2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinsnachrichten
Präsident Carsten Liebig (Mitte) erklärt auf der Pressekonferentz mit Investor Thorsten Schüll (2. von links) die Lage. Dessen sportlicher Leiter Thomas Metzner (links) und die NFV-Vorstandsmitglieder Uwe Vüllings (2. von rechts) und Fred Wonneberger hören gespannt zu. Foto: Florian Richter
Präsident Carsten Liebig (Mitte) erklärt auf der Pressekonferentz mit Investor Thorsten Schüll (2. von links) die Lage. Dessen sportlicher Leiter Thomas Metzner (links) und die NFV-Vorstandsmitglieder Uwe Vüllings (2. von rechts) und Fred Wonneberger hören gespannt zu. Foto: Florian Richter

Neue Hoffnung beim Görlitzer Fußballverein

Der Vorstand präsentiert einen Investor für den Nachwuchsbereich. Dessen Projekt ist neu und sehr ehrgeizig.

Die Erleichterung, die akute Krise bei seinem Fußballverein endlich überwunden zu haben, war Carsten Liebig, dem Präsidenten des NFV Gelb-Weiß Görlitz am Mittwochabend in der Vereinsklause auf der „Jungen Welt“ deutlich anzusehen. Neben ihm sitzen zwei Männer, mit denen der Verein ab sofort eng zusammenarbeiten will.
Das ist Thorsten Schüll, der nach eigenen Angaben sein Geld als Devisen- und Ölhändler an der Börse verdient, der aus Rheinland-Pfalz kommt und seine Liebe zum Fußball entdeckt hat. Der zweite heißt Thomas Metzner, ein 32-jähriger Fußballtorwart, der bei Dynamo Dresden ausgebildet wurde, in seiner Karriere gut 50-mal in der NOFV-Oberliga aufgelaufen ist und in zwölf Jahren bei zwölf verschiedenen Vereinen unter Vertrag stand – zuletzt beim FC International Leipzig. Schüll bezeichnet sich in seiner Eigenschaft als Partner des NFV als Privatperson, Metzner als seinen sportlichen Leiter.

Beide sollen ein entscheidender Baustein dafür sein, das neue Konzept des Vereins umzusetzen – das auf den ersten Blick gar nicht so neu ist: „Den Verein erhalten, ihn nicht der Gefahr einer Insolvenz aussetzen und auf den Nachwuchs setzen“, betonte Liebig immer wieder.

Wie schlimm die Lage gewesen sein muss, deuten einige seiner Sätze auf dieser Pressekonferenz an: „Wir haben anderthalb wirklich schwierige Jahre hinter uns.“ Er meint damit die Zeit seit dem Rücktritt des damaligen Vorstandsvorsitzenden Hagen Grothe und weiterer Präsidiumsmitglieder. „Einige, die damals spontan entschieden haben, uns zu helfen, würden den Weg heute, in dem Wissen was da alles kam, so nicht mehr gehen. Wir hatten einige Klötzer wegzuräumen.“ Unter anderem gab es auch mit der Stadt vieles auszuräumen. Liebig deutete am Mittwoch an, dass einen Tag zuvor in Gesprächen mit der Stadt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gelungen sei. „Dankbar bin ich, dass wir in dieser Zeit kaum Mitglieder und auch keine Partner verloren haben“, sagt Liebig und: „Wenn wir jetzt keine Lösung gefunden hätten, dann hätte es Trennungen oder Entlastungen geben müssen.“

Probleme locken Investor an

Jetzt also – und das war der Anlass für die Pressekonferenz – hat der NFV Gelb-Weiß Görlitz eine Kooperation mit Thorsten Schüll vereinbart. Was sie genau beinhaltet, wurde auf der Pressekonferenz nicht öffentlich gemacht. Thorsten Schüll sagte vorneweg: „Ich möchte Deutschland etwas zurückgeben und unterstütze deshalb mit meinem Geld insbesondere den Nachwuchsfußball. Auf die Frage, warum er das gerade in Görlitz tut, antwortet er: „Görlitz hat eine Fußballtradition, wenn ich nur an die berühmten Spieler denke, die von hier gekommen sind. Offensichtlich, das erkennt man schon an den Spielgemeinschaften im Nachwuchsbereich, gibt es ein Problem. Es gibt anders als in vielen Regionen Deutschlands kaum Konkurrenz, und die geografische Lage könnte für unser Projekt auch ein Vorteil sein.“

Spieler auch von weit her

Wie soll die Unterstützung aussehen? Schüll und Metzner wollen die Großfeld-Nachwuchs-Mannschaften des NFV Gelb-Weiß Görlitz mit „gescouteten Spielern aus ganz Deutschland und auch aus anderen Ländern“ unterstützen. Wie aber kommen Schüll und Metzner an diese Spieler? „Über Trainings-Camps“, sagt Metzner. „Wir haben erfahrene und lizenzierte Trainer, die diese Talente erkennen.“ Außerdem, so erzählt Schüll, habe er gute Beziehungen zu Borussia Mönchengladbach, wo sein Opa viele Jahre lang im Vorstand gewesen sei.

Wenn man im Internet nach „Thorsten Schüll und Fußball“ recherchiert, trifft man schnell auf die Internet-Seite www.sportler-arena.de, mit deren Hilfe eine Spieler-Datenbank aufgebaut werden soll. Dort sind kleine Videos solcher Camps zu sehen, in Deutschland (auch für Flüchtlinge), aber auch im Ausland (in der Ukraine). Außerdem soll auf dieser Seite eine Internet-Datenbank mit Spielern aufgebaut werden, die ihr Profil, versehen mit Videosequenzen, selbst gestalten können.“ Scheinbar aus diesen Quellen sollen also neue Nachwuchsspieler für den NFV kommen.

Das würde bedeuten, dass diese Spieler im Alter zwischen 13 und 18 Jahren nach Görlitz wechseln, in eine Art Sportschule oder Fußball-Akademie, hier wohnen (in einem Internat?) und hier zur Schule gehen. Die Unterbringung bezahlen will Schüll, der offensichtlich darüber hinaus auch den Verein unterstützen wird. Konkret werden soll das alles im kommenden Jahr. Scoutings für Görlitz soll es ab Frühjahr geben.

Für den NFV bedeutet das auch, dass das Training im Nachwuchsbereich auf ein deutlich höheres Niveau gehoben werden muss – bezüglich Qualität und Quantität. Schließlich haben junge Spieler, die deshalb nach Görlitz wechseln, das Fernziel Profi vor Augen. „Wir wollen das nach und nach tun. Die Nachwuchsmannschaften sollen mittelfristig in der Landesliga spielen, später auch in der Regionalliga. Höher spielt Dynamo Dresden auch nicht. Es bestünde also kein Grund für talentierte Jungs aus Görlitz und der Region, deswegen an die Sportschule nach Dresden zu wechseln“, erklärt Metzner. Und für Spieler, die dem Nachwuchsalter entwachsen sind, sei es sowieso besser, noch zwei, drei Jahre in Görlitz zu spielen, um sich an den Männerfußball zu gewöhnen – in welcher Liga auch immer.

Aufrufe: 07.12.2015, 15:07 Uhr
SZ / Frank ThümmlerAutor