2024-04-25T14:35:39.956Z

Kommentar
– Foto: Henrik Martinschledde

Eine gefährliche Gratwanderung

Fortsetzung der Regionalliga West: Verband und Politik spielen mit dem Feuer. Durch einen juristischen Trick wurde die vierthöchste Spielklasse zur „Profi-Liga“ erklärt und kann den Spielbetrieb weiter aufrecht erhalten. Allerdings gibt es kein Hygienekonzept und keine regelmäßigen Corona-Tests der Spieler.

Nun ist es also amtlich: Die Regionalliga West gilt als Liga mit „professionellen Strukturen“ – und gehört damit auch formell zum Profisport, der vom Lockdown ausgenommen ist. So verrückt es klingen mag, das hat der Westdeutsche Fußballverband (WDFV) mit freundlicher Unterstützung des Landes NRW durchgeboxt. Kurios und grenzwertig zugleich: In der neuen Profiliga „Nummer vier“ wird es keine verpflichtenden Corona-Tests geben. Dafür aber ein fettes Hilfspaket in Höhe von 15 Millionen Euro, das eigentlich nur einer Amateurliga hätte zugute kommen sollen.

Auf dem Papier eine Amateurklasse

Doch dieser Konjunktiv ist hinfällig, wie selbst der WDFV-Vorsitzender, Manfred Schnieders, offen zugibt: „Meines Wissens nach ist dieser Fonds für die Regionalligisten vorgesehen.“ Tatsächlich bestätigte eine NRW-Staatskanzlei-Sprecherin: „Der Sportbetrieb in der Regionalliga West fällt unter die Privilegierung der Wettbewerbe der Profiligen des § 9 Absatz 3 der Coronaschutzverordnung Nordrhein-Westfalen, so dass die Liga ihre Spiele fortsetzen kann. Die Landesregierung hat dazu für die von fehlenden Zuschauereinnahmen betroffenen Viertligisten im Sport ein 15-Millionen-Euro-Notprogramm aufgelegt.“ Übersetzt bedeutet es, dass alle „echten“ Amateur- sowie Breitensportvereine in die Röhre gucken. Paradox: Rein formal auf dem Papier bleibt die vierte Klasse eine Amateurliga. Das wurde den Verantwortlichen auch immer wieder gerne unter die Nase gerieben, wie beispielsweise beim ersten Lockdown im März 2020.

Die Macht der Funktionäre

Dass der Ligabetrieb weitergeht, freut uns von FuPa Ostwestfalen natürlich. Wir kriegen durch unsere Berichterstattung Klicks und generieren Reichweite. Doch wenn wir mal die „FuPa-Brille“ absetzen und den gesunden Menschenverstand einschalten – was bei uns zugegebenermaßen sehr selten passiert, keine Frage – können wir nur die Köpfe schütteln. Klar, in der Regionalliga kicken ganz ordentliche Fußballer, die damit sicherlich bessere Gehälter verdienen als 90 Prozent aller Uni-Absolventen. Und ja, „König Fußball“ regiert überall und gilt als Kulturgut.

Doch ließen sich mit so einer hanebüchen Argumentation auch betroffene Gastronomen, Veranstalter oder Kinos „befrieden“? Vor allem wenn man bedenkt: Es gibt schlicht kein Hygienekonzept mit regelmäßigen Corona-Tests! Überall wird davon gesprochen, dass die Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle steht… Scheinbar nicht beim (Regionalliga-)Fußball. Wieder einmal hat sich gezeigt, wie groß der Einfluss (-und Macht) von gewissen Fußball-Funktionären auf die Politik sein kann.

Aufrufe: 04.11.2020, 10:00 Uhr
Marcel Grabbe / FuPaAutor