2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
2015 war‘s – Michael Rieb (2. von links) mit Crew und Olaf Thon.	Foto: Rieb
2015 war‘s – Michael Rieb (2. von links) mit Crew und Olaf Thon. Foto: Rieb

»Ich kann ja nicht den Fernseher auspfeifen«

FANS: +++ Schalke 04 verliert 0:4 gegen den Erzrivalen Dortmund, ist abgeschlagenes Schlusslicht und lässt die Fans verzweifeln / Auch in Gießen / Ein Interview mit Michael Rieb +++

GIESSEN. Schalke 04 liegt stramm auf Champions League-Kurs. Das sagt die neueste Erhebung vom 1. Februar 2021. Platz zwei, unmittelbar vor Borussia Dortmund, nur abgehängt von Bayern München. Zumindest hier ist Schalke spitze – was die Mitgliederzahl betrifft. 155 000 Menschen sind Vereins-Schalker – die emotional mit den Königsblauen verbundenen Fußballfreunde dürften diese Zahl vervielfachen. Der FC Schalke 04, ein unbestritten großer Club, macht sich momentan sportlich denkbar klein, bis auf tasmanisches Niveau. Unterirdisch. Was macht das mit den Nerven der Schalke-Fans? Nach dem 0:4 gegen Borussia Dortmund wird es Zeit, mal nachzufragen. Bei Michael Rieb, der ist andauernder Dauerkartenbesitzer und war schon dabei, als die Gelsenkirchener noch im Parkstadion spielten – das ist über 20 Jahre her. Rieb, 53 Jahre jung, hat einen (roten) VW-Bus, dessen Heckscheibe die Arena ziert. Wie oft er damit schon „AufSchalke“ war? „Gefühlt habe ich 95 Prozent der Spiele im Stadion gesehen“, sagt der Gießener, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Wie er im Interview beweist.

Ein 0:4 gegen Borussia Dortmund bei der Mutter aller Derbys, fällt einem da noch was ein?

In dieser Saison fällt mir zu Schalke nur wenig ein. Aber alles andere als eine Niederlage wäre gegen die ... (das Schimpfwort ist der Redaktion bekannt) eine Überraschung gewesen. Wir brauchen derzeit Wunder. Gut, hoffen kann man immer, aber die Realität sieht momentan leider anders aus.

Wie erlebt ihr das, wo ihr doch nicht mal ins Stadion könnt?

Im Wohnzimmer auf der Couch. Ich gucke immer Schalke, nie Konferenz, auch wenn‘s hart ist. Seit wir nicht mehr ins Stadion dürfen, ist es natürlich nicht ganz so emotional und so laut, weil ich ja nicht meinen Fernseher auspfeifen kann. Bei einem 0:4 vor Zuschauern im Derby wäre es jedenfalls nicht ruhig geblieben.

Was läuft falsch?

Wir hatten gefühlt 25 Trainer und selbst der Stadionsprecher hätte es besser hinbekommen. Sie holen mit Hightech-Verträgen für viel Geld Spieler, die bei Schalke kontinuierlich schlechter werden. Als sei das Absicht. Es sind noch 36 Punkte zu vergeben und ich tippe, dass wir es nicht schaffen, Vorletzter zu werden. Manchmal fehlt das Quäntchen Glück, dann fällt die Führung für uns nicht und im Gegenzug kracht es. Wir haben unglaubliche Tore kassiert. Und dann kommt Huntelaar, was ein wirklich schöner Zug von ihm ist, um zu helfen. Aber der ist 152 Jahre alt. Ich finde seine Geste klasse, aber das passt alles nicht. Seit Jahren verkaufen wir herausragende Spieler, aber wo ist all das Geld geblieben? Wer Schalke-Fan ist, der hat ein stetes Auf und Ab. Jetzt ist es aber wirklich arg schlimm.

Die Hoffnung stirbt zuletzt?

Na ja, vielleicht ist es Zeit mal abzusteige, um dann alles von Grund auf anders zu machen. Es muss was passieren. Und in der 2. Liga gibt‘s ja auch schöne Stadien.

Aufrufe: 023.2.2021, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor