2024-05-10T08:19:16.237Z

Spielvorbericht
Rückblende: Am 9. August drehte Nick Flock nach seinem 1:1-Tor in der Nachspielzeit jubelnd ab. Maik Rubzov, Leon Tia und Simon Schubert waren entsetzt.
Rückblende: Am 9. August drehte Nick Flock nach seinem 1:1-Tor in der Nachspielzeit jubelnd ab. Maik Rubzov, Leon Tia und Simon Schubert waren entsetzt. – Foto: Henrik Martinschledde

Oberliga-Derby: Wie groß ist der Unterschied wirklich?

Oberliga-Spitzenreiter SC Wiedenbrück empfängt den Tabellenneunten FC Gütersloh zum Kreisderby im Jahnstadion. In zwei Mannschaftsteilen scheinen die Gastgeber im Vorteil. FuPa Ostwestfalen zeigt alle Highlights bei FuPa.TV!

Sieben Tore nur hat der SC Wiedenbrück in dieser Saison mehr geschossen als der FC Gütersloh – und doch trennen die beiden Oberligisten in der Tabelle acht Plätze. Wie groß der Unterschied zwischen beiden Teams wirklich ist, muss sich heute im direkten Duell zeigen. Um 19.30 Uhr (21. Februar 2020) empfängt der SCW den FCG im Jahnstadion. Wir beleuchten einige Aspekte des Kreisderbys und wagen am Ende den Versuch eines Vergleichs zwischen beiden Mannschaften.

Ausgangslage

Mit 38 Punkten (33:22 Toren) rangiert der SC Wiedenbrück nach 18 Spielen an der Tabellenspitze. Zuletzt erreichte das Team ein 0:0 im Gipfeltreffen mit dem Tabellenzweiten RSV Meinerzhagen. Der FC Gütersloh kommt als Neunter auf 26 Punkte (26:22 Tore). Aus der Winterpause startete die Mannschaft vor einer Woche mit einem 1:1 gegen den SC Paderborn II.


Hinspiel

Am 9. August wurde die Oberligasaison 2019/2020 mit dem Derby offiziell eröffnet. Vor 2.140 Zuschauern im Heidewaldstadion ging der SC Wiedenbrück durch Aday Ercan in der 72. Minute in Führung. Nick Flock sorgte mit dem 1:1-Ausgleich in der dritten Minute der Nachspielzeit für Jubelstürme beim FC Gütersloh.


Zielsetzung

Die große Frage beim SC Wiedenbrück lautet: Will der Verein überhaupt zurück in die Regionalliga, aus der er im Sommer 2019 nach neunjähriger Zugehörigkeit abgestiegen war? Bisher hat der Vorstand keine Erklärung abgegeben, ob er bis zum Stichtag 1. April einen Zulassungsantrag stellen will. Die Tendenz, ablesbar auch an den zuletzt getätigten Spielerverpflichtungen, geht eher in Richtung Verzicht. Auf die Motivation der Spieler hat die Hängepartie bislang keinen erkennbaren Einfluss. Erstens geht es um sportlichen Ehrgeiz, zweitens wohl auch um Siegprämien. Der kämpferische Einsatz, den die Mannschaft zuletzt gegen Meinerzhagen an den Tag legte, war auf jeden Fall aller Ehren wert.

Der FC Gütersloh ist auf dem besten Weg sein Saisonziel zu erreichen, frühzeitig nichts mit dem Abstiegskampf zu tun zu haben. In der Hinrunde gehörte das Team sogar einige Male zum oberen Tabellendrittel und war drauf und dran, sich dort zu etablieren. Den Ehrgeiz und das fußballerische Potenzial dazu haben Trainer und Mannschaft, wie schon viele Auftritte gezeigt haben. Die Möglichkeit dazu besteht in der engen und etwas verzerrten Tabelle auch: „Netto“ steht der FCG sogar besser da als Paderborn, Schermbeck und Ennepetal auf den Plätzen fünf, sechs und sieben.


Wechselspiele

Auch heute treffen wieder ehemalige Teamkollegen aufeinander. Beim SC Wiedenbrück haben die Spieler Simon Schubert und Vadim Thomas eine Vergangenheit beim FC Gütersloh. Der hat drei Ex-Wiedenbrücker in seinem Aufgebot: Dass Saban Kaptan und Samy Benmbarek im Jahnstadion spielten, ist schon etwas länger her. Marco Pollmann wechselte aber erst in der Winterpause das Trikot.

Auch bei den Co-Trainern gibt es gegenseitige Vergangenheiten: Dirk Flock (SCW) ist ehemaliger Spieler und Trainer des FC Gütersloh. Alexander Schiller (FCG) spielte früher für den SC Wiedenbrück in der Oberliga und noch bis 2018 für den SC Wiedenbrück II.


Tor

Interessant: Beide Teams treten heute mit anderen Keepern an, als im Hinspiel. Damals war Marcel Hölscher (SCW) verletzt und wurde von Maik Rubzov vertreten. Jetzt muss FCG-Kollege Jarno Peters in Folge einer Knieoperation pausieren. Für ihn steht Berkay Yilmaz zwischen den Pfosten, der sich gegen Paderborn einen ärgerlichen Patzer erlaubte. Aufgrund der langjährigen Klasse und Erfahrung Hölschers und seiner Ausstrahlung als Kapitän ist der SCW auf dieser Position deutlich im Vorteil.


Abwehr

Beide Teams verfügen mit Simon Schubert und Tristan Duschke (SCW) sowie Lars Beuckmann und Marcel Lücke (FCG) über exzellente Innenverteidiger. Außen ist der FCG, so wie er zuletzt spielte, mit Eric Yahkem (rechts) und Pascal Widdecke (links) aber deutlich offensivstärker besetzt als Wiedenbrück mit Leon Tia und David Hüsing. Vorteil Gütersloh.


Mittelfeld

Der verletzungsbedingte Ausfall von Oliver Zech (Innenbandriss) wiegt beim SC Wiedenbrück schwer. Der „Sechser“ ist nicht nur als defensives Bollwerk und Distanzschütze herausragend, sondern auch als „Emotional Leader“. Tim Geller mit seiner Kampfkraft und Lukas Demming mit seiner unspektakulären Spielstärke können ihn als Doppelsechs im 4-2-3-1 bedingt ersetzen.

Der im 4-3-3 spielende FCG agierte zuletzt mit zwei vom Typ her eher defensiv orientierten „Achtern“ (Andre Kording, Samy Benmbarek) und Tim Manstein als ballverteilendem „Sechser“ dahinter. Nun fällt ausgerechnet der aus – und zwar auch als gefürchteter Experte für die Standards. Schafft es der FCG trotzdem, den Wiedenbrücker „Zehner“ Aday Ercan (mit sieben Treffern bester Torschütze) in den Griff zu bekommen, neutralisieren sich beide Teams im Mittelfeld.


Angriff

Mit Jacub Przybylko hat der SCW in der Winterpause einen echten „Center“ verpflichtet, doch weder in den Testspielen noch gegen Meinerzhagen ging von ihm bereits besondere Torgefahr aus. Rechtsaußen Viktor Maier (sechs Saisontreffer) ist auf dem Weg zu alter Topform. Wiedenbrücker Trumpfkarten sind die beiden starken Alternativen auf Linksaußen – entweder Phil Beckhoff (fünf Saisontore) oder Xhuljo Tabaku.

Auch beim FCG ist der Linksaußen, Nick Flock, einer der auffälligsten Spieler. Seine Torgefährlichkeit ist noch etwas unterentwickelt (vier Treffer), keimt aber vor allem gegen den SC Wiedenbrück auf: Er erzielte nicht nur den Ausgleich im Hinspiel, sondern auch den 1:0-Siegtreffer im Kreispokalduell im November. Die nominelle Sturmspitze Saban Kaptan agiert häufig als „Falsche 9“, kann hier seine fußballerische Extraklasse aber nicht optimal einsetzen und kommt nur auf drei Saisontore. Auch weil die Alternativen auf der Bank stärker sind, ist der SC Wiedenbrück im Vorteil.


Das sagen die Trainer...

Daniel Brinkmann: „Hoffe auf große Unterstützung“

• „Wir haben sehr positive Resonanz bekommen nach dem letzten Spiel. Und so viel ist Freitagabend auch nicht los, außer vielleicht Karneval und dass Paderborn bei den Bayern spielt. Also erhoffen wir uns eine große Kulisse und starke Unterstützung für uns – denn es ist ein besonderes Spiel.“

• „Dass wir drei Punkte holen wollen, muss ich wohl nicht extra betonen.“

• „Oliver Zech ist nicht so einfach zu ersetzen, auch nicht als Persönlichkeit. Es tut mir besonders leid für ihn, denn er war ihn einer Topform. Aber jetzt ist es, wie es ist. Es bringt weder ihm noch uns etwas, dahinter her zu jammern.“

• „Ansonsten sind alle Spieler einsatzbereit. Es ist aber schon eine Option für mich, selbst mit ins Aufgebot zu gehen. Fit genug bin ich jedenfalls, und allzu viele Optionen haben wir im offensiven Mittelfeld ja nicht.“

• „Der aktuelle Tabellenstand wird der Qualität des FC Gütersloh nicht gerecht. Das ist eine sehr offensivstarke, gefährliche Truppe – allein schon wegen Saban Kaptan und Nick Flock, die beide zu den Besten in der Oberliga gehören.“


Julian Hesse: „Wiedenbrück ist klarer Favorit“

• „Ich hoffe, dass die Gütersloher Fans das Derby zu einem Heimspiel für uns machen.“

• „Wiedenbrück ist klarer Favorit. Neben Meinerzhagen stellt der SCW die mit Abstand stärkste Mannschaft in der Oberliga. Und nicht zufällig stehen sie auch an der Tabellenspitze.“

• „Bei uns fehlen leider einige Leistungsträger. Außer Jarno Peters und Sinan Aygün auch noch Tim Manstein, der sich im Spiel gegen Paderborn eine Oberschenkelverletzung eingehandelt hat. Er ist unser Taktgeber und bildet zusammen mit Sinan das Herzstück unseres Spiels.“

• „Trotzdem werden wir nicht von unserer Spielweise abweichen. Unser Kader ist stark genug, sie auch unabhängig vom Gegner durchzusetzen. Samy Benmbarek hat schon öfter auf der Position sechs gespielt, und Marco Pollmann hat mir nach seiner Einwechslung zuletzt sehr gut gefallen.“

• „Ob ich eine Erklärung dafür habe, dass wir mit acht Unentschieden den Höchstwert in der Oberliga halten? Wir sind zu ineffektiv in den Abschlüssen. Es gab zahlreiche Spiele, in den wir den Sieg verdient gehabt hätten, weil wir uns viele Chancen herausgespielt haben.“


Aufrufe: 020.2.2020, 23:15 Uhr
Wolfgang Temme / FuPaAutor