2024-05-02T16:12:49.858Z

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Seine letzten Pflichtspiele am Ende einer langen Karriere absolvierte Sepp Weiß im Trikot der SpVgg Pleinting.
Seine letzten Pflichtspiele am Ende einer langen Karriere absolvierte Sepp Weiß im Trikot der SpVgg Pleinting. – Foto: Andreas Santner

Im Schatten von Beckenbauer, Hoeneß, Müller und Maier

Letzter Teil der Portrait-Serie (67): Sepp Weiß feierte in den 70er-Jahren mit dem FC Bayern München an der Seite von vielen Weltklassespielern große internationale Erfolge

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Das Corona-Virus hat unseren Alltag momentan fest im Griff. Auf unabsehbare Zeit kann kein Fußball gespielt werden, deshalb möchten wir etwas in die Vergangenheit zurückblicken und uns den Typen widmen, die in den letzten Jahrzehnten herausragende Spielerpersönlichkeiten der regionalen Szene waren. Für den 65. und letzten Teil der Portrait-Serie haben wir mit Josef Weiß (68) einen würdigen Abschluss gefunden. Der "Mann mit der Matte" gewann Mitte der 70er Jahre mit dem FC Bayern München zweimal den Europapokal der Landesmeister und kickte in dieser Zeit gemeinsam mit vielen Legenden des Fußballsports.
Schönstes Erlebnis deiner Laufbahn....
Da gab es zwei, die ich nennen möchte. Im Mai 1975 gewannen wir mit dem FC Bayern München mit einem 2:0-Sieg über Leeds United in Paris den Europapokal der Landesmeister (heutige Champions League). Ich wurde nach drei Minuten eingewechselt und war mit 22 Jahren der jüngste Spieler auf dem Platz. Im Jahr darauf folgte dann der Gewinn des Weltpokals gegen Cruzeiro Belo Horizonte. Nach einem 2:0-Sieg im Hinspiel zuhause im Olympiastadion durch Tore von Gerd Müller und Jupp Kapellmann machten wir mit einem 0:0 im Rückspiel vor 120.000 Zuschauern in Brasilien kurz vor Weihnachten den Triumph perfekt.
Bester Kicker, mit dem du in einer Mannschaft zusammen gespielt hast....
Obwohl ich mit vielen Weltklassespielern zusammenspielen durfte, war das eindeutig Franz Beckenbauer. Der "Kaiser" war einfach ein einzigartiger und perfekter Fußballer. Er war ausgestattet mit einer unglaublichen Technik und einer Übersicht, die seinesgleichen sucht. Der Ball gehorchte ihm aufs Wort und da wo er ihn hinhaben wollte, landete er auch. Zudem hatte er auch einen Drang nach vorne und ordentlich Dynamik zum gegnerischen Tor, eine geniale Schusstechnik und trotz seiner eigentlich defensiven Position auch Torjägerqualitäten.
Bei welchem Verein hattest du als Aktiver deine schönste Zeit...
Ganz klar beim FC Bayern München, nicht zuletzt wegen meiner persönlichen Erfolge. Als junger Spieler hatte ich immer nur das eine große Ziel vor Augen, Fußballprofi zu werden. Es war nicht nur mein Traum, sondern meine feste Entschlossenheit und Bestreben, diese Vorstellung auch zu verwirklichen. Und so kam es auch. Ich wurde Profi und konnte mein Hobby zum Beruf machen. Wenn man fast täglich auf ganz große Stars des internationalen Fußballs wie Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Uli Hoeneß oder Sepp Maier trifft, ist das in der Tat ein unglaublich tolles Gefühl, aber auch eine Bestätigung dafür, dass der ganze Aufwand und Entbehrungen all die Mühe wert waren. Plötzlich auf der großen Bühne des Fußballs und im öffentlichen Rampenlicht zu stehen, ist mehr als überwältigend.

Fußballerisches Vorbild deiner Jugendzeit...
Franz Beckenbauer
Was nervt dich am heutigen Fußballgeschäft....
Die irrsinnigen Summen, die mittlerweile im Umlauf sind
Hast du irgendetwas in deiner Laufbahn bereut...
1976 hatte ich ein tolles Angebot von Schalke 04 und Werder Bremen und sogar eines aus den USA. Vor allem Letzteres würde ich heute sofort annehmen und wechseln.
Lieblings-Rückennummer...
5
Gibt es ein Spiel, das du nie vergessen wirst....
Da gibt es mehrere, aber eines davon hatte Seltenheitswert. Im Juni 1975 trugen wir ein Freundschaftsspiel in Brasilien gegen den FC Fluminense im ehrwürdigen Maracanastadion vor weit mehr als 100.000 Zuschauern aus. Dieses Spiel ging durch ein äußerst kurioses Eigentor von Gerd Müller, der den herauslaufenden Torhüter Sepp Maier mit einem Heber überloppte, mit 0:1 verloren.
Bester Trainer, den du hattest....
Dettmar Cramer. Er hat nach der Entlassung von Udo Lattek bei Bayern übernommen und war ein sehr kommunikativer Trainer. Manche Mannschaftsbesprechung dauerte sogar länger als das Training (lacht)
Sinnloseste Regel im Fußball....
Die Abseitsregel könnte überdacht werden, da es trotz Videobeweis immer wieder zu Fehlentscheidungen kommt.
Größte Enttäuschung deiner Karriere...
Das war 1976 im Spiel gegen Schalke 04. In der 86. Minute sah ich nach einem harmlosen Foul gegen Hannes Bongartz eine unberechtigte rote Karte. Wir haben zwar mit 7:1 gewonnen, allerdings war die folgende Sperre von sechs Spielen für meine weitere Fußballkarriere nicht besonders förderlich. Es war mein letztes Bundesligaspiel, da der neue Trainer Gyula Lorant danach nicht mehr auf mich setzte. Aber auch an das DFB-Pokal-Viertelfinale im Februar 1977 bei Hertha BSC Berlin erinnere ich mich nicht gern. Ich habe in der Verlängerung in der 95. Minute das 2:1 geschossen, am Ende haben wir aber 2:4 verloren. Das war ebenfalls ein bitterer Moment.

Lieblings-Fußballschuh...
Adidas Copa Mundial
Wo hast du auswärts nie gerne gespielt....
Für mich hat es nie einen Unterschied gemacht ob Heim- oder Auswärtsspiel




Zur Person:
Der aus dem TSV Nandlstadt (Landkreis Freising) hervorgegangene Josef Weiß verließ seinen Heimatverein im Alter von 16 Jahren zu den A-Junioren des FC Bayern München. 1974 rückte er aus der Amateurmannschaft zu den Profis auf, die gerade die dritte deutsche Meisterschaft in Folge sowie erstmals den Europapokal der Landesmeister gewonnen hatten. Im Februar 1975 feierte er an der Seite von Weltstars wie Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß oder Sepp Maier sein Bundesligadebüt und kam wenige Monate später auch im Landesmeister-Finale zum Einsatz. In den folgenden drei Jahren absolvierte der für seine wallende Haarpracht bekannte Weiß 37 Partien in der deutschen Beletage sowie deren fünf im Europapokal.

Sein letztes Spiel bestritt er beim 7:1-Heimsieg über den FC Schalke 04 im September 1977, bei dem er kurz vor Schluss die rote Karte sah und daraufhin nicht mehr berücksichtigt wurde. Im Sommer 1978 zog der gelernte Bankkaufmann weiter zum Zweitligisten FV Würzburg 04, den er nach zwei turbulenten Jahren mit mehreren Trainerwechseln und dem Abstieg dann jedoch in Richtung Ligakonkurrent SpVgg Bayreuth verließ. 1981 beendete Weiß seine Profilaufbahn und wechselte zum damaligen Bayernligisten FC Vilshofen. Gleich in seiner ersten Saison wurde er vom Kicker-Sportmagazin zum besten Spieler der Liga gewählt.

1985 trat der Defensivspezialist beim damaligen Landesligisten SV Winzer seine erste Station als Spielertrainer an. In selbiger Funktion fungierte er später noch beim TV Freyung, den er von der Bezirks- über die Bezirksober- bis in die Landesliga führte sowie der SpVgg Landshut. Nach einem Abstecher zum SK Altheim, der in der obersten Amateurliga Österreichs kickte, legte der mittlerweile in Vilshofen lebende Weiß 1998 seinen Spielerpass zur SpVgg Pleinting, für die er noch in den letzten Jahren hin und wieder in der Reserve auflief. Noch heute spielt der "Weiß Sepp" in diversen Benefizmannschaften, unter anderem dem FC Sternstunden.
Aufrufe: 028.5.2020, 14:00 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor