Das Corona-Virus hat unseren Alltag momentan fest im Griff. Auf unabsehbare Zeit kann kein Fußball gespielt werden, deshalb möchten wir etwas in die Vergangenheit zurückblicken und uns den Typen widmen, die in den letzten Jahrzehnten herausragende Spielerpersönlichkeiten der regionalen Szene waren. Für den 65. und letzten Teil der Portrait-Serie haben wir mit Josef Weiß (68) einen würdigen Abschluss gefunden. Der "Mann mit der Matte" gewann Mitte der 70er Jahre mit dem FC Bayern München zweimal den Europapokal der Landesmeister und kickte in dieser Zeit gemeinsam mit vielen Legenden des Fußballsports.
Schönstes Erlebnis deiner Laufbahn....Da gab es zwei, die ich nennen möchte. Im Mai 1975 gewannen wir mit dem FC Bayern München mit einem 2:0-Sieg über Leeds United in Paris den Europapokal der Landesmeister (heutige Champions League). Ich wurde nach drei Minuten eingewechselt und war mit 22 Jahren der jüngste Spieler auf dem Platz. Im Jahr darauf folgte dann der Gewinn des Weltpokals gegen Cruzeiro Belo Horizonte. Nach einem 2:0-Sieg im Hinspiel zuhause im Olympiastadion durch Tore von Gerd Müller und Jupp Kapellmann machten wir mit einem 0:0 im Rückspiel vor 120.000 Zuschauern in Brasilien kurz vor Weihnachten den Triumph perfekt.
Bester Kicker, mit dem du in einer Mannschaft zusammen gespielt hast....Obwohl ich mit vielen Weltklassespielern zusammenspielen durfte, war das eindeutig Franz Beckenbauer. Der "Kaiser" war einfach ein einzigartiger und perfekter Fußballer. Er war ausgestattet mit einer unglaublichen Technik und einer Übersicht, die seinesgleichen sucht. Der Ball gehorchte ihm aufs Wort und da wo er ihn hinhaben wollte, landete er auch. Zudem hatte er auch einen Drang nach vorne und ordentlich Dynamik zum gegnerischen Tor, eine geniale Schusstechnik und trotz seiner eigentlich defensiven Position auch Torjägerqualitäten.
Bei welchem Verein hattest du als Aktiver deine schönste Zeit...Ganz klar beim FC Bayern München, nicht zuletzt wegen meiner persönlichen Erfolge. Als junger Spieler hatte ich immer nur das eine große Ziel vor Augen, Fußballprofi zu werden. Es war nicht nur mein Traum, sondern meine feste Entschlossenheit und Bestreben, diese Vorstellung auch zu verwirklichen. Und so kam es auch. Ich wurde Profi und konnte mein Hobby zum Beruf machen. Wenn man fast täglich auf ganz große Stars des internationalen Fußballs wie Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Uli Hoeneß oder Sepp Maier trifft, ist das in der Tat ein unglaublich tolles Gefühl, aber auch eine Bestätigung dafür, dass der ganze Aufwand und Entbehrungen all die Mühe wert waren. Plötzlich auf der großen Bühne des Fußballs und im öffentlichen Rampenlicht zu stehen, ist mehr als überwältigend.
Fußballerisches Vorbild deiner Jugendzeit...Franz Beckenbauer
Was nervt dich am heutigen Fußballgeschäft....Die irrsinnigen Summen, die mittlerweile im Umlauf sind
Hast du irgendetwas in deiner Laufbahn bereut...1976 hatte ich ein tolles Angebot von Schalke 04 und Werder Bremen und sogar eines aus den USA. Vor allem Letzteres würde ich heute sofort annehmen und wechseln.
Lieblings-Rückennummer...5
Gibt es ein Spiel, das du nie vergessen wirst....Da gibt es mehrere, aber eines davon hatte Seltenheitswert. Im Juni 1975 trugen wir ein Freundschaftsspiel in Brasilien gegen den FC Fluminense im ehrwürdigen Maracanastadion vor weit mehr als 100.000 Zuschauern aus. Dieses Spiel ging durch ein äußerst kurioses Eigentor von Gerd Müller, der den herauslaufenden Torhüter Sepp Maier mit einem Heber überloppte, mit 0:1 verloren.
Bester Trainer, den du hattest....Dettmar Cramer. Er hat nach der Entlassung von Udo Lattek bei Bayern übernommen und war ein sehr kommunikativer Trainer. Manche Mannschaftsbesprechung dauerte sogar länger als das Training (lacht)
Sinnloseste Regel im Fußball....Die Abseitsregel könnte überdacht werden, da es trotz Videobeweis immer wieder zu Fehlentscheidungen kommt.
Größte Enttäuschung deiner Karriere...Das war 1976 im Spiel gegen Schalke 04. In der 86. Minute sah ich nach einem harmlosen Foul gegen Hannes Bongartz eine unberechtigte rote Karte. Wir haben zwar mit 7:1 gewonnen, allerdings war die folgende Sperre von sechs Spielen für meine weitere Fußballkarriere nicht besonders förderlich. Es war mein letztes Bundesligaspiel, da der neue Trainer Gyula Lorant danach nicht mehr auf mich setzte. Aber auch an das DFB-Pokal-Viertelfinale im Februar 1977 bei Hertha BSC Berlin erinnere ich mich nicht gern. Ich habe in der Verlängerung in der 95. Minute das 2:1 geschossen, am Ende haben wir aber 2:4 verloren. Das war ebenfalls ein bitterer Moment.
Lieblings-Fußballschuh...Adidas Copa Mundial
Wo hast du auswärts nie gerne gespielt....Für mich hat es nie einen Unterschied gemacht ob Heim- oder Auswärtsspiel