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OSC wieder in der Zweiten Liga Nord

Legenden unserer Leidenschaft: Bremerhaven Teil 5 +++ Hertha kam mit Taxis zum Spiel +++ Coordes wechselt sich selbst ein und der Schiri war ein Zauberkünstler

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Wir haben für euch im Archiv gekramt und so einige interessante Artikel gefunden. Folgt uns in eine Zeit ohne bunte Schuhe, Rabona-Flanke und Physiotapes am ganzen Körper. In den nächsten Wochen lest ihr Zeilen über eure Trainer, Väter und den nörgelnden Fan, der früher alles besser konnte. In diesem Artikel aus dem Jahre 1979 lest ihr vom Wiederaufstieg des OSC Bremerhaven in die Zweite Liga Nord. Gegen Hertha 03 Zehlendorf Berlin schaffte die Mannschaft von Spielertrainer Egon Coordes kurz vor Spielende das erlösende 1:0. 5000 Zuschauer waren dabei und erlebten eine Zitterpartie.

Vom 11. Juni 1979
Bremerhaven. Geschafft! Nach einjähriger Abwesenheit darf sich der OSC Bremerhaven wieder dem bezahlten Fußball-Lager zurechnen. Ein Tor von Rolli Kaemmer in der 85. Minute bedeutete den Wiederaufstieg. 5000 Zuschauer stärkten in einer gnadenlosen und von Schiedsrichter Risse (Hattingen) noch mehr durcheinander gebrachten Partie dem Wiederaufsteiger den Rücken. Vorgeschmack auf künftig bessere Zeiten beim OSC? Dem Seestadt-Verein wäre es wirklich zu wünschen. Nach einer solch durcheinandergeschüttelten Saison noch einmal die Moral und Kraft aufzubringen, einen spielerisch geschickteren Gegner niederzuwalzen, dafür gebührt der Mannschaft um Kapitän Uwe Dreyer großes Lob.

Nicht eine Sekunde wurde aufgesteckt, minutenlang ließ man Hertha Zehlendorf nicht aus ihrem Strafraum herauskommen. Dauerbelagerung war das Stichwort, das der scheidende Trainer Egon Coordes seinen Mannen nach einer wenig berauschenden ersten Halbzeit „geflüstert“ hatte. Sie setzte es um,versiebte die besten Möglichkeiten und siegte schließlich durch ein Tor, das eigentlich eine Flanke werden sollte. So ist Fußball!

Beide Mannschaften wußten um die Bedeutung des Spiels, beide hatten mit ihren Nerven zu kämpfen. Die Berliner besonders, wie deren Trainer Wolfgang John nach Spielschluß offenbarte. Der Aberglaube schien sie vor Beginn zu lähmen. Folgendes nämlich trug sich zu: Als die gleiche Berliner Elf vor Jahresfrist um die deutsche Juniorenmeisterschaft spielte, kam der Bus zu spät zum Hotel. Diesmal war es genauso. Mit Taxis fuhr Hertha-Zehlendorf schließlich zum Nordsee-Stadion. Ein schlechtes Omen? Die Mannschaft hielt es dafür, und schließlich gab der späte, aber verdiente l:0-Erfolg des OSC den Berliner Zeichendeutern recht. Der Zwang des Gewinnenmüssens lähmte zunächst die Aktionen des OSC ein wenig.


Bezeichnenderweise waren es aber die jungen Spieler Waller, Rolff und Beermann, die unbekümmert drauflos spielten und ihre Mannschaftskameraden mitrissen. Rolff beschattete den beweglichen Berliner Mittelstürmer Andreas John mit unerbittlicher Härte, Waller engte dieKreise von Spielmacher Herth ein, und Beermann störte Gröger stets schon im Ansatz. Da Rieder und Wimmer bei Dreyer und Steinlein in besten Händen waren, Lehmann sich seinem Schatten Hormes nur selten entziehen konnte, war eigentlich erreicht, was Trainer Egon Coordes wollte, die technisch versierten Berliner bloß nicht ins Spiel kommen zu lassen. Allerdings geschah diese Zerstörung der Berliner Angriffszüge nach Ansicht des Trainers in der ersten Spielhälfte noch zu lasch, so daß in der Kabine doch deutlichere Töne angeschlagen wurden. Einem halben Dutzend bester Möglichkeiten des OSC standen vor dem Seitenwechsel nur zwei nennenswerte Berliner Chancen gegenüber. Diese beiden Gelegenheiten aber hatten es in sich: Rieder knallte in der 12. Minute unbedrängt in die Wolken, Herth zog in der 27. Minute aus 14 Meter völlig frei ab, doch sein Schuß wurde noch zur einzigen Ecke der Berliner in der ersten Hälfte abgelenkt. Außer diesen beiden Schrecksekunden konnte sich Torhüter Busch nahezu unbehelligt sonnen, während sein Gegenüber Steinert Schwerstarbeit zu verrichten hatte. Der Mann, der am Donnerstag in Berlin drei der vier OSC-Tore beim 4:5 auf dem Gewissen hatte, zeigte sich in der Seestadt von seiner stärksten Seite. Faustend, hechtend, fangend war er dem OSC immer imWeg.

War die erste Halbzeit noch halbwegsfriedlich verlaufen, so sorgte Schiedsrichter Risse im zweiten Abschnitt dafür, daß die Hektik ausufern konnte. Wie ein Zauberkünstler fischte er die gelben Karten aus dem Jackett, mischte sogar zwei rote ins Spiel, pfiff zunächst 60 Minuten lang konsequent gegen den OSC, um dann oft unter dem Gelächter der Zuschauer, die ihn zuvor mit „Schieber“ bedacht hatten, mehr auf Heimschiedsrichter zu machen. Insgesamt eine traurige Vorstellung, die der Mann aus Hattingen gab. Der Rüffel von Hertha-Trainer Wolf gang John, „Schiedsrichter sollten öfter mal weghören und wegsehen, anstatt Hektik noch zu schüren“, war berechtigt.

Beste Möglichkeiten von Amiq, Dreyer und Schnaars, dessen 20-m-Schuß Steinert nur mit Mühe zur Ecke lenken konnte, i-gnalisierten die Drangperioden des OSC. Außer Befreiungsschlägen glückte den Berlinern für eine gute halbe Stunde nicht mehr viel.Angetrieben vom begeistert mitgehenden Publikum arbeitete der OSC Chancen am Fließband heraus, doch ein Tor schien nicht fallen zu wollen. Es fiel schließlich erst, als beide Mannschaften ihre Trainer im Mittelsturm stehen hatten und beide Teams durch die Platzverweise von Marsollek und Pohle auf zehn Mann reduziert waren. Die beiden hatten sich, kurz nachdem sie bei einer Rangelei noch einmal straffrei ausgegangen waren, erneut in dieWolle gekriegt. Ob man dafür aber gleich die rote Karte zücken mußte, bleibt dahingestellt. Die Platzverweise für diese beiden Sünder dokumentierten die Nervenanspannung, der beide Teams zunehmend wieder unterlagen.

Dem OSC lief die Zeit weg, die Berliner Abwehr schwamm hoffnungslos, sah sich einem unentwegt drängenden OSC gegenüber und drehte durch. Zweimal rettete Yayla in der 67. per Kopfball auf der Zehlendorfer Torlinie, völlig frei verfehlte Sekunden darauf Marsollek das Hertha-Gehäuse nur knapp. Die Einwechslung des langen Stürmers, der allerdings nur 14 Minuten auf dem Feld war, schien sich bezahlt zu machen. Seine Kopfballstärke schockte die Zehlendorfer zusehends und machte deren Abwehr brüchiger. Doch noch hielt die „Berliner Mauer“auch über die Platzverweise hinaus.

Dann endlich die 85. Minute: Der nun verstärkt mit nach vorne gehende Libero Rolli Kaemmer will aus etwa 35 Meter Torentfernung flanken. Der Ball trudelt in den Torraum und zum Entsetzen des viel zu spät reagierenden Torhüters Steinert ins lange Eck. Kaemmer krönte damit seine Leistung als bester OSC-Spieler. Ohne seine genauen Pässe wäre nicht die Hälfte der OSC-Torchancen herausgearbeitet worden. Zwei Minuten später hatte die Kulisse erneut den Torschrei auf den Lippen. „Bel-la“ Amiq brachte es jedoch fertig, aus drei Metern über das Tor zu schaufeln. Auch Schnaars ließ noch eine gute Möglichkeit aus. Gefahr für den OSC nur noch bei der zweiten Hertha-Ecke in der Nachspielzeit, doch die wurde in der 92. Minute vor Torhüter Busch bereinigt. Der OSC Bremerhaven hatte den Wiederaufstieg und damit das gesteckte Saisonziel nach einer Spielzeit voller Ungereimtheiten erreicht!

So traten sie an

OSC Bremerhaven: Busch - Rolff, Waller, Kaemmer, Steinlein - Hormes (ab 80.Coordes), Schnaars, Dreyer – Beermann, Zander (ab 63. Marsollek), Amiq.

Hertha 03 Zehlendorf: Steinert – Rider, Loder (ab 43. Yayla), Pohle, Jüttner - Lehmann, Herth, Gröger - Wimmer, AndreasJohn (ab 76. Wolfgang John), Brauer. Tore:1:0 (85.) Kaemmer.

Schiedsrichter: Risse (Hattingen) war der Partie nicht gewachsen.

Gelbe Karten: Coordes, Kaemmer,Amiq, Wimmer, Jüttner, Brauer.

Zeitstrafe: Jüttner.

Rote Karten: Marsollek, Pohle.

Aufrufe: 014.11.2020, 10:35 Uhr
FuPa BremerhavenAutor