2024-04-25T14:35:39.956Z

Spielbericht
Foto: Henrik Martinschledde
Foto: Henrik Martinschledde

IM VIDEO: SC Verl feiert 4:0-Derbysieg über Wiedenbrück

Regionalliga West: Verler liefern nach einer bis zum 1:0 durch Kapitän Jannik Schröder ausgeglichenen Partie starke Leistung ab. Hammel, Schallenberg und Brosowski sorgen für höchsten Sieg gegen Wiedenbrück.

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Viel schlimmer hätte die Rückrunde für den SC Wiedenbrück nicht beginnen können. Sechs Tage nach dem so hoffnungsvollem Abschluss der Hinrunde mit dem 3:1-Sieg in Lippstadt kassierte das Team von Trainer Björn Mehnert mit dem 0:4 beim SC Verl die höchste Niederlage in der nun 18 Spiele umfassenden Derbygeschichte beider Klubs. Die dritte Klatsche in dieser Saison – nur das 0:5 in Rödinghausen und das 1:5 in Kaan-Marienborn fielen noch etwas deutlicher aus – machte klar, dass der Aufwärtstrend der letzten drei Wochen nur von scheinbarer Natur war und der SC Wiedenbrück stattdessen tief im Abstiegskampf steckt. Und in der Verfassung von gestern hat die Mannschaft keine Chance, ihn zu bestehen.

SC Verl - SC Wiedenbrück 4:0
Jannik Schröder, nach den Ausfällen von Julian Schmidt und Matthias Haeder schon der dritte Kapitän des SC Verl in dieser Saison, zeigte was von einem Anführer erwartet wird: Er ging voran: Mit dem 1:0 machte er in der Sportclub Arena den bisher höchsten Derbysieg gegen den SC Wiedenbrück möglich. Dieses hochverdiente 4:0 tut den Schwarz-Weißen auch in der Tabelle gut. Mit nun 23 Punkten haben sie sich beruhigend von den Abstiegsplätzen abgesetzt. „Nach dieser schrecklichen Hinrunde wollten wir es besser zumachen. Ich denke, so kann man anfangen“, grinste Schröder.


War das Kreisderby mit der Betonung auf Kampf und Ballverluste im Aufbau lange ausgeglichen verlaufen, sah es nach dem glücklichen Führungstor ganz anders aus. Als Schröder den Ball, der ihm nach der verunglückten Wiedenbrücker Abwehraktion gegen einen Rückzieher von Daniel Hammel vor die Füße gefallen war, versenkt hatte, bekam das Angriffsspiel der Schwarz-Weißen Struktur. Nach einem Freistoß von Marko Stojanovic hatte zunächst Bastian Müller (44.) die Chance für eine Vorentscheidung zu sorgen und nach dem tollen Antritt von Stefan Langemann über links scheiterte Ron Schallenberg am glänzend reagierenden SCW-Keeper Marcel Hölscher (45.).


„Männer, wir müssen sofort attackieren und auf das zweite Tore gehen.“ Rino Capretti verriet die Erfolgsformel, die er seinen Spielern in der Pause mit auf den Weg gegeben hatte. Beim Antritt von Linksaußen Langemann nach einem Steilpass von Schröder hatten die Wiedenbrücker zwar noch Glück (46.), doch nach dem Solo von Nico Hecker über rechts war es passiert: Daniel Hammel hielt in der Mitte den Fuß hin und verschaffte seinen Mitspielern mit dem 2:0 (56.) was vorher noch an Selbstbewusstsein fehlte.


Drei Minuten später war indes Dienstschluss für den Mittelstürmer, der nach einer mehrwöchigen Pause wegen eines Muskelbündelrisses Torjäger Matthias Haeder (Zerrung) ersetzen musste. „Daniel hat seine Sache gut gemacht, viele Bälle gehalten und ja auch schon in der 1. Halbzeit nach dem Tunnel gegen Duschke eine gute Chance gehabt“, lobte Capretti den Angreifer. Ihn aufzustellen, hatte sich für den Verler Coach genauso ausgezahlt, wie Schröder als zusätzlichen Mittelfeldspieler zu bringen.


Mit den Einwechselungen von Patrick Kurzen und Fabian Brosowski erhöhten die nun schnell, sicher und direkt spielenden Hausherren die Schlagzahl. Schallenberg (70.) und Brosowski (78.) stellten das Ergebnis nach Flügelläufen über rechts prompt auf 4:0. „Doch das ging umso mehr in Ordnung, als wir kaum Möglichkeiten für den Gegner zugelassen haben, weil wir heute mit ganz viel Leidenschaft als Mannschaft aufgetreten sind“, freute sich Capretti, als sein Plan, das Derby mit schnellen Vorstößen über Außen zu entscheiden, aufgegangen war.


Das größte Lob bekamen der Verler Trainer und seine Spieler von Raimund Bertels. „Endlich haben die Jungs sich mal für ihren großen Aufwand belohnt. Und was mir besonders imponiert: Es wurde nicht einmal wegen der vielen Ausfälle gejammert.“ Der SCV-Chef gab aber auch zu, persönlich sehr erleichtert zu sein: „Denn nach so einem Derby geht man doch gerne zur Jahreshauptversammlung am Sonntag.“

Wenn überhaupt, dann durfte der SCW 39 Minuten lang von einem 0:0-Punkt in der Sportclub-Arena hoffen. Die mit Andre Mandt für den gelbgesperrten Oliver Zech aber ansonsten unverändert aufgelaufene Elf wurde von den unsicher beginnenden Verlern defensiv kaum gefordert. Sie bekam aber auch selbst keine Struktur ins eigene Offensivspiel. Weil Sturmspitze David Loheider diesmal als Anspielstation überhaupt nichts taugte und der in Lippstadt noch so exzellent attackierende Rechtsaußen Patrick Schikowski trotz großem Einsatz gegen den starken Ex-Wiedenbrücker Marko Stojanovic nicht zum Zuge kam, entstand keine systematische Torgefahr. Es blieb bei zwei Einzelaktionen, von denen nur der knapp am Pfosten vorbeisausende 22-Meter-Schuss von Schikowski in der 21. Minute als Chance zu werten war. Der überraschende 22-Meter-Versuch des Ex-Verlers Daniel Schaal, der als Linksaußen ansonsten völlig ineffektiv agierte, war in der 38. Minute nicht mehr als eine Beschäftigungsübung für SCV-Keeper Robin Brüseke.


Mit dem aus dem Nichts gekommenen 0:1-Rückstand in der 39. Minute wendete sich das Blatt aber. Während die Verler mutiger und besser wurden, ließen die Wiedenbrücker in jeder Beziehung mehr und mehr nach. Das zuvor schon wenig präsente Mittelfeld um Yannick Geisler und Daniel Brinkmann verlor weiter an Zugriff, die von Björn Mehnert vorgenommene Einwechslungen von Zlatko Muhovic, Daniel Latkowski und Marco Pollmann verpufften völlig. Und hinten offenbarten sich krasse individuelle Schwächen: Dreimal hintereinander waren Tim Geller, Tristan Duschke und Latkowski auf der linken Seite nicht in der Lage, Hereingaben zu verhindern – dreimal klingelte es im Kasten von Marcel Hölscher (56., 69. 78.).


„Wir kriegen zu viele Tore und haben auch in der Höhe verdient verloren“, sagte Björn Mehnert. Der tief enttäuschte SCW-Coach gestand aber: „Wir haben viele Baustellen.“ Vor allem mit der Einstellung seiner Spieler ging er hart ins Gericht. „Verl wollte ein Derby bestreiten und ein Derby gewinnen. Uns fehlten die Typen für Abstiegskampf. Es kann nicht sein, dass viele Leute beim SC Wiedenbrück mehr Herzblut in die Sache reinlegen als einige, die auf dem Platz sind.“


Schiedsrichter: Julian Engelmann - Zuschauer: 1.078
Tore: 1:0 Jannik Schröder (40.), 2:0 Daniel Hammel (57.), 3:0 Ron Schallenberg (70.), 4:0 Fabian Brosowski (79.)


„Das war eine deutliche Schmach“

Stimmen und Stimmungen in der Sportclub Arena zum klaren Ausgang des 18. Regionalligaderbys

Bernhard Hartmann (SCW-Geschäftsführer): „Das war eine deutliche Schmach. Das Lippstadt von letzter Woche waren diesmal wir. Und personell gesehen, waren die Verler mehr gebeutelt als wir.“


Daniel Brinkmann (SCW-Spieler): „Wir waren nicht griffig, haben das Derby nicht angenommen und nicht alles in die Waagschale geworfen. Ganz klar: das war hier und heute ein Rückschlag.“


Andreas Golombek (Ex-Trainer SC Verl): „Anfangs war das von beiden Mannschaften eine Katastrophe. Kein Torschuss, nichts. Beiden Mannschaften war deutlich die Angst anzumerken, das Spiel zu verlieren. Mit dem Tor zum 2:0 war bei den Verlern aber die Sicherheit da. Auffällig war für mich die schlechte Körpersprache der Wiedenbrücker, daher geht das Ergebnis auch vollkommen in Ordnung. Besonders freut es mich für Nico Hecker, der zwei Tore sehr gut vorbereitet hat.“


Ali Beckstedde (Ex-Trainer des SC Wiedenbrück): „Ein solches Ergebnis musst du erst einmal wegstecken. Und in dieser entscheidenden Phase vor Weihnachten hätte ich ehrlich gesagt eine derart deutliche Niederlage der Wiedenbrücker nicht erwartet. Mit den Einwechslungen der jungen Spieler haben die Verler aber auch noch einmal richtig zugelegt.“


Rene Hecker (Ex-Profi und Vater des Verler Stürmers Nico Hecker): „In der ersten Halbzeit war es noch ein typisches Derby, doch mit dem 2:0 wurden die Verler klar dominant. Nico hat sich fast zweieinhalb Jahre mit Verletzungen rumgequält, aber jetzt kommt er so langsam wieder auf Touren.“


Siggi Meyer (langjähriger Trainer des TuS Friedrichsdorf): „In der ersten Halbzeit habe ich Vorteile für die Wiedenbrücker gesehen, da waren sie laufstärker als die Verler. Doch in der zweiten Halbzeit war das für mich auf Wiedenbrücker Seite Arbeitsverweigerung. Zudem habe ich den Derbycharakter vermisst, der war in dieser Auseinandersetzung allenfalls in ein, zwei Szenen zu sehen.“

Aufrufe: 016.11.2018, 22:25 Uhr
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