2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Rocco Bartsch

Ein Fußball-Talent als Grenzgänger

Der Kranenburger Sitotaw van Eck spielt eigentlich für Schalke 04. Derzeit hält sich der 14-Jährige, der Profi werden möchte, aber bei NEC Nimwegen fit. Denn im Nachbarland darf der Nachwuchs in Gruppenstärke trainieren.

Bei NEC Nimwegen fällt Sitotaw van Eck auf. Und das nicht nur wegen seines verschmitzten Lächelns. Die Farben des niederländischen Zweitliga-Klubs sind rot, schwarz und grün. Sitotaw van Eck aber läuft in Königsblau über die Trainingsplätze in der Grenzstadt.

NEC Nimwegen ist eine Notlösung für den 14-jährigen Nachwuchsfußballer, der seit der laufenden Saison in der U-15-Mannschaft von Schalke 04 kickt. „Ich bin NEC sehr dankbar, dass der Verein mir diese Möglichkeit geboten hat, nachdem wir angefragt hatten, ob ich vorläufig mittrainieren könnte“, sagt er.

Seit November befindet sich Deutschland im Corona-Lockdown. Seitdem ist auch sportliche Betätigung in Mannschaften untersagt, die Sportplätze sind geschlossen. Die Nachwuchsteams des Bundesliga-Klubs aus Gelsenkirchen trainieren nicht mehr, an Wettkampfpartien ist ohnehin nicht zu denken. „Es ist schon schade, die Jungs nun nicht sehen zu können. Wir haben nur über die WhatsApp-Gruppe von Schalke Kontakt. Aber da fehlt natürlich etwas“, sagt Sitotaw van Eck. In den Niederlanden aber ist die Situation anders. Zwar befindet sich das Königreich auch noch bis mindestens Mitte Februar im Lockdown. Nicht aber der Sport. Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre dürfen in Gruppen trainieren – und sogar gegen Mannschaften des eigenen Vereins antreten.

So blickte Vater Werner van Eck ins Nachbarland. „NEC hat eigentlich nicht viel davon, meinen Sohn mittrainieren zu lassen. Auch deshalb ist das eine tolle Geste. Ohnehin habe ich das Gefühl, dass es eine positive Tendenz im Fußball gibt: Die Vereine arbeiten enger zusammen“, sagt er. Zudem sei es nicht selbstverständlich, dass Schalke 04 dem Ansinnen umgehend zugestimmt hätte. So trainiert Sitotaw nun seit einigen Wochen in Nimwegen mit. Daher ist auch die Anreise deutlich kürzer.

Die Familie van Eck wohnt im Kranenburger Ortsteil Zyfflich, nur 15 Minuten von der 170.000-Einwohner-Stadt entfernt. Die Grenze ist in Sichtweite. „Wenn Sitotaw auf Schalke trainiert, wird er nachmittags abgeholt und kehrt erst am späten Abend wieder zurück. Immerhin dauert eine Fahrt allein zwei Stunden. Da ist der Alltag in diesen Wochen natürlich deutlich entspannter“, sagt Werner van Eck. So bleibe dem Schüler der Karl-Kisters-Realschule in Kleve auch mehr Zeit für die Schulaufgaben.

Das sportliche Niveau bei Schalke 04 sei allerdings deutlich höher. „Vor allem mit Blick auf Schnelligkeit und Ballbehandlung sind die Jungs bei Schalke weiter. Der Trainer bei NEC lässt mich daher auch meistens mit den besten Spielern seines Teams trainieren“, sagt Sitotaw. Ohnehin sei NEC Nimwegen, dessen erste Mannschaft aktuell Tabellensechster der zweithöchsten Spielklasse ist, ein besonderer Klub für den 14-Jährigen. „Früher bin ich häufig mit meinem Vater im Goffertstadion gewesen. Zuletzt war das zeitlich nicht mehr möglich, aber der Klub ist in meinem Herzen“, sagt er.

Die fußballerische Laufbahn begann Sitotaw van Eck bei den Sportfreunden Wyler-Zyfflich, ehe er zum 1. FC Kleve wechselte. Dort spielte er sich schnell in den Fokus großer Vereine. 2019 wechselte van Eck, der im offensiven Mittelfeld spielt, ins Nachwuchsleistungszentrum des MSV Duisburg. Mit seinen Leistungen überzeugte er wenig später auch die Scouts von Schalke 04, im Sommer ging er zu den Knappen.

Nun ist er Teil der C-Junioren-Mannschaft, die Tabellenzweiter der Regionalliga West ist. „Dort zu spielen, ist ein Traum. Ich will später unbedingt Profifußballer werden. Und bei Schalke 04 sind die Bedingungen extrem professionell. Das ist ein wichtiger Schritt für mich“, sagt er. Auch habe er keine Zweifel daran, dass die Königsblauen den Bundesliga-Klassenerhalt doch noch schaffen.

Seine Eltern Werner van Eck und Jeanne Heesters unterstützen ihn bei seinem Traum vom Profi-Dasein. „Wir wollen nicht zu weit vorausschauen und genießen die aktuelle Situation. Selbst wenn Sitotaw nicht den Sprung zu den Profis schafft, erlebt er nun eine ganz besondere Zeit seines Lebens“, sagt Jeanne Heesters. Im Alter von drei Jahren adoptierten sie den Jungen aus Äthiopien. Heute spricht der 14-Jährige Deutsch und Niederländisch. Er tritt im Gespräch bemerkenswert zurückhaltend, gar schüchtern auf. „Sitotaw ist wirklich sehr bescheiden“, sagt Werner van Eck.

Die schulischen Leistungen aber hätten zuletzt doch ein wenig gelitten, berichten seine Eltern. Auch deshalb wartet im kommenden Jahr ein weiterer großer Schritt auf den Jungen aus Kranenburg. Er zieht fest ins Nachwuchsleistungszentrum von Schalke 04 um. Dort soll er auf den Spuren von Julian Draxler und Leroy Sané zum Fußballprofi reifen. „Natürlich ist dieser Umzug für uns als Eltern auch mit Wehmut verbunden. Dennoch haben wir uns bewusst für diesen Schritt entschieden. Auf Schalke kann er sich fußballerisch und menschlich bestmöglich weiterentwickeln. Und er spart ab dem Sommer die doch sehr langen Anfahrtszeiten“, sagt Heesters. Am Wochenende würde er dann nach den Liga-Begegnungen in die Heimat und zu seinen Eltern zurückkehren, so der Plan.

Vorerst aber ist Sitotaw van Eck noch bei NEC Nimwegen unterwegs – und sieht darin einen entscheidenden Vorteil. „Meine Kollegen auf Schalke halten sich natürlich Zuhause auch fit. Doch der Umgang mit dem Ball und die direkten Duelle werden ihnen fehlen. Diesen Trainingsrückstand werde ich nicht haben. Ich werde auf jeden Fall in guter Form aus dem Lockdown kommen“, sagt der 14-Jährige. Der gefühlvolle Umgang mit dem Fußball sei eine seiner größten Stärken. „Zudem bin ich recht schnell und habe eine gute Übersicht auf dem Platz. Arbeiten muss ich auf jeden Fall noch an Kopfbällen“, sagt der Rechtsfuß. Nächste Entwicklungsschritte will er in den Niederlanden gehen. Die Verantwortlichen von Schalke 04 dürfte es freuen.

Aufrufe: 014.2.2021, 22:00 Uhr
RP / Maarten OversteegenAutor