2024-04-25T14:35:39.956Z

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Seine Tore werden fehlen: Rene Guder (li.), hier beim Versuch die Mauer seines Ex-Teams (Hasanbegovic, Paetow, Sykora, Empen) zu überwinden. Foto: Dewanger
Seine Tore werden fehlen: Rene Guder (li.), hier beim Versuch die Mauer seines Ex-Teams (Hasanbegovic, Paetow, Sykora, Empen) zu überwinden. Foto: Dewanger

Trotz Guder-Abgang: Weiche Flensburg 08 ist ein Titelfavorit

Konkurrenzkampf auf allen Positionen

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Als Vizemeister des Vorjahres kann man sich beim SC Weiche Flensburg 08 nur schwer dagegen wehren, in der neuen Saison zu den Titelfavoriten gezählt zu werden. Erfolgstrainer Daniel Jurgeleit weiß zwar, dass „die Luft nach oben mit jedem Jahr dünner“ wird, betont aber dennoch: „Wir wollen uns auch in diesem Jahr wieder verbessern.“

In Jurgeleits achtem Amtsjahr wäre der Titelgewinn die einzige Möglichkeit, um zum achten Mal in Folge (!) ein besseres Resultat als in der Vorsaison zu erzielen. Möglich ist das, schließlich hatten die Flensburger im Vorjahr mit dem Manko eines schwachen Starts und mit dem langfristigen Ausfall einiger Leistungsträger (Meyer, Böhnke, Jürgensen, Wirlmann, H. Ostermann) zu kämpfen. Allerdings müssen die Flensburger erstmals auch Verluste im Kader hinnehmen. Der nach seiner Leihe zu Holstein Kiel zurückgekehrte Rene Guder, der an 27 Toren beteiligt war, wird fehlen, ebenso wie der griechische Defensivmann Angelos Argyris, der als Profi in Polen anheuerte, und Kapitän Marc Böhnke, der seine Schuhe an den Nagel hängte. Vor dem Auftakt am Sonnabend gegen den FC St. Pauli II beantworten wir die wichtigsten Fragen über die Lage beim SC Weiche 08.

Wie gut sind die Neuen?

Die Flensburger hielten sich auf dem Transfermarkt zurück. Der Kader verfügt trotz der Abgänge über hohe Regionalliga-Qualität. Das gilt auch, weil mit Torge Paetow vom VfR Aalen ein starker und bereits erprobter Abwehrspieler zurückkehrte. Der 21-Jährige wird keine Anlaufzeit benötigen, er kennt System und Mitspieler. Als klare Verstärkung des Kaders ist auch Stürmer Nico Empen zu sehen, der trotz seiner erst 21 Jahre bereits viele Erfahrungen beim FC St. Pauli sammelte. Zwar wird er Guder im Flensburger Angriff nicht direkt ersetzen können, weil der bulligere Stürmer ein völlig anderer Spielertyp ist. Die Qualität in vorderster Front bleibt aber ähnlich hoch wie zuvor. Den durch den Verlust von Guder entstandenen Mangel an Tempo versucht Weiche, auch mit Junior Ebot-Etchi aufzufangen. Der ebenfalls 21-Jährige vom VfB Lübeck muss allerdings effektiver werden, um Weiches Kader nicht nur zu ergänzen, sondern auch zu verstärken.

Wie läuft der Kampf um die Stammplätze?
Wie üblich gibt es in Jurgeleits Team nur relativ geringe Leistungsunterschiede. In den vergangenen Jahren kamen fast alle Spieler des Kaders zu ihren Spielanteilen. Entsprechend ist auch jetzt auf fast allen Positionen der Konkurrenzkampf im Gange – was auch damit zu tun hat, dass zahlreiche Spieler auf verschiedenen Positionen einsetzbar sind. So bewerben sich Jonas Walter, Patrick Thomsen und der noch nicht gänzlich wiedergenesene Finn Wirlmann um Plätze in der Dreierkette und im Mittelfeld, Ilidio Pastor Santos auf allen Außenpositionen sowie Jannis Pläschke und Kevin Schulz auf nahezu allen Mittelfeld- und Angriffspositionen. Vollständige Fitness vorausgesetzt, dürfen sich neben Torhüter Florian Kirschke vor allem die Routiniers Christian Jürgensen, Nedim Hasanbegovic und Fiete Sykora als gesetzt betrachten – ansonsten tobt ein heißer Kampf um die Plätze, in dem auch bestenfalls zwei oder drei der 22 Akteure nicht sofort für einen Startelfplatz in Betracht kommen. Positiv ist auch, dass durch die Fusion des ETSV mit Flensburg 08 nun ein Oberliga-Unterbau vorhanden ist, aus dem der Kader bei Bedarf mit einigen entwicklungsfähigen Akteuren ergänzt werden kann – und umgekehrt auch Regionalliga-Akteure Spielpraxis sammeln können.

Welche taktischen Varianten gibt es?
Was die Defensivstruktur anbetrifft, steht das Jurgeleit-System. Der erfahrene Trainer setzt auf eine Dreierkette, laufstarke Außen und gewöhnlich zwei disziplinierte zentrale Mittelfeldspieler. In vorderster Front wechselt die Ausrichtung, wo Varianten mit ein, zwei oder drei Stürmern im Repertoire sind. Die Flensburger werden sich auch in diesem Jahr kaum einmal aus ihrer Ordnung locken lassen – taktische Disziplin steht in Jurgeleits Spielweise ganz oben auf der Agenda. Mit der nötigen Geduld bestreiten die Flensburger auch das Offensivspiel. Stärken liegen in der individuellen fußballerischen Qualität, mit der Räume für Chancen erkannt werden, und bei Standardsituationen, für die der SC Weiche 08 weiterhin groß und robust aufgestellt ist.

Wo gibt es noch Probleme?
Noch nicht fündig geworden ist man bislang auf der Suche nach einer Verstärkung für die linke Seite. Hier reißt Böhnkes Abgang eine Lücke, auch weil nicht klar ist, wann Florian Meyer nach einem Jahr Verletzungspause wieder 100 Prozent Leistungsfähigkeit erreicht. Gleiches gilt auch für Finn Wirlmann, der auch schon in der kompletten Rückrunde fehlte, für den es derzeit aber noch genügend Alternativen gibt. Ansonsten sind die Probleme der Flensburger eher außerhalb des sportlichen Bereichs zu suchen.

Wie ist der Verein strukturell aufgestellt?
Trotz der Fusion, die sportlich der richtige Schritt war, noch nicht so, wie man es von einem Verein erwartet, der ernsthaft ans Drittliga-Tor klopft. Das hat nichts mit der Führung des Vereins zu tun, in der Geschäftsführer Harald Uhr die Fäden geschickt in der Hand hält und die Zahl der Sponsoren stetig zu steigern wusste, und Jurgeleit alle sportlichen Strippen mit Erfolg zieht. Problematisch ist zum einen die Zuschauerresonanz und zum anderen die Unterstützung der Stadt: Obwohl der Verein sportlich in große Vorleistung getreten ist und auch zu finanziellem Engagement bereit ist, bietet Flensburg bislang nur ein Stadion auf unterem Regionalliga-Level, was weitere Entwicklung in allen Bereichen blockiert. Erst wenn dieser Hemmschuh beseitigt wird, ist auch die Professionalisierung in anderen Bereichen sinnvoll.

Wo landet Weiche?
Die Flensburger sind Favorit. Allerdings ist der Titelgewinn alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Gelingen wird er nur, wenn nicht wieder mehrere Leistungsträger lange fehlen und die strukturell fehlende Drittliga-Perspektive nicht irgendwann auch die sportliche Entwicklung hemmt. Der SC Weiche 08 landet zwischen Platz 1 und 3.
Aufrufe: 026.7.2017, 15:30 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor