2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Florian Schlicker (links) und Serdal Gündogan (rechts) glauben an ihren Kader. F: Meier
Florian Schlicker (links) und Serdal Gündogan (rechts) glauben an ihren Kader. F: Meier

"In der Mannschaft steckt genügend Potenzial!"

Teil 1 des Doppelinterviews mit Seligenportens Trainergespann Schlicker und Gündogan

Trotz des aktuell letzten Tabellenplatzes, den der SV Seligenporten in der Regionalliga Bayern belegt, präsentieren sich Florian Schlicker und Serdal Gündogan auskunftsfreudig und gut aufgelegt, so dass sich ein interessantes, launiges Gespräch entwickelt. Teil eins des großen Doppel-Interviews über Pech, Neuzugänge und beschränkte Möglichkeiten.

NN: Herr Schlicker, Herr Gündogan: Die Vorrunde ist vorbei. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Schlicker: Es ist schon irgendwo bisschen ernüchternd, muss man zugeben. Die Punktausbeute ist nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Sicherlich war es auch ein schwieriger Start für uns mit vielen Abgängen. Mit einem Kader, der erst zum achten Spieltag so richtig fertig wurde, als die letzten Ergänzungen dazu gekommen sind. Gerade im Offensivbereich, wo man ja auch gemerkt hat, dass der Schuh ein bisschen drückt. Wir hatten deshalb auch nicht die Zeit, uns in der Vorbereitung wirklich einzuspielen. Von daher gesehen war uns schon bewusst, dass es schwer werden wird. Dass es jetzt so schwer geworden ist, hängt natürlich auch noch an ein paar anderen unglücklichen Faktoren.

NN: An welchen?

Schlicker: Ich sag's mal so: Vom Glück sind wir momentan auch nicht unbedingt verfolgt. Sei es von den Gegentoren – in der Art und Weise, wie wir sie bekommen; sei es von der ein oder anderen Entscheidung – gerade in den letzten vier, fünf Spielen: Gegen Buchbach wird uns ein klares Tor nicht gegeben, in Schweinfurt war ein Abseits- und ein Ping-Pong-Tor dabei. Allein aus den beiden Partien könnten wir also drei oder vier Punkte mehr haben. Und da könnte man noch viele, viele weitere Beispiele aufzählen. In Heimstetten etwa ist es zweimal ganz klar kein Abseits, als wir alleine aufs Tor zulaufen. Da kippt die Waage momentan in die völlig falsche Richtung und hat sich bisher auch noch nicht ausgeglichen. Und so kommt das schon auch ein bisschen zustande.
Gündogan: Man kann vielleicht noch das Club-Spiel mit hinzufügen: Also, so etwas Kurioses (Gündogan spielt auf den Flutlichtausfall an, d. Red.) hab ich selber auch noch nicht erlebt. Da kann man auch ganz klar sagen, dass uns die Punkte aus dem Spiel definitiv mit fehlen. Selbst wenn man keine großzügige, sondern nur eine Minimalrechnung aufmacht, ist festzuhalten, dass uns auf Grund unglücklicher Schiedsrichterentscheidungen auf jeden Fall locker drei bis vier Punkte fehlen. Und dazu kommen eben noch die Dinge, bei denen sich das Glück noch nicht auf unsere Seite geschlagen hat. Es soll aber nicht der Eindruck entstehen, dass nur Fehlentscheidungen an unserer aktuellen Lage Schuld sind. In vielen Spielen haben wir uns viele Torchancen erspielt und zum Teil fahrlässig vergeben. Gleichzeitig haben wir oft zu einfache Gegentore kassiert. Da gilt es in der Rückrunde hart daran zu arbeiten.

NN: Wurde die Lücke, die die Abgänge der Torgaranten Stolz, Ekinci und Co. hinterlassen haben, unterschätzt?

Schlicker: Auf keinen Fall wurde die unterschätzt! Aber man muss immer sehen, was man für Möglichkeiten und Ressourcen hat. Es ist für uns einfach schwierig, einen fertigen Regionalligaspieler zu bekommen – bei den finanziellen Rahmenbedingungen, die wir haben. Klar haben wir uns um den einen oder anderen Spieler bemüht, die sich letztlich aber doch für andere Optionen entschieden haben, wo es den einen oder anderen Euro mehr zu verdienen gibt. Man sieht ja auch, wie schwierig es für einen kleinen Verein wie uns ist, wenn Spieler sogar in die Bayernliga wechseln, weil es dort für sie mitunter finanziell besser ist. Deswegen müssen wir zusehen, dass wir die Spieler selbst hinbiegen und -formen.
Gündogan: Gleichzeitig haben wir uns auch um Offensivspieler aus der Bayernliga bemüht, aber das war letztlich genau dasselbe Spielchen – bloß andersherum. Soll heißen: Die bekommst Du im Prinzip auch nicht. So gesehen brauchen wir uns also nicht nur nicht um Regionalligaspieler bemühen, sondern haben auch eine Etage tiefer in der Bayernliga enorme Probleme, die Torjäger und guten Offensivspieler zu bekommen.

NN: Wie zufrieden sind Sie dann bisher mit Ihren Neuzugängen?

Schlicker: Da muss man, denke ich, ein bisschen differenzieren: Es sind sicherlich sehr, sehr erfreuliche Spieler-Entwicklungen dabei – gerade auch von den Youngsters. Aber sicherlich sind viele Spieler bis dato auch weit unter den Erwartungen geblieben, bei denen wir uns auch selbst mehr erhofft haben.

NN: Konkrete Namen wollen Sie aber nicht nennen?

Schlicker: Doch, man kann schon sagen, dass ein „Brauni“ (Alexander Braun, d. Red.) zum Beispiel eine super Entwicklung macht, der ja vor zwei, drei Jahren noch Bezirksliga gespielt hat. Ein Schwesinger kommt aus der Kreisliga – auch der ist jetzt etabliert.

NN: Von wem muss noch mehr kommen?

Schlicker: Etwa von den Spielern, die trotz allem schon ein bisschen in dem Bereich trainiert haben.

NN: Was stimmt Sie zuversichtlich, dass die Rückrunde besser wird?

Schlicker: So viel Pech oder Unglück oder wie auch immer kann man nicht eine ganze Saison lang haben. Ich hab's selber noch nicht erlebt, dass es selbst auf eine Halbrunde so wenig ausgeglichen ist. Von daher denk ich schon, dass wir in dieser Hinsicht noch Potenzial nach oben haben. Andererseits wissen wir aber auch, dass vieles nicht rund gelaufen ist. Auch bei uns. Da müssen wir uns also auch an die eigene Nase fassen.

NN: Wo wollen Sie konkret ansetzen?

Schlicker: Wie gesagt: Das sind so Sachen wie Mechanismen – gerade im Offensivbereich. Die lassen sich jetzt im Winter sehr gut aufarbeiten, weil dann auch einfach die Zeit und die Möglichkeiten da sind. Außerdem ist es so, dass wir für unsere Verhältnisse eine richtig schlechte Runde gespielt und dementsprechend ziemlich viel Luft nach oben haben. Wir haben Punkte liegen lassen, die wir man normalerweise nicht liegen lassen muss oder darf. Trotzdem glaube ich, dass in der Mannschaft genügend Potenzial steckt, um auf Mannschaften wie Garching, Burghausen, Heimstetten, Bayreuth oder Bamberg über die komplette Rückrunde hinweg drei bis sechs Punkte gut zu machen. Und dann denke ich, ist es auch möglich, in der Liga zu bleiben.

NN: Mit 1860 II, Augsburg II, Ingolstadt II, Illertissen und Memmingen warten bis zur Winterpause nun aber ausnahmslos deutlich besser platzierte Teams, gegen die der SVS in der Hinrunde nur einen Zähler verbuchen konnte.

Gündogan: Wir freuen uns trotzdem auf die Partien. Es ist wie in der Vorrunde natürlich ein hammerhartes Programm. Aber wir können es nur besser machen! Man muss sich das mal geben: Wir sind Tabellenletzter, bekommen in Schweinfurt einen Elfmeter gegen uns, den sie nicht verwandeln, gehen dann mit 0:1 in Rückstand und die Mannschaft dreht trotzdem das Spiel. Heißt: Die Moral ist intakt, die Mannschaft lebt! Und darauf bauen wir natürlich! Und auf Grund dessen erhoffen wir uns, auch die Spiele gegen diese Gegner, die auf dem Papier haushoher Favorit sind, erfolgreich gestalten zu können.

NN: Ist es angedacht, dass Sie in der Winterpause noch einmal personell nachrüsten?

Schlicker: Da sind wir wieder bei der bereits vorhin erläuterten Problematik: Gute Stürmer aus der Liga, die bereits bewiesen haben, dass sie dort treffen können, kriegen wir sowieso nicht: A) kommen sie nicht aus ihren Verträgen raus; B) können wir sie uns nicht leisten. Dasselbe Spielchen auch in der Bayernliga: Auch dort stehen alle Toptorjäger unter Vertrag. Und da jemanden rauszukaufen – die Möglichkeiten haben wir einfach nicht. Von daher ist das ziemlich schwierig. Aber wir halten Augen und Ohren offen.

NN: Und wie sieht es mit den unteren Ligen aus?

Schlicker: Ja, logischerweise. Denn: Alle, die in der gleichen Liga wie wir oder höher spielen, sind fast ein Ding der Unmöglichkeit für uns. Man muss halt immer schauen: Was für Möglichkeiten haben wir? Und aus diesen Möglichkeiten dann versuchen, das Beste draus machen!

NN: Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass noch jemand kommt?

Schlicker: Wenn sich jemand findet, der bei uns reinpasst, der uns sofort weiterhilft und auch noch finanzierbar ist, dann holen wir den, klar! Aber diese Kombination ist sehr schwer zu finden ...

NN: Inwieweit sind Sie aktuell auch als Psychologen gefragt und gefordert, die mentale Aufbauarbeit leisten müssen?

Gündogan: Ja, stimmt: Das ist momentan wie auch schon in den vergangenen Wochen eine unserer Hauptaufgaben. Aber wie gesagt: Ich hab's ja vorhin schon erwähnt mit dem Beispiel Schweinfurt: Die Mannschaft ist so intakt, so lebendig – da reicht es oft schon, nur in der ersten Einheit nach einer Niederlage mentale Aufbauarbeit zu leisten, da sich die Jungs relativ schnell wieder selbst auf ein Level bringen, auf dem sie im nächsten Spiel wieder angreifen können. In dem Punkt ist die Mannschaft schon sehr weit.

NN: Ist die momentane Situation die schwierigste Phase in Ihrer bisherigen Trainerlaufbahn?

Schlicker: Da unsere Trainerlaufbahn ja noch nicht ganz so lange dauert (lacht) und es in der vergangenen Saison einen Tick besser gelaufen ist, würd ich das schon so sagen, ja. Wobei: Wir hatten letzte Saison auch schwierige Phasen. Gerade als wir quasi hintereinander weg im Block gegen alle Amateurteams gespielt haben. Da haben wir sowohl in der Vor- als auch in der Rückrunde jeweils schlecht ausgesehen. So gesehen gibt es da schon Parallelen. Aber ich denke, ich kann für uns beide sprechen: Selbst in unserer aktiven Karriere haben wir einen solchen Negativlauf mit allem Drum und Dran selber noch nicht erlebt. Deswegen ist das für uns auch eine Riesen-, Riesenherausforderung. Aber ich denke, da kann man auch nur dran wachsen. Und es ist ja auch gut, wenn man in seiner noch jungen Trainerkarriere auch von Beginn an schon sehr viel mitbekommt. Denn daran können auch wir nur wachsen.

Lesen Sie hier Teil zwei des großen Doppelinterviews: Florian Schlicker und Serdal Gündogan sprechen über die Hintergründe ihrer frühen Traineranfänge, erzählen, warum das „Kloster“ für sie so besonders ist und erklären, wieso die Kombination Schlicker / Gündogan so gut passt.

Aufrufe: 029.10.2014, 17:03 Uhr
Fabian Istel (NN Neumarkt)Autor