2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Letzte Ehrung als Funktionär im Jahr 2005: Hans-Ludwig Meyer (damals Vizepräsident, re.) und Hans-Hermann Sütel (damals Schatzmeister, li.) zeichnen Peter Ehlers als Ehrenpräsident des SHFV aus.
Letzte Ehrung als Funktionär im Jahr 2005: Hans-Ludwig Meyer (damals Vizepräsident, re.) und Hans-Hermann Sütel (damals Schatzmeister, li.) zeichnen Peter Ehlers als Ehrenpräsident des SHFV aus.

Peter Ehlers - ein Großer verlässt die Fußball-Bühne

SHFV-Präsident im Alter von 84 Jahren verstorben

Persönlichkeiten wie ihn gab es im Fußball-Land Schleswig-Holstein nur wenige. Spieler, Trainer, Verbandsfunktionär – alles auf der höchsten möglichen Ebene in seiner Heimatstadt Kiel. Mit Peter Ehlers, der am Pfingstmontag im Alter von 84 Jahren nach schwerer Krankheit verstarb, verlieren der Schleswig-Holsteinische Fußballverband und Holstein Kiel einen ihrer „Großen“.

Beim SHFV war Ehlers Ehrenpräsident, bei den „Störchen“ wird er vermutlich noch jahrelang der Nachkriegs-Rekordspieler bleiben. Ehlers hinterlässt zwei Söhne, von denen Ralf ebenfalls als Spieler, Nachwuchstrainer und Vorstandsmitglied bei Holstein Funktionen im Fußball inne hatte.

„Wir verlieren eine große Persönlichkeit mit Weitblick und Hintergrundwissen“, sagte SHFV-Präsident Hans-Ludwig Meyer, der bis zuletzt mit seinen Vorvorgänger im Amt Kontakt gehalten hatte. „Viele Jahre lang hat Peter Ehlers auch nach seinem Ausscheiden als Präsident noch rege Anteil an der Arbeit im Verband genommen“, erklärte der heutige Verbandschef. „Für mich war es ein besonderes Erlebnis, ihn 2005 als Ehrenpräsident auszuzeichnen, denn Peter Ehlers war immer ein Vorbild für mich, angefangen schon in seiner Zeit als Fußballer, wo ich immer so sein wollte, wie er als die Nummer 4 bei Holstein.“

Die Holstein-Elf am Bökelberg: Gerd Saborowski (von links), Werner Bähnck, Franz Josef Hönig, Gerd, Koll, Jürgen Rohwedder, Günther Tams, Jürgen Harm, Manfred Podlich, Klaus Hinrich Jess, Franz Möck, Peter Ehlers.imago/Otto
Die Holstein-Elf am Bökelberg: Gerd Saborowski (von links), Werner Bähnck, Franz Josef Hönig, Gerd, Koll, Jürgen Rohwedder, Günther Tams, Jürgen Harm, Manfred Podlich, Klaus Hinrich Jess, Franz Möck, Peter Ehlers.imago/Otto
Auch der Verein erinnerte an den Protagonisten früherer Glanztage. „Sein Name ist fest mit Holstein Kiel verbunden“, sagte der neue Präsident Steffen Schneekloth. Mit ihm verlieren wir eine herausragende Persönlichkeit und einen der Fußball-Helden der letzten Jahrzehnte.“Dass der am 22. Januar 1933 in Kiel geborene Hans-Peter Ehlers (auf den „Hans“ legte er selbst nie Wert) im Fußball Karriere machen würde, war nicht von Beginn an abzusehen. Bei Union-Teutonia Kiel machte er als Kind während des Krieges ab 1942 erste sportliche Erfahrungen, wechselte 1946 in die Schülermannschaft des VfB Kiel. Es war nicht in erster Linie das überragende Talent, sondern eher auch Leidenschaft und Fleiß, mit denen er in den Blickpunkt der „großen“ KSV Holstein geriet.

1953 wechselte Ehlers als 20-Jähriger zu den „Störchen“, die in jenem Jahr in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft gespielt hatten und somit zu den acht besten Teams der noch jungen Bundesrepublik zählten. Doch Ehlers etablierte sich schnell. Nach seinem Debüt, das er am 5. August 1953 bei einem 10:0-Freunschaftsspielsieg gegen Kilia Kiel mit drei Treffern feierte, spielte er sich schnell in die Stammelf. Schon von September an war er fester und fortan für 13 Jahre unverzichtbarer Bestandteil der Holstein-Elf, zunächst als Halbstürmer, später vor allem als Außenläufer, am Ende als Libero. 1957 feierte er schon als Leistungsträger die Vizemeisterschaft in der damals erstklassigen Oberliga, verpasste allerdings in einem dramatischen Qualifikationsspiel gegen Kickers Offenbach in Düsseldorf in der Verlängerung (2:3) die Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft.

