2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Nur schwer zu stoppen war Ralf Huber (hier im Duell mit Mario Bjelobrk) in seiner Zeit beim SV Ihrlerstein.
Nur schwer zu stoppen war Ralf Huber (hier im Duell mit Mario Bjelobrk) in seiner Zeit beim SV Ihrlerstein. – Foto: Andreas Feldl

Portrait-Serie (24): Wie eine Hochzeit den Aufstieg verdarb

Ralf Huber (40) schaffte mit Jahn Regensburg den Aufstieg in die Regionalliga, verpasste aber nicht zuletzt wegen seiner ausschweifenden Hochzeitsfeier mit dem Freien TuS Regensburg den Sprung in die Bayernliga

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Das Corona-Virus hat unseren Alltag momentan fest im Griff. Auf unabsehbare Zeit kann kein Fußball gespielt werden, deshalb möchten wir etwas in die Vergangenheit zurückblicken und uns den Typen widmen, die in den letzten Jahrzehnten herausragende Spielerpersönlichkeiten der regionalen Szene waren. Im 24. Teil der Portrait-Serie spricht der ehemalige Regionalligakicker Ralf Huber (40) über spektakuläre Relegationsspiele, die Motivationskünste von Trainerlegende Karsten Wettberg und seine Hochzeit mit Folgen...

Schönstes Erlebnis deiner Laufbahn....
Das war im Jahr 2000 der Aufstieg mit dem SSV Jahn Regensburg in die Regionalliga Süd, die damals die dritthöchste Spielklasse war. Als Bayernliga-Meister mussten wir in die Aufstiegsrelegation, in der wir zunächst den SV Sandhausen besiegt hatten. Im letzten und entscheidenden Spiel mussten wir im mit 12.000 Zuschauern restlos ausverkauften altehrwürdigen Jahnstadion in der Prüfeninger Straße gegen den FSV Frankfurt antreten. Ich war gerade mal 20 Jahre alt, hatte drei Jahre zuvor noch bei meinem Heimatverein SSV Biburg in der damaligen C-Klasse gespielt und durfte jetzt so ein Spiel von Beginn an bestreiten. Mit dem Adrenalin in meinem Blut hätte man wahrscheinlich Tote aufwecken können. Ich weiß noch wie ich kurz vor Ende beim Stand von 3:1 die frenetisch feiernden Zuschauer bei der Laola-Welle beobachtet habe und es mir alle Haare aufgestellt hat. Nach dem Schlusspfiff ist das Stadion förmlich explodiert und die Fans haben den Platz gestürmt – ein Wahnsinnserlebnis


Bester Kicker, mit dem du in einer Mannschaft zusammen gespielt hast....
Da gab es einige Mitspieler, die ich für ihre Eigenschaften bewundert habe. Beeindruckend waren die Abgezocktheit und Ruhe eines Torsten Holm im Strafraum oder die Technik von Youssef Mokhtari. In Sachen Wille und Einsatzbereitschaft hat mir Michi Fersch, der zudem mit seiner tollen Schusstechnik bei Freistößen so manchem Torhüter das Fürchten gelehrt hat, sehr imponiert


Bei welchem Verein hattest du als Aktiver deine schönste Zeit...
Obwohl ich in vielen Vereinen eine tolle Zeit hatte, waren die Jahre beim Freien TuS Regensburg wohl mit die schönsten. Wir waren sportlich erfolgreich, ein eingeschworener Haufen und haben auch abseits des Platzes so einiges zusammen erlebt. Die meisten waren nicht nur Mitspieler, sondern sind echte Freunde geworden. Einige dieser Freundschaften haben die Jahre überdauert und sind bis heute geblieben


Welches fußballerische Vorbild hattest du in deiner Jugendzeit...
Das war keiner der bekannten Stars, sondern ganz klar mein Vater. Er war lange Zeit im Jugendbereich mein Trainer und brachte mir sowohl sportlich als auch menschlich das Wichtigste bei. Bei ihm ging es nicht nur um die fußballerischen Dinge, sondern auch darum, wie man sich auf und außerhalb des Fußballplatzes verhält. Leider ist er relativ früh verstorben und er konnte meine Entwicklung im Herrenbereich nicht mehr mitverfolgen. Das hätte ihm als Fußballverrückten sicher sehr viel Freude bereitet


Was nervt dich am heutigen Fußballgeschäft....
Mir fehlen die Typen im modernen Fußball wie früher ein Stefan Effenberg oder Mario Basler. Die meisten jungen Spieler sind glattgeschliffene Medienprofis. Ein Thomas Müller oder Zlatan Ibrahimovic sind hier erfrischende Ausnahmen. Die hauen ihre Sprüche auch mal unzensiert raus und werden dafür dann zum Teil auf das Heftigste kritisiert. Dadurch trauen sich andere natürlich umso weniger ihre ehrliche Meinung zu sagen.

Hast du irgendetwas in deiner Laufbahn bereut...
Der Wechsel von Jahn Regensburg II zum ASV Cham nach der Sommervorbereitung 2003 war wohl etwas voreilig. Wir hatten eine tolle Truppe mit vielen jungen Spielern und eine super Kameradschaft. Ich habe mich aber mit dem damaligen Trainer Günter Brandl nicht mehr verstanden, denn es gab unterschiedliche Vorstellungen über die Prioritäten im Leben. Zu der Zeit habe ich das Hauptaugenmerk auf mein Studium gelegt und konnte dadurch während des Trainingslagers nur an den Abendeinheiten teilnehmen, ansonsten hätte ich den Großteil meiner Semesterprüfungen verpasst. Das kam bei ihm nicht so gut an und fortan saß ich auf der Bank. Vielleicht hätte sich das aber im Laufe der Saison wieder eingerenkt, der Fußball ist ja sehr schnelllebig


Lieblings-Rückennummer...
Früher als Stürmer die 11, dann als zentraler Mittelfeldspieler und auch jetzt in der AH die 10


Gibt es ein Spiel, das du nie vergessen wirst....
Das Entscheidungsspiel um Platz zwei in der Landesliga Mitte im Jahr 2006 mit dem Freien TuS Regensburg gegen den FSV Erlangen Bruck, ein "Alles-oder-Nichts"-Spiel. Beide Teams waren am Saisonende punktgleich und nur der Sieger qualifizierte sich für die Aufstiegsrelegation zur Bayernliga. Nach 90 Minuten stand es 2:2 und trotz klarer Chancen unsererseits in der Verlängerung sah alles nach Elfmeterschießen aus. Dann erhielt Christoph "Besl" Meyer in der 120. Minute an der Mittellinie den Ball. Er war als rechter Verteidiger nicht unbedingt für das Tore schießen bekannt und zog einfach mal ab. Ich höre mich noch heute "Nein, nicht" schreien – Gott sei Dank hat er nicht auf mich gehört. Der Ball segelte über das halbe Spielfeld und schlug im Kreuzeck ein. Auf diese Art und Weise zu gewinnen, noch dazu in einem solchen Spiel, das waren Emotionen pur


Bester Trainer, den du hattest....
Karsten Wettberg, mit dem ich bei mehreren Vereinen zusammengearbeitet habe. Was der "Wetti" wie kein anderer konnte war die Motivationsansprache vor dem Spiel. Da bist du auf den Platz gegangen und wolltest den Gegner auffressen. Er hat es immer irgendwie geschafft, der Mannschaft das notwendige Selbstvertrauen einzuimpfen und seinen unbändigen Ehrgeiz zu übertragen. Nicht umsonst ist er der erfolgreichste Amateurtrainer in Deutschland


Sinnloseste Regel im Fußball....
Ich verstehe bis heute nicht, warum man eine gelbe Karte bekommt, wenn man sich bei einem Torjubel das Trikot auszieht. Der Fußball lebt von Emotionen und durch solche Überreglementierungen wird ein Teil davon zerstört, das finde ich sehr schade


Größte Enttäuschung deiner Karriere...
Am meisten wurmt mich die verloren gegangene Aufstiegsrelegation in die Bayernliga mit dem Freien TuS Regensburg 2006. Nach einer Saison mit vielen Auf und Abs schafften wir es wie vorher schon erklärt punktgleich mit Erlangen/Bruck auf den zweiten Platz. Anschließend kämpften wir uns erfolgreich durch die Relegation bis zum entscheidenden Spiel gegen den 1. FC Bamberg. Hier mussten wir uns dann leider in einer wahren Hitzeschlacht ganz kurz vor dem Ziel geschlagen geben. Daran war ich vermutlich nicht ganz unschuldig, denn drei Tage zuvor hatte ich meine Hochzeit gefeiert und wie es sich für Fußballer gehört wurde diese auch dementsprechend zelebriert. Sagen wir mal so: Wenn es nur ums Feiern gegangen wäre, dann hätte uns den Aufstieg keiner nehmen können (schmunzelt)


Lieblings-Fußballschuh...
Es kann nur einen geben: Adidas Copa Mundial. Das reine Leder schmiegt sich wie eine zweite Haut an den Fuß. Mit dem habe ich noch nie eine Blase bekommen, was ich von diversen anderen Modellen nicht behaupten kann


Wo hast du auswärts nie gerne gespielt....
Besonders schwer haben wir uns mit dem SV Ihrlerstein zu Bezirks- und Bezirksoberligazeiten meistens bei den Mannschaften im Bayerischen Wald getan. Sie spielten sehr körperlich und waren in der Regel auch immer topfit. Wir hatten hier viele packende Spiele, was auch Spaß gemacht hat. Aber viel zu holen gab es da meistens nicht



Zur Person:

Ralf Huber erlernte ab 1983 das Fußball-Einmaleins beim SSV Biburg, den er in seinem letzten A-Jugendjahr 1997 in Richtung SV Ihrlerstein verließ. Dort feierte er die Bezirksligameisterschaft und lief parallel auch schon bei der ersten Mannschaft in der damaligen Bezirksoberliga auf. 1999 wagte der damals 20-Jährige den Sprung zum SSV Jahn Regensburg, mit dem er als Bayernligameister auf Anhieb den Aufstieg in die Regionalliga Süd schaffte. Dort absolvierte der Angreifer 19 Partien, jedoch nur zwei von Beginn an. Anschließend wechselte Huber für ein Jahr zum 1. SC Feucht in die Bayernliga, kehrte aber nach nur einer Spielzeit zum Jahn zurück - allerdings in die zweite Mannschaft, die damals ebenfalls in der Bayernliga um Punkte und Tore kämpfte. Dort verabschiedete er sich aber wiederum nach nur einem Jahr, nachdem er sich mit Coach Günter Brandl überworfen hatte.

Nach einem halbjährigen Intermezzo beim ASV Cham sowie einer zehnmonatigen krankheitsbedingten Pause folgte er dem Ruf seines ehemaligen Trainers Karsten Wettberg, der mittlerweile beim Freien TuS Regensburg die Geschicke leitete. Hier erlebte Huber sowohl sportlich als auch gesellschaftlich eine sehr schöne Zeit, ehe er 2008 als Spielertrainer zum SV Ihrlerstein zurückkehrte und in dieser Funktion bis 2011 tätig war. Danach blieb er noch zwei Spielzeiten lediglich als Spieler beim SVI und beendete dann seine aktive Karriere. Seit 2015 kickt der mittlerweile wieder in Biburg lebende Huber in der AH des TSV Abensberg, mit der er zuletzt dreimal in Folge die Niederbayerische Meisterschaft feierte und im September 2019 sogar den Bayerischen Vizetitel - einzig der FC Bayern München konnte den Triumphzug der "Babonen" mit ihrem Kapitän Ralf Huber stoppen.

56 Treffer erzielte Ralf Huber von 2007 bis 2013 für den SV Ihrlerstein, bei dem er bis 2011 auch als Spielertrainer fungierte.
56 Treffer erzielte Ralf Huber von 2007 bis 2013 für den SV Ihrlerstein, bei dem er bis 2011 auch als Spielertrainer fungierte. – Foto: Charly Becherer

Aufrufe: 013.4.2020, 14:00 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor