2024-04-25T14:35:39.956Z

Analyse
Torwart Stefan Kühlborn spielte mit dem SSV Weilerswist nur eine Saison in der Bezirksliga. Am Schlussmann lag es nicht. Foto: Steinicke
Torwart Stefan Kühlborn spielte mit dem SSV Weilerswist nur eine Saison in der Bezirksliga. Am Schlussmann lag es nicht. Foto: Steinicke

Meistens nur ein kurzes Gastspiel

Aufsteiger stoßen in der Bezirksliga schnell an ihre Grenze – Fehlt im Kreis die Qualität?

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Die Verweildauer war zuletzt sehr begrenzt. In den vergangenen acht Jahren blieb kein Bezirksliga-Aufsteiger aus dem Kreis Euskirchen länger als drei Jahre in der neuen Klasse. Von zwölf Mannschaften, die den Sprung aus der der Kreisliga A schafften, stiegen fünf sogar nach nur einer Saison wieder ab.

Der SV Sötenich wurde in der Saison 2008/2009 Meister und musste immerhin erst drei Jahre später – nach der Spielzeit 2011/2012 – wieder runter. Der SSV Lommersum war 2011 und 2013 die beste Mannschaft in der Kreisliga A. In der jeweils nächsten Saison versuchte er vergeblich in der Bezirksliga sein Glück. Marc Brust schaffte zunächst als Trainer mit dem SSV den Sprung auf die Verbandsebene. Beim zweiten Bezirksliga-Abenteuer war er als Sportlicher Leiter im Hintergrund tätig.

Doch warum tun sich die Meister aus dem Kreis Euskirchen in der höheren Klasse so schwer? „Die Anzahl der Spieler ist im Kreis Euskirchen signifikant geringer als beispielsweise in den Ballungsgebieten Köln und Bonn oder auch im Rhein-Erft-Kreis. Die Vereine dort können aus einem wesentlich größeren Pool an gut ausgebildeten Jugendspielern schöpfen. Der Sprung vom Junioren- in den Seniorenbereich ist kleiner. Im ländlichen Raum sind die Vereine in der Jugend überwiegend froh, eine Mannschaft in den Altersklassen stellen zu können“, sagt Brust.

Dementsprechend sei der Sprung aus der Kreisliga A im Kreis Euskirchen auf die Verbandsebene gefühlt größer als eine Klasse, so Brust: „Wenn man hier die A-Klasse dominiert und in der Regel nicht mehr als drei Niederlagen kassiert hat, ist in der Bezirksliga das Selbstvertrauen schnell aufgebraucht, wenn die Siege nicht mehr so einfach eingefahren werden.“ Auch die finanziellen Mittel in den Ballungsgebieten seien ganz andere. Das erleichtere die Arbeit ebenfalls.

Dem kann Stefan Kühlborn nur beipflichten. Der Torwart stieg 2012 mit dem SSV Weilerswist in die Bezirksliga auf und nur eine Saison später wieder ab. „Ich glaube auch, dass insbesondere der Kreis Euskirchen das Problem hat, dass es immer weniger Spieler gibt. Der SSV ist ein gutes Beispiel, weil er vor einigen Jahren ein Aushängeschild des Kreises auf Verbandsebene war. Das funktionierte, weil immer auch Spieler aus Köln oder dem Rhein-Erft-Kreis dabei waren. Die kriegt man aber nur über Sponsoren. Wenn es dann niemanden mehr gibt, der Geld gibt, wandern diese Spieler ab und der Verein kann das nur mit Jungs aus der Umgebung nicht auffangen“, so der ehemalige SSV-Schlussmann.

In der Kreisliga falle nicht auf, dass die Rahmenbedingungen in anderen Fußballkreisen besser seien. Sobald der Vergleich auf Verbandsebene anstehe, mache sich das dann bemerkbar und die Euskirchener Teams hätten Nachteile, erklärt Kühlborn. Eine Ausnahme sei der Euskirchener TSC, weil er attraktiv sei – für gute Jugendspieler und auch finanziell für gute Kicker, die nicht nur aus Dörfern rund um Euskirchen kommen.

Mit dem SSV stieg 2012 auch die SG Sportfreunde 69 Marmagen-Nettersheim auf – und wie die Weilerswister nach nur einem Jahr wieder ab. Horst Bartz, damals Trainer, sagt: „Die Physis ist eine andere. Das merkt man in den Zweikämpfen. Außerdem wird cleverer gespielt. Viele Bezirksliga-Teams verfügen über zwei, drei Routiniers, die die anderen einfach besser machen.“

Dustin Oellers schaffte mit dem SV Bessenich 2011 den Aufstieg und spielte anschließend eine gute erste Saison. Nach dem zweiten Bezirksliga-Jahr war dann aber Schluss. Der SV stieg ab. „Im ersten Jahr wird man oft unterschätzt. Das hat uns sicherlich geholfen, aber wir haben auch extrem gekämpft“, so Abwehrspieler Oellers: „Als sehr gutes Kreisliga-A-Team bist du eher ein schlechtes Bezirksliga-Team, das dann aus den Möglichkeiten das Beste machen muss.“

Dirk Scheer hat den Rückzug der Nierfelder Reserve nach nur einem halben Jahr Bezirksliga-Zugehörigkeit im Jahr 2014 am eigenen Leib als Trainer miterlebt. Er sagt: „Die Vereine im Kreis Euskirchen sind einfach nicht auf Rosen gebettet. Das Einzugsgebiet ist zu klein, um dauerhaft mithalten zu können. Außerdem haben die meisten Jugendspieler nicht die Qualität für die Verbandsebene.“

Außerdem, so Scheer weiter, hätten sich die Prioritäten verschoben. Früher sei Fußball immer an erster Stelle gekommen, das sei heute schon lange nicht mehr so. „Die Unterschiede zwischen den Klassen sind das Tempo und das Körperliche. Es ist zwar nur eine Klasse, aber die sieht und merkt man. Das taktische Verständnis ist in der Bezirksliga viel stärker ausgeprägt“, so Scheer.

In der neuen Saison versuchen die Sportfreunde 69 und die TuS Mechernich, es besser zu machen. Für beide ist der Klassenerhalt das Ziel. Doch wieso sollten ausgerechnet sie die Klasse halten, nachdem der BC Bliesheim in der abgelaufenen Saison als Aufsteiger sportlich abgestiegen war und nur durch den Rückzug des SV SW Stotzheim doch in der Klasse blieb? „Weil wir nach der langen Bezirksliga-Abstinenz Bock auf die Liga haben. Der Aschenplatz wird uns helfen und das Umfeld ist einfach der Wahnsinn“, sagt TuS-Sprecher Rocco Bartsch. Er rechne damit, dass zu jedem Auswärtsspiel gut 50 Fans mitfahren.

Mechernichs Offensivspieler Mirko Lepartz spielte mit dem Kaller SC bereits in der Bezirksliga und gehört damit im TuS-Kader zu den erfahrenen Spielern. „Es ist schon ein Unterschied. Im Kreis kennt man die Sportplätze. In der Bezirksliga ist alles neu. Da hat man zu viel Respekt vor. Außerdem musst du lernen, mit Misserfolg umzugehen. Ich glaube, wir, aber auch die Sportfreunde, sind darin sehr gut“, so Lepartz.

Aufrufe: 08.7.2016, 22:17 Uhr
KSTA-KR/Tom SteinickeAutor