2024-05-10T08:19:16.237Z

Im Nachfassen
Elfmeterkiller: Der Verler Torhüter Michael Joswig macht sich im DFB-Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach ganz lang und hält den Elfmeter von Markus Reiter. Kurz darauf trifft Arne Friedrich vom Punkt und die Sensation ist perfekt. 20 Jahre ist das jetzt her.
Elfmeterkiller: Der Verler Torhüter Michael Joswig macht sich im DFB-Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach ganz lang und hält den Elfmeter von Markus Reiter. Kurz darauf trifft Arne Friedrich vom Punkt und die Sensation ist perfekt. 20 Jahre ist das jetzt her. – Foto: Archiv / Dünhölter

SC Verl „Pokalheld“ Joswig: »So war das 1999 im DFB-Pokal«

Michael Joswig hat vor 20 Jahren beim Sensationssieg im DFB-Pokal des SC Verl gegen Borussia Mönchengladbach den entscheidenden Elfmeter gehalten. Ein Pokalheld erinnert sich. 

Es ist der 31. Juli 1999. Ein hochsommerlich heißer Tag in Verl an jenem Samstag. 120 Minuten lang haben sich die beiden Mannschaften im ausverkauften Stadion an der Poststraße schon duelliert. Noch immer steht es 0:0. Das Elfmeterschießen muss die Entscheidung bringen. Die ersten fünf Schützen auf beiden Seiten treffen vom Punkt. Dann läuft Markus Reiter an. Er schießt – und lautstarker Jubel brandet auf. Torhüter Michal Joswig hat den Ball gehalten. Der Rest ist Geschichte: Arne Friedrich verwandelt den folgenden Elfmeter und der SC Verl hat die Sensation geschafft. Der Regionalligist bezwingt Borussia Mönchengladbach in der 1. Runde des DFB-Pokals mit 6:5 (0:0, 0:0) nach Elfmeterschießen.

»Das war etwas Besonderes«

Fast auf den Tag genau 20 Jahre sind seitdem vergangen. Noch heute schwärmen Fußballfans aus dem Kreis Gütersloh von diesem Fest, das einen festen Platz in der Vereinschronik des SC Verl hat. Gerade jetzt, kurz vor dem kommenden Auftritt des SC Verl in der DFB-Pokal-Hauptrunde – dem sechsten in der Vereinsgeschichte – an diesem Samstag (10. August 2019) gegen Bundesligist FC Augsburg (15.30 Uhr, Sportclub-Arena) kommen die Erinnerungen wieder hoch.

Wie bei Michael Joswig. „Das war schon etwas ganz Besonderes“, sagt der Torwart, der mit seiner entscheidenden Parade zum Pokalhelden avancierte, „je länger das Spiel dauerte, desto öfter dachte ich: Hey, wir spielen gegen Gladbach und wir können gegen die gewinnen.“ Die große Borussia vom Niederrhein, einer der bekanntesten Fußballklubs Deutschlands, war 1999 zwar gerade in die 2. Bundesliga abgestiegen, doch der Kader, der in Verl für den Einzug in die 2. Pokalrunde sorgen sollte, konnte sich dennoch sehen lassen. Die Ex-Nationalspieler Michael Frontzeck und Marcel Witeczek waren dabei, der jetzige Gladbacher Sportchef Max Eberl, im Tor stand Uwe Kamps. Trainer war Rainer Bonhof, seines Zeichens Weltmeister von 1974. Und vorne wartete Torjäger Toni Polster auf die Bälle, um sie traumwandlerisch sicher im Netz zu versenken.


Bestnote im »Kicker«

Wie seinerzeit in Verl. Just 90 Sekunden waren gespielt, als der Österreicher die Kugel mit dem Kopf erwischte – und Keeper Joswig den frühen Rückstand per Glanzparade verhinderte. „Als ich diesen Ball gehalten hatte, wusste ich: Heute passt es, heute habe ich einen guten Tag, so schnell kriege ich keine rein“, sagt der heute 44-Jährige und lacht. Keine Frage: Nicht nur wegen des gehaltenen Elfmeters bekam der Lippstädter vom Fachmagazin „Kicker“ die Note 1,5 und damit die Bestnote des Spiels.

Der Elfmeter. Dieser eine Elfmeter. Klar, dass sich Joswig an diese epische Sekunde noch ganz genau erinnern kann. „Der Ball kam auf meine linke Seite. Ich habe ihn gesehen, aber noch nicht gehabt, wusste aber in diesem Augenblick schon, dass ich ihn bekomme. Das war einfach ein geiles Gefühl“, beschreibt Joswig die spielentscheidende Szene in seinem allerersten Pflichtspiel für den Dorfklub und blickt versonnen auf den Zettel vor ihm, wo die Statistik zum Spiel abgedruckt ist. „Was, 5.000 Zuschauer waren im Stadion?“, fragt er unvermittelt, „das weiß ich gar nicht mehr. So etwas habe ich immer ausgeblendet.“ Und die Siegesfeier nach dem Spiel? „Wir haben in einem Hotel mit der Mannschaft zu Abend gegessen. Und dann haben wir natürlich auch gefeiert und ein bisschen was getrunken“, sagt er. Aber nicht zu viel, schließlich galt es den Körper als Leistungssportler fit zu halten.


Schlaganfall mit 38 Jahren

Das war Michael Joswig damals wichtig. Und das ist es heute noch, vor allem seitdem er vor fast fünfeinhalb Jahren einen Schlaganfall erlitten hat. Das Datum hat sich eingebrannt. „Es war der 19. März 2014“, sagt er, „ich hatte eineinhalb Wochen vorher noch für den FC Gütersloh in der Oberliga gespielt.“ Ohne Vorwarnung, einfach so, kam der Schlaganfall über ihn. Mit 38 Jahren. „Die Ärzte wissen bis heute nicht, wie es dazu kam. Ich habe nie geraucht und kaum getrunken“, sagt Joswig.

Doch der Kämpfer kämpfte auch diesmal. Schon im Sommer 2014 kehrte er zum FC Gütersloh zurück – als Torwarttrainer. „Spielen konnte ich nicht mehr, aber den jungen Torhütern kann ich immer noch eine Menge zeigen.“ Überhaupt hat Joswig körperlich keine Probleme. „Nur im Kopf geht alles langsamer als vorher.“ Der 44-Jährige redet darum beim Torwarttraining auch nicht viel – er macht lieber. Und das seit 2015 beim SV Lippstadt, mit dem er nach drei Spielzeiten in der Oberliga vor einem Jahr in die Regionalliga aufgestiegen ist.


Neue Sensation gegen Augsburg?

Seitdem ist er mindestens einmal im Jahr wieder in Verl – zum Auswärtsspiel. „Der SC Verl ist ein toller Verein. Ich habe mich dort immer wohl gefühlt“, sagt er. Bis heute ist er gerne dort. „Ich mag die Leute. Einige von früher sind immer noch dabei.“ Beispielsweise Zeugwart Johannes König. Und mit SCV-Trainer Rino Capretti hat Michael Joswig gemeinsam bei Preußen Münster und SC Paderborn gespielt.

Das nächste Treffen von Michael Joswig, von Johannes König, Rino Capretti und den anderen ist übrigens schon am 17. August 2019, wenn der SC Verl in der Regionalliga auswärts beim SV Lippstadt spielt. Vorher steht aber noch dieses eine Spiel gegen den FC Augsburg an. Im DFB-Pokal.

Neue Sensation nicht völlig ausgeschlossen.

Aufrufe: 05.8.2019, 18:45 Uhr
Markus Voss / FuPaAutor