2024-05-10T08:19:16.237Z

Im Nachfassen
Zwei der stärksten Kieler: Marvin Ducksch (li.) und Dominick Drexler freuen sich über das zweite Tor. Foto: Hermann
Zwei der stärksten Kieler: Marvin Ducksch (li.) und Dominick Drexler freuen sich über das zweite Tor. Foto: Hermann

Bei 32 Grad läuft Holstein Kiels Motor auf Hochtouren

Schmidt: „Man sieht einfach Woche für Woche, dass wir große Qualität im Kader haben.“

Selbst Markus Anfang sehnte sich nach einer Dusche. „Das war ja schon draußen enorm heiß“, sagte der Holstein-Trainer nach der Pressekonferenz und zollte seinen Schützlingen Respekt für die trotz der hochsommerlichen Bedingungen gezeigte Leistung. „Hier waren zwölf Grad mehr als in den letzten Tagen in Kiel“, sagte Anfang.

„Das ist gar nicht so einfach, sich so schnell umzustellen. Ich habe den Jungs gesagt, dass sie möglichst viel trinken sollen. Basti (Physiotherapeut Süß, Anm. d. Red.) hat zudem noch einige Elektrolytgetränke gemixt.“

Und wie so viele Herausforderungen in letzter Zeit meisterten die Kieler auch die Hürde, mit den 32 Grad im (nicht vorhandenen) Schatten und der hohen Luftfeuchtigkeit umzugehen. „Bei solchen Temperaturen sind die ersten 10, 15 Minuten besonders wichtig“, erklärte Verteidiger Patrick Herrmann, „und da sind wir gleich gut reingekommen.“ Und so beendeten die „Störche“ gleich mal eine wichtige Debatte. „Endlich sind wir mal in Führung gegangen“, sagte Steven Lewerenz, nachdem die Kieler bislang in fünf Pflichtspielen nur beim wilden Schlagabtausch in Berlin (3:4) das erste Tor erzielt hatten. „Das war wichtig, denn hinterher zu rennen, wäre bei den Temperaturen schwierig geworden“, meinte Rafael Czichos.

Auch ansonsten gab es insbesondere an der ersten Hälfte der Kieler nur wenig zu mäkeln. „Ein super Spiel von uns“, hatte nicht nur Lewerenz gesehen. „Wir sind richtig gut ins Spiel gekommen, haben viele Chancen erspielt“, freute sich auch Anfang. „Nach dem zweiten Tor lag das dritte ja quasi in der Luft.“ Dass es nicht fiel, war der größte Kritikpunkt. „Über die Torausbeute darf man sich beschweren“, befand auch Lewerenz. „Wir hätten ja mindestens 4:1 oder 5:1 gewinnen müssen.“ Czichos nannte es „Chancenwucher“. Selbst Regensburgs Trainer Achim Beierlorzer erkannte an: „Das 1:2 entspricht nicht dem Spielverlauf. Wir haben uns beeindrucken lassen, aber der Gegner hat die Fehler auch erzwungen.“

Schließlich war es nicht einmal eine herausgespielte Möglichkeit, die den Jahn in ein Spiel zurück brachte, in dem die Gastgeber fast chancenlos waren. Anfang ärgerte sich anschließend in erster Linie über die Entstehung, als David Kinsombi im Mittelfeld „den Zidane machen wollte“, wie es der Trainer umschrieb, und in der Folge Czichos ein Foul begehen musste. Dieser Anflug von Nachlässig- oder Überheblichkeit war dann auch ein Teil von Anfangs Kabinenansprache.

Nicht im Fokus stand der letzte, der den Treffer hätte verhindern können. Kenneth Kronholm wusste, dass er „einen halben Schritt in die andere Richtung“ gemacht hatte und dann den an der Mauer vorbei geschossenen Ball zu spät sah. „Immerhin weiß ich, dass die Schützen ganz genau zielen müssen, wenn sie treffen wollen“, sagte der Keeper in Anspielung auf den gut geschossenen und mit Hilfe des Innenpfostens verwandelten Freistoß. Ein Ziel bleibt den Kielern folglich. „Es wird Zeit, dass die Null mal steht. Das war eigentlich auch heute das Ziel“, sagte Kronholm.

Anschlusstor für Regensburg: Marvin Knoll (weißes Trikot) zirkelt den Freistoß zum 1:2 in die Torwartecke. Foto: Nawe
Anschlusstor für Regensburg: Marvin Knoll (weißes Trikot) zirkelt den Freistoß zum 1:2 in die Torwartecke. Foto: Nawe
Vieles andere, über das man sich zu Beginn der Saison noch Sorgen machte, ist längst in den Hintergrund getreten. „Für viele war die 2. Liga Neuland. Wir gewöhnen uns von Woche zu Woche mehr daran und steigern uns von Spiel zu Spiel“, erklärte Dominik Schmidt, der nach Problemen in den beiden ersten Partien nun auch wieder der gewohnte Fels in der Kieler Defensive ist – übrigens trotz anhaltender Hüftprobleme, die keine Trainingsbelastung zuließen. „Ein Lob an unsere Ärzte und Physios, die enorm viel gearbeitet haben“, sagte Schmidt. „Ich habe im Spiel weniger gespürt als noch in der letzten Woche.“ Rund um den Innenverteidiger funktionierte die gesamte Defensive, die ganz vorne anfängt. „Unglaublich, was die Jungs da vorne laufen“, erkannte Schmidt an. Und sein Nebenmann Czichos stellte die Ballsicherheit der eigenen Vorderleute heraus. „Wenn der Ball erst einmal bei einem Drexler oder Mühling angekommen ist, wird es für jeden Gegner schwer.“

Mehr denn je stimmte am Sonnabend Schmidts klare Aussage: „Man sieht einfach Woche für Woche, dass wir große Qualität im Kader haben.“ In Regensburg beeindruckten die Kieler auch zahlreiche neutrale Beobachter. Doch Anfang bremste: „Wir müssen demütig bleiben.“ Immerhin war das Spiel, das den Trainer ein paar Nerven kostete, am Ende eines, das weitere positive Aspekte erbrachte. „Am Ende ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass wir mal so einen Vorsprung mit Kampf und Leidenschaft über die Zeit gebracht haben.“ Kiel sammelt Erfahrungen und Punkte gleichzeitig – die 2. Liga ist für Holstein derzeit einfach eine runde Sache.
Aufrufe: 029.8.2017, 18:00 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor