2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Die Landesklasse im Blick: Der 35-jährige Joe Jurchen peilt mit seinem Team den Aufstieg an. ©Michael Benk
Die Landesklasse im Blick: Der 35-jährige Joe Jurchen peilt mit seinem Team den Aufstieg an. ©Michael Benk

Im dritten Frühling

Joe Jurchen ist ein Vollblutfußballer, der von der Regionalliga bis zur Kreisoberliga alles kennt. Ein Porträt.

Joe Jurchen kann die Weihnachtstage entspannt erleben, familiär und sportlich. Der Kapitän des 1.FC Frankfurt II und Erzieher am Sportinternat ist zu Gast bei den Schwiegereltern und beim Schwager in der Nähe von Heilbronn und Sinsheim. Mit dabei sind seine Lebensgefährtin Nancy und die beiden Söhne Paul und Philipp.

Die Geschenke sind lange gepackt: Neben PC und Playstation gibt es für Paul ein Extra: ein Bayern-Trikot. Kein Wunder, der neunjährige Filius spielt bei den E-Junioren des 1.FCF, wird vom Papa trainiert und ist wie er ein Fan des deutschen Rekordmeisters. Der ältere Philipp (13) ist Sportschütze, frischer Siebtklässler an der Sportschule.

Auch sportlich gesehen kann sich der Vater Entspannung gönnen. "Unsere zweite Männermannschaft ist absolut im Soll, hat den Aufstieg in die Landesklasse noch fest im Blick", sagt Joe Jurchen. Der Kapitän des Kreisoberliga-Zweiten nennt das "Anspruch und Pflicht" mit Bezug auf die "Erste" als Oberliga-Aufsteiger. "Der gegenwärtige Abstand und damit das Niveau vier Klassen tiefer ist zu krass."

Zu Saisonbeginn deutete vieles auf einen "Durchmarsch" der Woltersdorfer hin, aber auch die zeigten zum Halbserien-Ende einige Schwächen. "Wir haben nach Umstellung auf die Viererkette mit nur 13 Gegentreffern in 14 Vergleichen die beste Defensive und nur drei Punkte Rückstand auf Woltersdorf", zieht Jurchen eine durchaus positive Zwischenbilanz der heimstarken Oderstädter. An den eigenen 46 Treffern hat der elfmal eingesetzte Frankfurter mit acht Toren und sechs Vorlagen seinen guten Anteil. Diese Liste in der Ostbrandenburgliga führt Stürmerkollege Miro Dorenburg souverän an (19).

Dennoch ärgert sich der 35-Jährige immer noch über das 2:3 nach 2:0-Führung gegen Lebus und über das unnötige 1:1 gegen Wiesenau. "Da ließen wir Punkte liegen, können die aber noch im Rückrunden-Heimspiel gegen Woltersdorf aufholen." Von größeren Schwankungen blieben die routinierten Oderstädter verschont, schafften hohe Siege gegen Storkow (6:1) und den FC Union (8:1). "Im Stadtderby waren wir gut drauf, hatten die bessere Tagesform und wollten den Sieg mehr als der Gegner", will der Schwarzschopf solche Resultate nicht überbewerten. "Zumal wir ja auch nur einen Punkt vor dem FC Union stehen", warnt er vor Selbstgefälligkeit.

Anteil an Konstanz- und Profilgewinn habe unter anderem der erfahrene Klaus Herpel, der im Herbst den Trainern Andre Lingk und Veit Seiring an die Seite gestellt wurde. Der 62-jährige Coach sei laut Jurchen "eine gute Ergänzung, der andere, neue Impulse setzt und viel Wert auf ordentliches Passspiel legt". Herpel selbst weiß, was er am Mannschaftsführer hat: "Alles geht über Joe. Er erlebt seinen zweiten oder gar dritten Frühling, ist der Leitwolf, ganz wichtig für das Team."

Jurchen hatte 1986 als Sechsjähriger beim damaligen FC Vorwärts unter Heinz Bielig mit dem Kicken angefangen. "Mein Gott, das sind im nächsten Jahr ja 30 Fussballahre", wundert er sich selbst. Beim Nachfolger FFC Viktoria durchlief er die weiteren Nachwuchs-Stationen, erlebte als A-Junior an der Seite von Lars Dingeldey, Stefan Ammer, Robert Fröhlich und Stefan Nopp unter der Trainer-Regie von Gerd Schuth die Regionalliga, hatte 114 Einsätze im ersten Männerteam. Und zwischendurch wurde er mit Tobias Fiebig und seinem guten Kumpel Nils Dochow auch einmal umgesetzt, für ein halbes Jahr ausgeliehen an den MSV Eintracht, mit dem Viktoria dann 2012 zum 1.FC Frankfurt fusionierte. "Ein Zeichen des guten Willens und Wollens zum Zusammenschluss", vermutet er.

Nur einmal hatte es ihn aus seiner Geburtsstadt verschlagen. "2007 zogen wir nach Kiel, weil meine Langzeitverlobte Nancy hier keinen Job fand", begründet Jurchen (spielte für den Verbandsligisten FC Kilia) den Wechsel. Nach gut zweieinhalb Jahren aber waren sie wieder zurück. Mittlerweile haben beide umgeschult: er vom Kfz-Mechatroniker zum Erzieher am Sportinternat, sie von der Kauffrau zur Erzieherin bei der Lebenshilfe. "Ich habe es ja durchweg mit jungen Fussballern, Handballerinnen, Boxern, Judoka, Ringern, Gewichthebern, Schützen und Radsportlern zu tun, ein cooler Job!", freut er sich.

Der Schichtdienst am Internat werde ordentlich "gesteuert", urteilt Jurchen. Dennoch kann er nicht bei jedem Training dabei sein, bei jedem Punktspiel am Wochenende schon. Arge Verletzungen wie Kreuzband- und Meniskusriss warfen ihn oft zurück. An einem Innenbandschaden leidet er schon länger, meidet deshalb auch das Hallenparkett wie jetzt das Benefizturnier des 1.FCF in der Brandenburghalle. "Aber solange die Knochen noch irgendwie halten, mache ich weiter."

Wenn am 20. Februar die Rückrunde mit der Partie in Altlandsberg beginnt, wird der Käpt'n wieder dabei sein. Warum er als Angreifer die Nummer 3 trägt, begründet er so: "Vollblutstürmer Blecki (gemeint ist der heutige stellvertretende FCF-Vorsitzende Thomas Bleck) hatte auch die Drei auf dem Rücken, das imponierte mir."

Aufrufe: 026.12.2015, 05:30 Uhr
MOZ.de / Hans EberhardAutor