2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Jörg Heinrich und Heiko Bengs. Fotos: Sven Bock
Jörg Heinrich und Heiko Bengs. Fotos: Sven Bock

"Müdigkeit ist nur eine Einbildung"

Jörg Heinrich, der neue Trainer des Regionalliga-Aufsteigers FSV Luckenwalde, im FuPa Brandenburg-Interview

Nach der Meisterschaft und dem Landesligaaufstieg mit dem BSC Rathenow stellt sich Coach Jörg Heinrich einer neuen Herausforderung: Der Ex-Nationalspieler und Champions League-Sieger trainiert seit einigen Tagen den Regionalliga-Aufsteiger FSV Luckenwalde. FuPa Brandenburg sprach mit ihm über seine ersten Eindrücke und die Saison-Ziele.

Herr Heinrich, wie sind ihre ersten Eindrücke vom neuen Team?

Ich hatte das Glück, mir schon in den letzten Spielen einen ersten Eindruck verschaffen zu können. Es macht es immer leichter, wenn man ein Pflichtspiel sieht. Im Training kann man natürlich noch eingreifen. Wir haben im Moment ein paar Probespieler, da kann nicht jeder auf seiner Lieblingsposition spielen. Nach den ersten Testspielen kann man sicher gezielter schauen und darauf einwirken.

Wo sehen Sie Baustellen im Kader?

Wir haben zwei Stürmer verloren. Da braucht man keine großen Analysen.

Mit Daniel Becker sogar den Toptorschützen der Oberliga.

Ja, aber auch Rene Robben ist ein sehr interessanter Mann für die Liga. Aber leider klappt es bei ihm nicht. Im Angriff müssen wir uns auf jeden Fall noch bewegen. Das hat Priorität. Wenn du zwei Stürmer verlierst, die wahrscheinlich gesetzt wären, müssen wir in den nächsten Tagen schauen, wie uns da geholfen werden kann.

Hilft eigentlich der Name Jörg Heinrich bei der Spielersuche?

Das weiß ich nicht, aber ich kann es mir kaum vorstellen. Wir haben in Rathenow sehr gute Arbeit gemacht und am Ende zählt der Erfolg. Das haben wir geschafft. Auch in so einer Liga, wo es wirklich reiner Hobbyfußball ist. Jetzt versuchen wir uns hier in Luckenwalde einzubringen.


Das neue FSV-Trainerteam: Uwe Schulz, Andre Bittner, Jörg Heinrich und Heiko Bengs (v.l.)

Die Mannschaft hatte nach dem Saisonende und der Relegation nur knapp zwei Wochen Pause. Stehen die Spieler noch im Saft oder fehlt ihnen Regeneration?

Das kann man sich hinlegen, wie man möchte. Ich sehe es so, dass man die Freude mitnehmen sollte auf das, was man erreicht hat und jetzt kommt. Die Mannschaft und das Trainerteam haben in der vergangenen Saison aussergewöhnliches geschafft für den Verein und die ganze Stadt. Jetzt muss man sich darauf freuen, dass man unter Top-Bedingungen trainieren kann und in vier Wochen Regionalliga spielt. Die Freude auf diese Liga muss überwiegen. Deswegen sollte man andere Dinge einfach zurückstellen. Müdigkeit ist nur eine Einbildung (lacht).

Das sagen Sie aus eigener Erfahrung?

Ja, mit viel Einstellung und Willen kann man viele Dinge überspielen.

Für Sie persönlich ist es auch ein großer Schritt aus der Landesklasse in die Regionalliga.

Sicher, aber ich habe diverse Ausbildungen absolviert mit dem Ziel, dort irgendwann zu landen. Den Fußballlehrer braucht man für den Profifußball. Sonst hätte ich aufhören können. Aber ich wollte mich auch theoretisch weiterbilden und habe deswegen die Ausbildungsstufen bis zum Ende gewählt. Jetzt schauen wir, wie wir der Mannschaft helfen können. Ich freue mich riesig auf die Aufgabe, auch mit dem Trainerteam, wo ich jetzt schon weiß, dass es super passt. Dann hoffen wir, dass wir sehr viele Punkte sammeln können.

Sicher ändert sich jetzt auch Ihr Alltag durch die höhere Trainingsintensität?

Das ist für mich nicht so schlimm. Ich habe das jahrelang schon so gehabt und sogar noch schärfer, was das Training betrifft. Man hat aber auch bessere Spieler, das macht es angenehmer. Wir hatten in Rathenow schon eine sehr gute Einstellung, die ist hier in Luckenwalde aufgrund der Liga natürlich nochmal ein Tick anders.

Orientieren Sie sich bei Ihrer Arbeit an ehemaligen Trainern von Ihnen?

Ich hatte das Glück, viele gute Trainer gehabt zu haben. Na klar bleibt da was hängen. Man überlegt sich immer, ob etwas Sinn macht, für mich oder für den Spieler. Am besten ist, beide kommen damit klar. Letztendlich versucht jeder seinen eigenen Weg zu finden, aber es gibt natürlich auch Sachen, die man von Anfang an einfordern möchte. Das hängt vielleicht auch mit dem eigenen Spiel von früher zusammen.

Sie haben also Ihre ganz eigene Art der Ansprache.

Ja, kopieren kann man ohnehin niemanden. Irgendwo hat man auch eine Herkunft und vielleicht auch einen Dialekt. Vielleicht ist man auch etwas unlustiger als der andere oder eben andersrum. Von daher war die Trainingsarbeit in Rathenow sehr hilfreich.

In welcher Hinsicht?

Was das Lernen betrifft, wie man mit einer Mannschaft spricht. Das ist eine große Umstellung vom Spieler zum Trainer. Als Spieler ist man einer von vielen. Als Trainer hat man sich um alles zu kümmern. Es ist eine große Herausforderung, als Trainer für alle da zu sein und es jedem halbwegs gerecht zu machen. Normalerweise darf der Spieler mit der Nummer 12 der Erste sein, der sauer ist, wenn er nicht spielt. In so einem Kader sind das dann vielleicht zehn Spieler, die das Recht hätten, sauer zu sein. Diese Aufgabe muss man bewältigen.


Wie sieht Ihr Saison-Ziel aus?

Ich bin sehr optimistisch, dass wir konkurrenzfähig sein werden. Wo es am Ende in der Tabelle sein wird, kann ich nicht beurteilen. Wir haben erst mit dem Training begonnen und müssen erstmal schauen, wie lange die Jungs brauchen, um fit zu sein. Verletzungen spielen auch eine Rolle. Außerdem vielleicht noch der ein oder andere neue Spieler und wie schnell wie ihn integriert bekommen. Wir machen uns intern Gedanken, wo wir als Trainer und mit der Mannschaft hinwollen.

Sowohl für den Verein als auch für Sie ist die Regionalliga neu. Wie gut kennen Sie schon die Gegner?

Ich habe in der letzten Saison einige Spiele gesehen. Wir müssen aber zuerst schauen, wie wir unsere Jungs wettbewerbsfähig bekommen. Das lässt sich leider nicht so vorausplanen, das wir sagen könnten, wir gewinnen die ersten drei Spiele. Wir werden jetzt erstmal sehr fleißig sein. Wenn wir fit sind, können wir auch an den technischen und taktischen Dingen drehen. Und dann können wir schauen, ob wir uns verbessern können.

Im ersten Training kam die Taktiktafel gleich auf dem Rasen zum Einsatz.

Ich arbeite damit gerne, weil ich glaube, dass es einfacher zu erklären ist, wenn der Spieler es mit seinen Augen sieht. Das macht aber jeder Trainer wie er denkt. Wenn ich früher etwas gesehen habe, fiel es mir leichter, das auch zu verstehen.

Wie wird eigentlich die Zusammenarbeit künftig mit Ihrem Vorgänger Ingo Nachtigall aussehen? Ist es eine Last oder eher ein Ansporn, wenn er nach dem großen Erfolg noch im Verein weiter tätig ist?

Da habe ich keine Angst vor. Wir kennen uns noch von früher. Es war auch mit seine Idee, mich einfach mal anzusprechen. Deswegen wird es sicher eine Zusammenarbeit werden. Er versucht, im Nachwuchs etwas zu besser zu machen, als es vorher war. Das ist dringend notwendig, wenn man Regionalliga spielen will und die Chance auch im Nachwuchs bestehen soll, einmal dort oben anzukommen. Aber grundsätzlich bin ich auch froh ihn da zu haben, wenn es darum geht, Spieler besser zu machen. Er kennt seit sechs Jahren das Umfeld und Berlin und Potsdam. Ingo ist eine super Unterstützung und ich bin glücklich, dass er weiter im Verein bleibt.

Gibt es Spiele und Gegner, auf die Sie sich besonders freuen?

Ja, hier um die Ecke gibt es in der Potsdamer Region ein sehr interessantes Spiel. Jena hat natürlich die Tradition und viele Zuschauer. Aber es gibt im Osten von Berlin auch einen Verein, wo die Hütte brennt. Das müssen einfach auch Highlights für die Spieler sein. Da muss man sich sagen: Ich habe es mir verdient, hier spielen zu dürfen und jetzt muss ich zeigen, dass ich es kann. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, wo ich sage, dass die Regionalliga nicht unbedingt der letzte Schritt für einen Spieler sein muss. Das Schöne ist, dass ich jetzt wirklich in die Kiste meines Erfahrungsschatzes greifen und sagen kann, wo war ich mit Anfang 20. Da habe ich noch in Rathenow in der Bezirksliga gespielt. Hier gibt es wirklich Potenzial. Das müssen wir heraus kitzeln. Dafür haben wir ein gutes Trainerteam, das dieses auch sieht und die selbst auch alle gute Fußballer waren. Deswegen bin ich mir ziemlich sicher, dass wir es hinbekommen.

Mit Luckenwaldes Trainer Jörg Heinrich sprach Sven Bock.

>>>Am Donnerstag reisen Team und Trainer des FSV-Luckenwalde im zweiten Vorbereitungsspiel zum Oberliga-Aufsteiger FC Frankfurt. FuPa überträgt das Duell hier im ausführlichen Liveticker!

Aufrufe: 07.7.2015, 08:25 Uhr
Sven BockAutor