2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Heiko van der Velden

Der SC Verl darf vor dem Duell mit Lübeck noch träumen

Teil des Erfolgsgeheimnisses beim SC Verl ist der Trainer

Eine der positiven Überraschungen der bisherigen Drittliga-Saison ist der SC Verl. Der Aufsteiger aus Ostwestfalen ist mit vergleichsweise bescheidenen Rahmenbedingungen bereits nach drei Vierteln der Saison nicht mehr vom Abstieg bedroht und darf sogar insgeheim noch vom Durchmarsch in die 2. Bundesliga träumen. Die Lizenz für die zweithöchste Spielklasse haben die Verler jedenfalls beantragt.

Zugute kam den Westfalen, die sich den Aufstieg in zwei Entscheidungsspielen gegen Lok Leipzig gesichert hatten, einerseits die gute Aufbauarbeit der vergangenen Jahre und andererseits auch die erfolgreiche DFB-Pokal-Saison 2019/20 mit ihren Einnahmen, die es dem Verein in Corona-Zeiten leichter machte, die Differenzen zu etablierten Drittliga-Vereinen zu überbrücken. Siege gegen den FC Augsburg und Holstein Kiel hatten den SCV in der Vorsaison das Achtelfinale erreichen lassen, womit eine siebenstellige Zusatzeinnahme verbucht wurde.

Zusatzausgaben wurden nach dem Aufstieg nötig, weil die heimische, komplett überdachte Sportclub-Arena zwar ein durchaus schmuckes Bild abgibt, hinsichtlich möglicher Drittliga-Ambitionen aber in den Vorjahren keine vorausschauende Planung war: Sie ist mit ihren nur rund 5100 Plätzen erheblich zu klein, um die DFB-Anforderungen für die 3. Liga zu erfüllen und verfügt auch nicht über ausreichendes Flutlicht und Rasenheizung. Aufgrund des Zuschauerausschlusses in Corona-Zeiten durfte das Heimstadion zumindest teilweise genutzt werden. Für einige (Abend-)Spiele musste die Arena des Zweitligisten Paderborn angemietet werden.

Ein Teil des Erfolgsgeheimnisses beim SC Verl ist der Trainer. Der junge Coach Guerino Capretti, der erst in diesem Jahr seinen Fußball-Lehrer-Schein macht, hat in seinen vier Jahren bei den Ostwestfalen ein Team mit einer klaren Philosophie aufgebaut. Die Verler haben den Anspruch, attraktiven Ballbesitzfußball zu spielen, sind aber auch in der Lage aus Umschaltsituationen erfolgreich zu sein. Diese Spielidee behielt die Mannschaft auch nach dem Aufstieg bei – und das obwohl mit den beiden Nachwuchstalenten Jan Schöppner (zum 1. FC Heidenheim) und Ron Schallenberg (war vom SC Paderborn 07) zwei Stammkräfte aus der vergangenen Saison nicht gehalten werden konnten.

Allerdings steht weiterhin eine Achse auf dem Feld, die schon im Vorjahr für die Schwarz-Weißen aktiv war. Angeführt wird sie von Zlatko Janjic, der mit 14 Treffern auch Top-Torschütze des Teams ist. Der inzwischen 34-jährige Deutsch-Bosnier hat viele Jahre in der 2. Bundesliga und der 3. Liga verbracht (ein Jahr auch in der Bundesliga bei Paderborn) und kehrte 2019 in seine ostwestfälische Heimatregion zurück. Neben Janjic, der meist als Mittelstürmer eingesetzt wird, kommen auch seine Sturmkollegen auf den Flügeln gut zur Geltung. Insbesondere Aygün Yildirim machte mit schon 13 Saisontoren in seinem ersten Drittliga-Jahr nachhaltig auf sich aufmerksam. Unter den Akteuren, die schon seit Regionalliga-Zeiten zur Achse der Verler gehören, sind auch Eigengewächs Robin Brüseke im Tor, Kapitän Julian Stöckner in der Innenverteidigung und dessen Nebenmann Daniel Mikic, der in Lübeck aber gesperrt fehlen wird.

Die Neuverpflichtungen im vergangenen Sommer wählten die Verler nicht in erster Linie nach Namen aus – so kamen mit Julian Schwermann (Borussia Dortmund II), Philipp Sander und Barne Pernot (Holstein Kiel II), Lasse Jürgensen (FC Augsburg II) oder Berkan Taz (1. FC Union Berlin) in erster Linie Akteure, die sich zuvor in Profivereinen nicht durchsetzen konnten, um Spielpraxis in der 1. und 2. Bundesliga zu bekommen. Zudem kamen Akteure hinzu, die wie Steffen Lang bei Viktoria Köln oder Kasim Rabihic bei Türkgücü München bei anderen Drittligisten nicht mehr benötigt wurden. Bekanntester Neuzugang war der zuletzt lange vereinslose Ex-Bremer und Ex-Dresdner Justin Eilers, der auch beim VfB ein Probetraining absolviert hatte. Der routinierte Angreifer erzielte bislang aber erst ein Tor. Im Winter legte Verl mit Mael Corboz (Go Ahead Deventer), Sven Köhler (ausgeliehen vom VfL Osnabrück) und Leandro Putaro (Eintracht Braunschweig) noch einmal personell nach.

Dass der SC Verl sich in der 3. Liga behaupten könnte, wurde bereits in den ersten Wochen der Saison deutlich. Nach drei Spielen hatte die Capretti-Elf bereits sieben Punkte auf dem Konto und dabei Zweitliga-Absteiger SV Wehen Wiesbaden Paroli geboten und den amtierenden Meister Bayern München II mit 3:0 besiegt. Anschließend gab es ein wenig Auf und Ab – auch bedingt durch Corona und einige Spielausfälle. Auf die 1:2-Heimniederlage gegen den VfB im Hinspiel folgte aber wieder eine Serie von fünf ungeschlagenen Partien.

Zwar gab es vor Weihnachten noch ein kleines Tief, doch spätestens nachdem der Januar mit sechs Spielen ungeschlagen überstanden worden war und mit dem 4:3 nach 1:3-Rückstand in Unterhaching auch ein moralischer Meilenstein gesetzt worden war, wurde klar, dass die Verler mit einem zweiten Jahr im bundesweiten Fußball planen können. Siege beim FC Bayern II (2:1) und gegen Unterhaching (2:1) hauchten in der Vorwoche sogar den leisen Zweitliga-Träumen noch einmal neues Leben ein. Das 1:1 im Nachholspiel gegen Ingolstadt war dagegen in Unterzahl zwar ein Achtungserfolg, konnte den Rückstand zu den Top 3 nicht verkürzen, der nun weiterhin zehn Punkte beträgt.

Aufrufe: 019.3.2021, 07:58 Uhr
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