2024-05-02T16:12:49.858Z

Aufreger der Woche
Starker Zusammenhalt: Die Mannschaft des Hövelhofer SV hat durch ihren Verzicht auf viel Geld ein klares Zeichen für den Verein gesetzt. F: Heinemann
Starker Zusammenhalt: Die Mannschaft des Hövelhofer SV hat durch ihren Verzicht auf viel Geld ein klares Zeichen für den Verein gesetzt. F: Heinemann

"Das setzt dem Ganzen die Krone auf"

Mannschaft des Hövelhofer SV verzichtet ab sofort auf Geld und rettet somit den Spielbetrieb

Geld schießt Tore. Was im Profifußball schon seit Jahren knallharte Realität ist, macht auch vor dem Amateurfußball nicht halt. Bereits ab der Kreisliga zahlen die Vereine ihren Spielern teilweise fürstliche monatliche Gehälter und Prämien. Der Landesligist Hövelhofer SV zieht nun die Reißleine. Der entscheidende Antrieb dazu kam aus der Mannschaft selbst.

„Das Verhalten des Kaders ist in dieser Form absolut ungewöhnlich und setzt all dem, was wir seit über vier Monaten planen, die Krone auf“, kann Erol Bayram seine Freude über das Bekenntnis der HSV-Landesligamannschaft derzeit kaum in Worte fassen. Der langjährige Hövelhofer Jugendtrainer gehört zu der neuen Garde, die sich bei der Mitgliederversammlung am 2. Juni zum neuen Vorstand aufstellen lassen möchte. Der bisherige Vorsitzende Heinz Thieschnieder hat nach über 11 Jahren Tätigkeit sein Amt zur Verfügung gestellt. Um die Handlung der Mannschaft zu verstehen, muss man über zehn Jahre in die Vergangenheit des Sportvereins zurückgehen. 2004 stand der Hövelhofer SV, der einst in der Oberliga spielte, kurz vor der Insolvenz. Damals übernahmen Thieschnieder und Peter Spiegel als Geschäftsführer das Ruder und führten den HSV mit hohem persönlichem Einsatz zurück auf eine solide Basis. Mit einer „zunehmenden Amtsmüdigkeit“ begründete Thieschnieder schließlich seinen Abgang im September des vergangenen Jahres. Damals war er zuversichtlich, dass schnell ein neuer Vorstand gefunden werden könne. Doch der Prozess zog sich lange hin. Die eigentlich für den März anberaumte Mitgliederversammlung wurde auf den Juni verschoben. „Wir haben eine Zeitlang gebraucht, um uns einen Überblick über den Status quo zu verschaffen“, gibt Bayram heute zu. Was der 42-Jährige und seine künftigen Vorstandskollegen vorfanden, gab Anlass zur Sorge. Scheinbar war es dem alten Vorstand in den letzten zwei bis drei Jahren nicht mehr gelungen, die finanzielle Situation stabil zu halten. „Sponsoren brachen weg, wodurch die Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Dazu fehlten wichtige Investitionen in die Infrastruktur und den Nachwuchs, wodurch uns immer wieder gute junge Spieler verließen“, erklärt Bayram die sich langsam aber stetig weiter nach unten drehende Abwärtsspirale. „Die Hauptkosten verursacht natürlich die Landesligamannschaft. Das ist nirgendwo anders. Sie war in den vergangenen Jahren mit allen Mitteln in überkreislichen Ligen gehalten worden. Den Weg konnten wir mit Blick auf den Gesamtverein nicht mehr tragen“, betont Bayram. Der neue Vorstand rief die Mannschaft am vergangenen Dienstag zusammen und erklärte ihr die Situation. Das Budget reiche schon nicht mehr aus, um die Gehalts- und Prämienabsprachen für die aktuelle Saison zu stemmen. Für die neue Saison drohe gar die Abmeldung aus der Landesliga. „Wir hätten das gemacht“, stellt Bayram klar. Doch zur Überraschung aller reagiert das Team anders als schon oft erlebt. Der Landesligakader verzichteten geschlossen auf sämtliche noch ausstehende Zahlungen und wird auch in der kommenden Saison ohne Grundgehalt und Prämien antreten. „Das ist ein enormer Charakterzug und Zusammenhalt, der weit über den Fußball hinausgeht. Es gibt genug andere Beispiele, in denen Teams nach solch einer Meldung auseinandergefallen sind“, ist auch HSV-Trainer Marc Kespohl von der Reaktion seiner Spieler beeindruckt. Da sich auch die bislang bekannten Neuzugänge, laut Bayram, auf das neue HSV-Modell eingelassen haben, schwimmen die Hövelhofer sportlich wohl auch in der kommenden Spielzeit in ruhigem Fahrwasser. Selbst bei einem noch möglichen Aufstieg in die Westfalenliga würde sich beim aktuellen Tabellendritten nichts am Vorgehen ändern.
„Die erste Mannschaft war allerdings nur der Anfang, um in den nächsten zwei, drei Jahren wieder handlungsfähiger zu werden. Weitere Schritte schieben wir gerade an“, sagt Bayram. So sollen die durch den Verzicht der ersten Mannschaft freiwerdenden Gelder in die Schuldentilgung und die Infrastruktur an den Sportplätzen Waldkampfbahn und Grüner Weg gesteckt werden. Die Sponsorenakquise wird zudem wieder aufgenommen. Gleichzeitig „werden wir stark auf die Nachwuchsförderung schauen. Das heißt, Jugendmannschaften bis zur A-Jugend aufbauen, qualifizierte Trainer einstellen und eine höhere Durchlässigkeit zu den Senioren erreichen. Auch ein Sportfest im August, ist in Planung“, verspricht Bayram. Schon jetzt sei spürbar, dass „hier wieder etwas zusammen wächst.“ Gemeinsam mit Bayram treten auf der Jahreshauptversammlung am 2. Juni unter anderem Peter Spiegel als erster Vorsitzender, Jörg Stölten als sein Stellvertreter und der bisherige Jugendobmann Jürgen Athens als Geschäftsführer an. „Der HSV wird wieder ein lebendiger Verein mit vielen engagierten Menschen werden“, ist sich Bayram sicher.

Aufrufe: 028.5.2015, 16:31 Uhr
Mark HeinemannAutor