die Gruppenliga. Foto: Privat.


Doch so schwierig diese Saison auch sein mag, umso erfreulicher sind die Erinnerungen an die Kreisoberligasaison 2012/2013. Erst im Sommer aus der Kreisliga A Main-Taunus aufgestiegen sorgte die junge Mannschaft auch in der neuen Spielklasse weiter für Aufsehen. "Ali" absolvierte alle Spiele für seine Mannschaft in dieser Saison, der 27. Spieltag allerdings ist ihm in bleibender Erinnerung geblieben: "Wir hatten unser Auswärtsspiel in Hornau 3:0 gewonnen als wenige Minuten nach Abpfiff das Telefon klingelt. Uns erreichte die Nachricht, dass Verfolger Hochheim 07 in Marxheim überraschend verloren hat und dies gleichzeitig die vorzeitige Meisterschaft bedeutete. Wir konnten es alle kaum glauben, eine riesen Sache für den ganzen Verein...".

Langfristig etablieren

Und die Erfolgsstory hält bis heute an. Nachdem man in der Vorsaison bereits das Saisonziel Klassenerhalt erfolgreich umsetzte, agiert das Team aktuell erneut im gesicherten Mittelfeld der Gruppenliga Wiesbaden. Doch man weiß die Situation in Wildsachsen realistisch einzuordnen: "Mit der ersten Mannschaft wollen wir uns langfristig in der Liga etablieren und eine gute Rolle spielen. Das ist uns bisher hervorragend gelungen. Ebenso spielen wir mit den Jugendmannschaften eine solide Rolle und wollen uns kontinuirlich weiterentwickeln", berichtet "Ali".

Aufrufe: 012.5.2015, 12:00 Uhr
Moritz RoemheldAutor