Höhepunkte dieser Jahre waren stets die Duelle gegen den Abonnementmeister Hamburger SV, die für Ehlers ebenso erinnerungswürdig blieben wie die Kameradschaft, die unter den Spielern herrschte, die damals oft für viele Jahre für den Verein spielten.

Nach Gründung der Bundesliga, die Holstein knapp verpasst hatte, versuchten die Kieler das Ziel um den inzwischen längst zum Kapitän aufgestiegenen Ehlers in der nun Regionalliga genannten zweithöchsten Klasse zu erreichen. Doch die Aufstiegsrunde 1965, die ein Höhepunkt für den nunmehr 32-Jährigen hätte werden können, wurde eher zu einem Trauma.

Zeit seines Lebens empfand der ruhige und besonnene Ehlers großen Ärger über die Ungerechtigkeit, die ihm und der Mannschaft an jenem regnerischen Sommernachmittag am Gladbacher Bökelberg erfuhr, als Holstein gegen die Borussia um Netzer, Heynckes & Co. ein 0:0 hielt, ehe Schiedsrichter Günter Sparing aus Kassel zur Hauptfigur wurde. Er schickte Ehlers für ein harmloses Foul im Mittelfeld vom Platz – eine damals seltene und nicht nur deshalb völlig überzogene Strafe. Aus dem folgenden Freistoß fiel das 1:0. Holstein hatte einen wichtigen Punkt verloren, einen entscheidenden für die Moral – und vor allem auch seinen Kapitän Ehlers für die verbleibenden Spiele. Videobilder oder Schnellgerichtsverhandlungen, die die Sperre hätten verkürzen können, gab es schließlich auch noch nicht.

Ein Jahr später beendete Peter Ehlers als 33-Jähriger seine aktive Laufbahn. Für Holstein hatte er in 368 Punktspielen (283 in der Oberliga, 83 in der Regionalliga und 2 in der Aufstiegsrunde) auf dem Feld gestanden, was ihn bis heute zum Nachkriegsrekordspieler macht. Der Übergang war fließend. Schon in der folgenden Saison betreute Ehlers die SV Friedrichsort als Trainer in der höchsten Klasse des Landes, ehe er als Chefcoach 1968 zu Holstein zurückkehrte. Vier Jahre lang trug er die Verantwortung, verpasste zwei Mal die Bundesliga-Aufstiegsrunde nur knapp.

1975 startete der Ministerialbeamte seine Karriere als Funktionär, zunächst als Vorstandsmitglied bei Holstein Kiel. Zwei Jahre später rief der Verband. Insgesamt 22 Jahre lang gehörte Peter Ehlers dem Vorstand des SHFV an, zunächst als Hospitant, dann als Beisitzer, und jeweils neun Jahre lang als 2. Vorsitzender (1981 bis 1990) und 1. Vorsitzender (1990 bis 1999). Regelmäßig betonte er nicht nur die Freude an diesen Ämtern, sondern auch, dass er in den Aufgaben als Funktionär mit seiner sozialen Verantwortung die größere Bedeutung als in seiner erfolgreichen Zeit als Spieler sah. Der Sportfunktionären oftmals eigene Drang in den Mittelpunkt war Ehlers dabei eher fremd. Ganz der Beamte, stellte er vielmehr die praktische Arbeit in den Vordergrund.

Fast egal, um welches Thema der Verbandsarbeit oder des Fußballs im Allgemeinen es ging, stets fand man Peter Ehlers als gut vorbereiteten, mit viel Detailkenntnis ausgestatteten Gesprächspartner, der auch in Konflikten immer alle Seiten betrachtete und genauestens abwog, ehe er seine Meinung präzise formulierte. Auch in den Jahren nach seinem Ausscheiden aus dem Amt behielt er diesen Scharfblick, war regelmäßig auf der Geschäftsstelle und bei Vorstandssitzungen des Verbands präsent und analysierte aus dem Hintergrund kritisch und präzise.

Dem Verband geht mit dem Tod seines Ehrenpräsidenten ein wohlwollend-kritischer Begleiter verloren, der in seiner Art auch und gerade in der heutigen Fußball-Welt mit Weitsicht und mahnender Stimme eine wichtige Rolle hätte spielen können.
Aufrufe: 014.6.2017, 12:00 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor