2024-05-10T08:19:16.237Z

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Wenn es sein muß, kassiert Bernd Günther auch selbst beim Heimspiel
Wenn es sein muß, kassiert Bernd Günther auch selbst beim Heimspiel – Foto: FuPa Lüneburg

Bernd Günther: „Das ist ein Anschlag auf meine Brieftasche“

Der Mäzen des OSC im Interview

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Bernd Günther redet Klartext. Im Gespräch mit FuPa äußert sich der Mäzen des OSC Bremerhaven über die Trainersuche, schwierige Charaktere, den Bremer Fußballverband und über das bestimmende Thema Corona.

Im Jahr 1989 übernahm der gebürtige Bremerhavener Bernd Günther bei seinem einstigen Heimatclub VfB Lehe (später FC Bremerhaven) den Vorsitz. Zuvor engagierte er sich viele Jahre als Jugendleiter und Sponsor bei seinem Verein, dem er seit 1957 angehört. Zweimal schaffte der FCB es bis in die Regionalliga. 2015 zog sich Günther zurück.

Im Frühjahr 2019 kehrte Günther auf die Bremerhavener Fußballbühne zurück und stieg als Sponsor beim OSC Bremerhaven ein. „Der OSC hat die beste Struktur, gute Leute, eine Geschäftsstelle und viel Potenzial. Hier kann ich dem Bremerhavener Fußball am besten helfen“, lässt er wissen. Immer mit Regenschirm „bewaffnet“, reist er bis zu achtmal im Jahr aus Hamburg an und verfolgt die Spiele des OSC. „Ich arbeite immer noch acht bis zehn Stunden am Tag, danach habe ich Zeit für den Sport“, so der 79-Jährige, der sich an Spieltagen morgens mit der Deutschen Bahn auf den Weg in seine Heimatstadt macht. Dass er wieder in den Bremer Amateurfußball zurückkehrte, liegt auch am Bremerhavener Oberbürgermeister Melf Grantz. Beim Sommerfest 2018 der BLG hatte dieser ihn gebeten, sich doch wieder im Bremerhavener Fußball zu engagieren. Vorher schon kontaktierte sein ehemaliger Spieler Björn Böning ihn, um ihn vom Einstieg beim OSC Bremerhaven zu überzeugen. Der FC Bremerhaven wurde dann Mitglied im OSC Bremerhaven.

Der Abstieg aus der Bremen-Liga 2019 ließ sich nicht mehr verhindern. Trotzdem hat der OSC große Pläne und möchte mittelfristig Bremerhavens erste Adresse im Fußball werden und in die Regionalliga aufsteigen. „Mittelfristig heißt im Finanzwesen drei bis fünf Jahre“, so Günther, der durchaus auch an die Zukunft denkt. In den letzten Wochen musste er sich mehr um den Verein kümmern, als ihm lieb ist. „Ich werde das ja nicht ewig begleiten können und daher versuchen wir jetzt den OSC fit für die Zukunft zu machen. Momentan ist der OSC ein Zeiträuber, ich muss auch noch meinen Aufgaben in der Wirtschaft gerecht werden“, beschreibt Günther die aufregenden letzten Wochen mit Trainerrücktritt, Suspendierung von Justin Sauermilch und das große Thema um den Nichtantritt beim KSV Vatan Sport im Risikogebiet Bremen zum Punktspiel in der Bremen-Liga.

Schwache Vorbereitung

Beim Ligaspiel am vergangenen Wochenende gegen den Blumenthaler SV coachte der Sportliche Leiter Björn Böning die Mannschaft. Zuvor war Sahin von seinem Amt zurückgetreten. „Wir hätten ohne Yusuf Sahin den Aufstieg nicht geschafft. Dafür sind wir ihm hier alle sehr dankbar. Björn Böning, Hajo Böhm und ich haben vor der Saison dafür gesorgt, dass er die Mannschaft mit seinen Wunschspielern verstärken konnte. Leider hat das Team aus verschiedenen Gründen seine Stärke noch nicht ausgespielt.“

Dass es an der zu hohen Erwartungshaltung beim OSC lag, glaubt Günther indes nicht: „Man muss sich Ziele setzen. Wir sind damals mit dem FC Bremerhaven innerhalb von drei Jahren in die Bremen-Liga aufgestiegen, dort haben wir ein Jahr pausiert und stiegen dann in die dritte Liga auf. Das hätten wir nicht geschafft, wenn wir uns keine Ziele gesetzt hätten“ ist Günther überzeugt.

„Wenn man als Traditionsverein in die Bremen-Liga aufsteigt, mit starken Sponsoren im Rücken, dann sollte man mittelfristig auch das Ziel Regionalliga ausgeben. Das braucht natürlich etwas Zeit“, so der OSC-Förderer weiter: „Wir haben beim OSC nie gesagt, dass wir im ersten Jahr Meister werden, ein Ziel war es oben mitzuspielen und das hätten wir mit dieser Mannschaft erreichen können.“

Ein Grund für den schwachen Saisonstart hat der Mäzen schon ausgemacht: „Unsere Vorbereitung auf diese Saison war allerdings zu schwach. Das bestätigten mir auch meine langjährigen Weggefährten Marco Grote (heute Zweitligatrainer beim VfL Osnabrück) und Felix Magath, mit denen ich im Austausch bin, und die den Vorbereitungsplan kannten. Es kann nicht sein, dass Spieler in der Vorbereitung in den Urlaub fahren. Hier werden die Fitnessgrundlagen für die ganze Saison gelegt“, sagt Günther.

Er sei Yusuf Sahin sehr dankbar, dass er damals übernommen und somit ihm und dem OSC geholfen habe, erklärt der Hamburger Geschäftsmann. „Es musste eine neue Ordnung rein und wir arbeiten konsequent daran den Ruf des OSC weiter aufzuarbeiten. Sicher sind wir durch die jüngsten Ereignisse und durch meine Person mehr in der Diskussion als andere Vereine, aber ich bin auch nicht unglücklich darüber, dass nun einiges aufgebrochen ist“, zeigt sich Günther vom eingeschlagenen Weg überzeugt: „Wir hatten auch mit Verletzungen innerhalb der Mannschaft zu kämpfen und mit Leistungsschwankungen bei den Spielern. Noch ist die Mannschaft nicht zusammengewachsen.“ Björn Böning bringe jetzt den Zusammenhalt und die Kondition ins Team, aber er sei eben zudem noch zweiter Vorsitzender und Sportlicher Leiter. „Da kann er nicht lange zusätzlich die Mannschaft trainieren“, sagt Günther.

Trainer fordert 5000 Euro

Erste Gespräche mit Kandidaten für den Trainerposten liefen bereits. Darunter auch ein ehemaliger Profi, der unter Felix Magath in der Bundesliga gespielt hat. „Aus Diskretionsgründen nenne ich keine Namen, aber der Trainer wollte 5000 Euro haben. Das ist in etwa eine 0 zu viel für die Bremen-Liga. In Abstimmung mit Björn Böning suchen wir nun weiter nach einen engagierten Trainer. Ich verhandle momentan mit drei Kandidaten. Björn Böning, Hajo Böhm und ich haben da die gleichen Vorstellungen. Es gibt einen Favoriten, aber man gackert erst, wenn das Ei gelegt ist.“

Sauermilch zurück im Kader

Noch vor zwei Jahren hatte der OSC versucht, mit Spielern, die eigens aus Osteuropa verpflichtet wurden, das Team zu verstärken. Das Wagnis ging komplett schief und soll sich so auch nicht wiederholen. „Ich bin der Meinung, dass wir in Bremerhaven und der Region genug gute Fußballer haben“, so Bernd Günther. Das dürfte auch ein Grund sein, warum Justin Sauermilch wieder im Kader der Bremen-Liga Mannschaft steht - Günther hatte sich für seine Rückkehr eingesetzt.

Nach heftiger Kritik an Mannschaft, Trainer und Verein war Sauermilch nach dem Spiel gegen den Bremer SV suspendiert worden. Sowohl Björn Böning als auch Bernd Günther halten dennoch große Stücke auf den 20-jährigen Defensivspieler. „Justin hat sich beim Verein und der Mannschaft entschuldigt und seine Lehren aus dem Interview gezogen. Zudem wird er 200 Euro in die Mannschaftskasse zahlen. Er kann einer der wichtigen Bausteine für die Zukunft sein. Er hätte seine Kritik bei mir oder Björn Böning äußern können, aber nicht in einem solchen Interview. Die Sache ist nun aus der Welt und wir haben uns über eine Zusammenarbeit über diese Saison hinaus geeinigt“, erklärt Günther.

„Das wird nicht mehr vorkommen“, versichert auch Sauermilch, der eigens zur Aussprache zu Bernd Günther nach Hamburg gereist war.

Mit schwierigen Spielern kennt sich Günther aus und ist sich sicher, dass der Verein auch Erziehungsarbeit leisten muss. Über 50 Jahre begleitet er den Herrenfußball und hatte viele verschiedene Charaktere kennengelernt. „Christian Brand habe ich damals gezähmt und er ist bei Werder Bremen Profi geworden und auch Danny Radke macht sich bei uns ganz hervorragend. Wer sich am Riemen reißt, kann bleiben, wer nur Ärger macht, muss gehen.“

– Foto: FuPa Lüneburg

Ein Anschlag auf meine Brieftasche“

Zum Corona-Thema und dem daraus resultierenden Nichtantritt der OSC-Mannschaften Beim KSV Vatan Sport hat der 79-Jährige eine klare Meinung. „Björn Fecker (Präsident des Bremer Fußballverbandes) ist in meinen Augen in diesem Fall ein ‚falscher Fuffziger‘. Im Fernsehen bei ‚Buten un Binnen‘ erklärt er, dass er den Vereinen helfen will, aber das Gegenteil ist der Fall: Er straft sie ab“, ärgert sich Günther. Der OSC habe zwei Strafen über je 350 Euro aufgebrummt bekommen wegen Nichtantretens. „Aber wer die Corona-Risiken nicht ernst nimmt, der schädigt die Gesundheit der Menschen. Das ist unverantwortlich“, erklärt Günther. „Der Verband nimmt die Gesundheitssorgen seiner Mitglieder nicht ernst. Das sind Politiker, die nach außen etwas charmant erklären, nach innen aber nicht Wort halten, sondern im Verband die Vereine diktatorisch misshandeln“, regt dich der gebürtige Bremerhavener auf. Es könne nicht sein, dass die ihre Spesenabrechnung eventuell aus solchen Gebühren finanzieren. „Ich muss das letztlich zahlen, denn der Verein hat gar nicht das Geld. Das ist ein Anschlag auf meine Brieftasche“, beklagt sich der Sponsor.

Mit Abteilungsleiter Hajo Böhm stand Günther in der letzten Woche im ständigen Kontakt. „Er hat am Freitag vor dem Spiel bei Vatan Sport die Absetzung des Spiels eingereicht und bat gleichzeitig um schriftlichen Bescheid. Die haben gar nicht reagiert“, ärgert sich Günther. Hajo Böhm ist mittlerweile aus Protest vom Vorsitz des Kreissportgerichts Bremerhaven zurückgetreten.

Der Verband spielt mit der Gesundheit der Sportler

„Das Spiel muss neu angesetzt werden, ansonsten werde ich privat als Sponsor klagen und alle juristischen Maßnahmen gegen den Bremer Fußballverband und dessen Verantwortliche in Erwägung ziehen. Der Verband wäre gut beraten, ein einigendes Gespräch mit uns zu führen. Die Gesundheit geht vor den sportlichen Erfolg und der Verband spielt mit der Gesundheit der Sportler“, ist Günther weiterhin von der Richtigkeit des Nichtantritts der OSC-Mannschaft im Bremer Stadtgebiet überzeugt.

OSC lässt alle Spieler testen

Auch das Spiel gegen den Blumenthaler SV sollte nach Willen der OSC-Verantwortlichen zunächst nicht stattfinden. Da Bremen als Risikogebiet eingestuft ist, wollte der OSC das Spiel absetzen. Kurz darauf teilte der Verein mit, dass Menschen aus dem Risikogebiet nur mit einem Nachweis über einen negativen Corona-Test ins Stadion gelassen werden. Daraufhin änderte der Verband seine Satzung und verfügte, dass die Spiele notfalls auf einem neutralen Platz ausgetragen werden müssen. Der OSC reagierte und organisierte für alle Spieler einen Corona-Test vor dem Spiel.

Zum Abschluss findet Bernd Günther noch lobende Worte. Stand er in früheren Jahren hin und wieder mit den Unparteiischen auf Kriegsfuß, so stellt er nun fest, dass die Schiedsrichter „ganz ausgezeichnete Arbeit machen“. „Alle Spiele, die ich im letzten Jahr gesehen habe, wurden sehr gut geleitet. Das muss man anerkennen. Und wir müssen auch die Gesundheit der Schiedsrichter erhalten.“ Diese wurden vor dem Spiel gegen den Blumenthaler SV ebenfalls getestet. Auf Kosten des OSC Bremerhaven.

– Foto: FuPa Lüneburg

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Aufrufe: 019.10.2020, 18:10 Uhr
FuPa BremerhavenAutor