2024-05-10T08:19:16.237Z

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Catalin Branetu lebt seit März diesen Jahres in Deutschland und hat sich für die anstehende Saison der SG Nieder-Wiesen angeschlossen
Catalin Branetu lebt seit März diesen Jahres in Deutschland und hat sich für die anstehende Saison der SG Nieder-Wiesen angeschlossen – Foto: Nückel/Steinmann

Rumänischer Drittliga-Fußballer spielt B-Klasse

SG Nieder-Wiesen beheimatet den prominentesten Zugang der Liga +++ Wie Catalin Branetu den Weg nach Erbes-Büdesheim fand

NIEDER-WIESEN. Was er am meisten genießt bei seinem neuen Verein? Catalin Branetu muss nicht lange überlegen: „Die warme Dusche nach dem Spiel!“ Der Neuzugang der SG Nieder-Wiesen/Erbes-Büdesheim/Oberwiesen spielte zuletzt in seinem Heimatland Rumänien in der dritten Liga.

Was nach hochklassigem Fußball klingt, hat wenig mit professionellem Sport zu tun. „Nur wenige Vereine haben fließend warmes Wasser in der Umkleide, eine Flutlichtanlage ist eine Seltenheit“, sagt Branetu. Dank einer Zufallsbegegnung ist der 30-Jährige nun der neue Fixpunkt im Offensivspiel des Fußball-B-Ligisten.

Die Reise von Branetu beginnt ohne Fußball im Gepäck und mit sehr viel Glück. Mitte März fliegt der gelernte Physiotherapeut zusammen mit seiner Frau nach Deutschland. Im Alzeyer Raum wohnt bereits Verwandtschaft von Branetu. In Erbes-Büdesheim hat das junge Pärchen ein Haus gefunden. Sie erwischen den letzten Flieger, der vor dem Lockdown von Rumänien nach Deutschland fliegt.

Während seine Frau schnell einen Job im Gastrobereich findet, zerschlägt die Pandemie alle Jobaussichten beim Hobbyfußballer. Was bleibt, ist der Sport. Seine tägliche Joggingrunde führte ihn Ende Mai am Sportplatz in Erbes-Büdesheim vorbei.

Branetu stoppt, legt einen kleinen Umweg ein und fragt bei der Spielgemeinschaft nach, ob er das nächste Mal mit Kickschuhen vorbeischauen darf. „Seit ich denken kann, spiele ich Fußball. Ich wollte unbedingt auch in Deutschland im Verein spielen“, sagt Branetu.

Noch wird sich in Englisch unterhalten

Die Mannschaft von Sascha Switalski nimmt den internationalen Neuzugang mit offenen Armen in Empfang. Als Person und als Fußballer passe Branetu perfekt zum Verein, meint Coach Switalski. Die Kommunikation läuft in Englisch, Branetu hat bisher keine Trainingseinheit verpasst und jeden Mannschaftsabend mitgenommen. „Er ist oft der erste auf dem Platz und scherzt mit den Jungs als wäre er jahrelang bei uns“, freut sich Switalski.

„Hintermann“, „Eckball“ und „Mannschaftssitzung“ war das fußballspezifische Vokabular, das der Rumäne zuerst beherrschte. Mit dem digitalen Deutschkurs im Herbst soll sich sein Wortschatz schnell erweitern. Allein die Jobsuche gestaltet sich weiter schwierig. Mit mehreren Jahren Berufserfahrung in seiner Heimat würde er auch hierzulande gerne als Masseur arbeiten.

In der Kabine kann der Neuzugang seine neuen Teamkollegen professionell durchkneten. Auf dem Platz soll er die Nebenleute mit seiner technischen Klasse und Übersicht in Szene setzen. Eingeplant ist der ehrgeizige Rumäne als Stürmer oder Spielgestalter hinter den Spitzen.

Branetu sieht sich selbst mehr als mannschaftsdienlicher Vorlagengeber, denn als Strafraumknipser: „Im ersten Training hat mich der Coach gefragt, was ich mehr mag: Vorlagen oder Tore schießen?“ Die Antwort des Neuzugangs nach kurzer Bedenkzeit: „Ich bevorzuge den cleveren Pass und setze lieber meine Teamkollegen in Szene.“ Passenderweise zählt der Rumäne Toni Kroos und Xavi zu seinen fußballerischen Vorbildern.

Branetus Ehefrau schloss sich dem HSV Alzey an

Groß geworden ist Branetu in einer Sportlerfamilie im Westen Rumäniens. Auch sein Vater spielte Fußball und war als Judoka erfolgreich, seine Frau hat als Handballerin schon ihre neue sportliche Heimat beim HSV Alzey gefunden.

In Teenagertagen klopften höherklassige Vereine beim Offensivspieler an. Doch Branetu entschied sich, seinem Jugendverein AS Oravita treu zu bleiben. Als sein Vater früh verstarb, versprach er ihm, weiter Fußball zu spielen, nicht aufzuhören. Jedes seiner Tore widmet er seinem fußballbegeisterten Vater.

In der Fußballgemeinschaft kann Branetu abschalten. Auf den Sportplätzen im Raum Alzey fühlt er sich besonders wohl. Verglichen mit den Plätzen in seiner Heimat empfindet der Rumäne jeden Rasenplatz als grünen Fußballteppich: „Deutschland ist bekannt für seine Professionalität und Diszipliniertheit. Aber dass es in den untersten Fußballligen so strukturiert zugeht, damit habe ich wirklich nicht gerechnet. “

Allein die App, mit der die Verfügbarkeiten zu Trainingseinheiten und Spielen abgefragt wird, beeindruckt Branetu. „In Rumänien war ich froh, wenn sonntags genug Spieler auf dem Platz waren. Das Training hat niemand so ernst genommen.“

In Nieder-Wiesen steht mit Sascha Switalski ein hauptamtlicher Athletik-Coach auf dem Platz und hat haargenau jeden Übungsablauf notiert. „Mir gefällt dieser Ehrgeiz. So ein Training macht mich nochmal besser“, meint Branetu. Konkrete Ziele mit dem neuen Team möchte er nach so kurzer Zeit noch nicht benennen: „Ich will möglichst oft gewinnen und Spaß haben mit den Jungs.“ Im ersten Pflichtspiel hat das schon geklappt. Zwei Tore und eine Vorlage steuerte der rumänische Offensivspieler im beim 10:0 Pokalerfolg gegen TuS Dorn-Dürkheim II bei.

Aufrufe: 01.9.2020, 13:30 Uhr
Henrik RampeAutor