2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau

Nick Mdoreuli, ein bestens integrierter Knipser

Im Heimspiel gegen Suryoye Paderborn soll der Goalgetter sein Pflichtdebüt für die Spvg. Steinhagen geben. Wie lange er in Deutschland bleiben darf, ist allerdings ungewiss

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Der Einstand hätte für ihn persönlich kaum besser verlaufen können. Als Nick Mdoreuli Ende vergangenen Jahres beim Haller-Kreisblatt-Cup erstmals das Trikot der Spvg. Steinhagen überstreifte, avancierte er mit 15 Treffern auf Anhieb zum besten Torschützen des Turniers. Allein im Endspiel knipste der trickreiche Angreifer fünf Mal. Zum ganz großen Glück fehlte ihm lediglich der Titel mit der Mannschaft. Den sicherte sich bekanntlich Steinhagens Landesliga-Rivale SC Peckeloh.

Sechs Wochen später steht Mdoreuli – schmale Figur, schüchternes Lächeln, leise Stimme – auf dem Alten Markt in Bielefeld. In der Leineweberstadt lebt der junge Mann aus Zchinwali/Georgien seit Sommer 2014. Seine sportliche Heimat ist nach dem Wechsel vom VfB Fichte im Herbst 2016 die Spvg. Steinhagen. Kommt das Gespräch auf seine neue Mannschaft, legt Mdoreuli seine Zurückhaltung ab und strahlt über das ganze Gesicht. „Die Jungs haben mir von Anfang an das Gefühl gegeben, dass sie hinter mir stehen und mich brauchen“, erzählt er und versichert: „Nur deshalb konnte ich in der Halle die 15 Tore schießen.“

Gut integriert ist Mdoreuli nicht nur bei der Spvg. Obwohl der 20-Jährige erst seit zweieinhalb Jahren in Deutschland ist, spricht er schon gut Deutsch. Nach erfolgreich absolviertem Realschulabschluss strebt er das Fachabitur an. „Am liebsten möchte ich in einem kaufmännischen Beruf arbeiten“, sagt er. Klare Vorstellungen hat er auch in fußballerischer Hinsicht. Als der Offensivspieler in der Hinrunde beim VfB Fichte kaum Einsätze hatte, forcierte er seinen Wechsel. Dabei profitierte Mdoreuli von seinen Kontakten aus dem Futsalteam der Black Panthers. Seine Mitspieler Robin Bürmann und Malte Siekmann, ebenfalls für Steinhagen am Ball, rieten ihm, es bei der Spvg. zu probieren. Ein mögliches Scheitern blendete Mdoreuli aus.

„Ich habe keine Angst“, sagt er. Das mag sich etwas großspurig anhören. Doch wer von seiner Geschichte liest, versteht vielleicht besser, weshalb ihn nur noch wenig schreckt. Mdoreuli musste sehr früh lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Der Vater verließ die Familie, als Nick ein Kind war. Die Mutter starb wenig später. Der Junge wuchs bei der Großmutter auf – in einem Ort, in dem 2008 Krieg herrschte. Zchinwali ist die Hauptstadt der abtrünnigen Region Südossetien. Der militärische Konflikt zwischen Georgien und Russland hat viele Opfer gefordert, die meisten Menschen leben in Armut und Furcht vor neuerlicher Gewalt. Nachdem die Großmutter gestorben war, machte er sich 2014 dank finanzieller Hilfe von Freunden auf nach Westeuropa.

Nach sechs Monaten im Haus Libanon, einer Einrichtung der von Bodelschwinghschen Anstalten für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge, zog Mdoreuli in Bielefeld in eine eigene Wohnung. Die Jugendhilfe Bethel unterstützt ihn weiterhin. Etwa, wenn es um seine Aufenthaltsgenehmigung geht. Weil er Georgien verließ, bevor er volljährig wurde, ist Mdoreuli Staatenloser. Verlängerungen hat er bisher jeweils für sechs Monate erhalten. „Ich weiß immer nur für das nächste halbe Jahr Bescheid“, sagt er, „aber ich bin trotzdem sehr glücklich. Ich habe hier Freunde und möchte einen deutschen Pass beantragen.“

Für die Chance auf ein besseres Leben ist Mdoreuli allen dankbar, die ihm geholfen haben und ihn weiter unterstützen. Mit Fleiß und Ehrgeiz will er zurückzahlen – auch auf dem Fußballplatz. Nick Mdoreuli wird alles dafür geben, dass sein erster Pflichteinsatz für die Spvg. Steinhagen nicht nur für ihn persönlich zum Erfolg wird.

Aufrufe: 011.2.2017, 15:00 Uhr
Philipp Kreutzer / FuPaAutor