2024-05-02T16:12:49.858Z

Kommentar
DFB-Präsident Fritz Keller.
DFB-Präsident Fritz Keller. – Foto: dpa

Monatlich 20.500 Euro: Eine schallende Ohrfeige für das Ehrenamt

Kommentar zu den offengelegten Aufwandsentschädigungen der DFB-Spitzenfunktionäre +++ Überarbeitete Version nach persönlicher Intervention von BFV-Präsident Dr. Rainer Koch am frühen Sonntagnachmittag

Anmerkung der Redaktion* (siehe unten)

Der Sommermärchen-Skandal, die Uhren-Affäre um Ex-Präsident Reinhard Grindel, eine generell immer deutlich werdende Wagenburg-Mentalität. Der Eindruck, dass sich Basis und Verbandsspitze immer weiter voneinander entfremden erhärtet sich immer mehr. Das haben unterschiedlichste Ereignisse in den vergangenen Jahren mehr als deutlich werden lassen. Die neueste Mitteilung aus der DFB-Zentrale schlägt aber nun endgültig dem Fass den Boden aus. Die vom neu eingerichteten Vergütungs- und Beratungsausschuss offengelegten Aufwandsentschädigungen sind eine schallende Ohrfeige für das Ehrenamt. Für die fleißigen, unentgeltlichen Idealisten an der Basis des Fußballs.

Während sich DFB-Präsident Fritz Keller damit rühmt, dass die Offenlegung dieser Gelder, ein wichtiger Beitrag zu einer vollkommenen Transparenz des größten Sportverbandes der Welt ist, sorgen die Zahlen in der breiten Öffentlichkeit für nur noch mehr Kopfschütteln, ja beinahe schon für Wut und Zorn. So bekommt der DFB-Chef eine jährliche Entschädigung von 246.000 Euro (monatlich: 20.500 Euro), Vizepräsident Regional- und Landesverbände, Dr. Rainer Koch, der gleichzeitig BFV-Präsident ist, 144.000 Euro (monatlich: 12.000 Euro). Ergänzend dazu: Im Gegensatz zu früher sind die Spitzenfunktionäre nicht mehr ausschließlich ehrenamtlich, sondern können seit 2019 auch hauptamtlich "und gegen Entgelt" (aus den "Offiziellen Mitteilungen" des DFB vom 22. Oktober 2019/Seite 8) tätig sein. Die Veröffentlichung dieser horrenden Summen mag formal ein Schritt zu einem besseren, weil saubereren DFB sein. Für das Ehrenamt ist es hingegen eine weitere, schallende Ohrfeige.



Eine schallende Ohrfeige für die gesamte Vorstandschaft eines kleines Amateurvereins. Für den dort arbeitenden Vorsitzenden, der die Druckerpatronen, die Benzinkosten für Fahrten zu offiziellen Terminen und viele andere alltägliche Dinge wie selbstverständlich aus der eigenen Tasche bezahlt. Von dem darüber hinaus eine Mitgliedschaft im Förderverein erwartet wird - und ein Kasten Bier nach dem Spiel ohnehin Grundvoraussetzung ist. Für den Platzwart, der unzählige Stunden für die Pflege der Plätze und das Drumherum aufbringt. Für den Abteilungsleiter, der viel Zeit und Nerven investiert, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. All diese tatsächlichen Ehrenamtlichen, Idealisten sondergleichen, arbeiten für 0,0 Euro - und sind darüber hinaus oft Niedrigverdiener mit einem Monatsverdienst von 2.500 Euro, vielleicht 3.000 Euro (zum Vergleich: Keller bekommt alleine vom DFB 20.500 Euro/Monat).

Anmerkung der Redaktion* (siehe unten)


Die monatlichen Zahlungen an Keller, Koch & Co. sind zudem eine schallende Ohrfeige für all die Sportfunktionäre der untersten Ebene. So bekommt ein Kreisvorsitzender nach FuPa-Informationen 40 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat, ein Kreisspielleiter 35 Euro und ein einfacher Spielleiter 30 Euro. Wenn man den zeitlichen Aufwand dieser Personen in Relation setzt, handelt es sich hier tatsächlich um eine Entschädigung - und um keine horrenden Spitzengehälter. Als Gegenleistung für ihr "Butterbrot" müssen die Funktionäre vor Ort dann neben den üblichen Arbeiten wie Spielplan-Erstellung o.ä. oft noch als Kummerkasten agieren - und den Zorn der Basis über die dekadente DFB-Führung ertragen.

Lohn für Ehrenamt ist Ehre, kein dickes Konto!

Auch die vom DFB in Rechnung gestellten Leistungen an die Vereine wie Mannschaftsmeldungen, Transfers und das obligatorische "Schlag nach" verkommen angesichts der "Aufwandsentschädigungen" für die Herren DFB-Oberen zu einer Farce. Warum kostet ein Wechsel eines ganz normalen A-Klassen-Spielers rund 50 Euro (nur der Wechsel an sich, nicht die Ablöse)? Die Antwort liegt auf der Hand: Um "unsere" Spitzenfunktionäre finanzieren zu können. Zugegeben, diese Rechnung ist vereinfacht dargestellt, da der DFB mehrere Einnahmequellen hat - doch auch schlüssig. Oder nicht?

Denn solange der Deutsche Fußballbund die Dinge, die er werbewirksam fordert (Pro Amateurfußball, Stärkung des Ehrenamts etc.) nicht selber vorlebt, wird die Schere zwischen "oben" und "unten" immer weiter auseinandergehen. Der Lohn für das Ehrenamt ist Ehre und nicht ein dickes Konto. Und irgendwann hat die Basis, die als Antriebswelle des Fußball-Business verstanden werden darf, endgültig die Schnauze voll. Denn auch der beste Sportwagen läuft nicht ohne Motor. Und läuft Gefahr - vielleicht irgendwann mal - mitten auf der Strecke einfach stehen zu bleiben...



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*Anmerkung der Redaktion: Sechs Stunden nach der Veröffentlichung dieses Kommentars meldete sich BFV-Präsident Dr. Rainer Koch persönlich per Telefon beim Autor dieser Zeilen und forderte mit Nachdruck, dass der Bericht offline genommen werde. Die FuPa-Redaktion kam dieser Bitte nach, um weitreichendere Folgen kategorisch auszuschließen, forderte aber den BFV-Chef gleichzeitig dazu auf, seine Einwände schriftlich darzulegen und betonte, dass der Kommentar dann wieder online gestellt werde. Am Dienstagnachmittag teilte uns dann BFV-Pressesprecher Fabian Frühwirth, der auch beim Telefonat zwei Tage zuvor zugeschaltet war, Folgendes mit:

  • "Rainer Koch übt - wie auch entsprechend veröffentlicht - seinen Beruf als Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht nicht mehr aus und hat damit auch keine Ansprüche auf Entgelt jedweder Form.
  • Es handelt sich bei den genannten Beträgen um Brutto-Bezüge, die komplette Versteuerung sowie sämtliche weitere Kosten wie etwa Beiträge zur Krankenkasse, um nur ein Beispiel zu nennen, obliegen einzig und alleine der (Steuer-)Pflicht von Rainer Koch.
  • Die Ausstellung eines Spielerpasses, die durch die hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen der Passstelle bearbeitet werden, verursacht Kosten, die entsprechend weitergegeben werden. Die Erstausstellung ist bekanntlich kostenfrei.
  • Der Autor selbst ist Vereinsfunktionär beim SC Herzogsreut. Der Artikel aber ist nicht entsprechend gekennzeichnet, somit wird dem Leser bewusst eine gerade im Hinblick der Darstellungsform eines Kommentars eine elementare Information zur Einordnung der Meinung vorenthalten.
  • Dass zudem durch Dritte (der Mailverkehr liegt uns vor) versucht wird, hier bewusst Falschinformationen zu säen und Druck auf Veröffentlichung bei FuPa gemacht wird, schließt den Kreis und nährt damit die Vermutung, dass hier gezielt diffamiert werden soll und offenkundig persönlich bekannte Autoren instrumentalisiert werden sollen."

Auch in diesem Rahmen entschuldigen wir uns abschließend für die fehlerhaft dargestellten Fakten. Und wir weisen nochmal explizit darauf hin, dass es sich hier um einen Kommentar des FuPa-Redakteurs Helmut Weigerstorfer handelt.

Aufrufe: 014.7.2020, 14:15 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor