2024-06-06T14:35:26.441Z

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– Foto: Sascha Köppen

"Von Re­bel­li­on kann kei­ne Re­de sein"

Peter Frymuth, FVN-Vorsitzender und Vi­ze-Prä­si­dent des DFB, über Är­ger von Ver­ei­nen in der 3. Li­ga und fi­nan­zi­el­le Be­las­tun­gen durch Co­ro­na.

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Nach der ers­ten und der zwei­ten Bun­des­li­ga be­rei­tet sich nun auch die drit­te Fuß­ball­li­ga auf ei­nen Neu­start vor. Das Stim­mungs­bild, was die Rück­kehr zum Spiel­be­trieb be­trifft, ist ex­trem ge­spal­ten. Pe­ter Fry­muth ist als Vi­ze-Prä­si­dent des DFB für die Spiel­klas­se zu­stän­dig. Er ist auch Auf­sichts­rats­mit­glied von For­tu­na Düs­sel­dorf.
Herr Fry­muth, ha­ben Sie Angst vor ei­ner Re­bel­li­on ge­gen den DFB in der 3. Li­ga?

FRY­MUTH Mo­ment. Ei­ne Re­bel­li­on wür­de ei­ne si­gni­fi­kan­te Mehr­heit vor­aus­set­zen. Da­von kann hier kei­ne Re­de sein. Es wird teil­wei­se ein völ­lig fal­sches Bild ver­mit­telt. Der Aus­schuss 3. Li­ga hat die kla­re Emp­feh­lung aus­ge­spro­chen, den Spiel­be­trieb – so­bald er­laubt – wie­der­auf­zu­neh­men. Die Mehr­heit der Ver­ei­ne ar­bei­tet kon­zen­triert dar­auf hin. Wir ma­chen nichts, weil wir es un­be­dingt wol­len. Un­se­re Auf­ga­be als Li­ga­trä­ger ist es, die Sai­son sport­lich zu En­de zu brin­gen. Es gibt Ver­pflich­tun­gen für Ver­band und Klubs, un­ter an­de­rem im Rah­men der Zen­tral­ver­mark­tung.

Der DFB drängt dar­auf, die Sai­son zu En­de zu spie­len. Ei­ni­ge Ver­ei­ne wol­len das nicht und weh­ren sich öf­fent­lich.

FRY­MUTH Es sind ei­ni­ge Ver­ei­ne, ja. Aber es ist bei Wei­tem nicht die Mehr­heit. Auch das ak­tu­el­le Ta­bel­len­bild spielt in den ein­zel­nen Be­trach­tun­gen si­cher ei­ne Rol­le. Wir müs­sen die In­ter­es­sen von al­len im Blick be­hal­ten. Wich­tig ist, dass al­le lö­sungs­ori­en­tiert den­ken, we­ni­ger pro­blem­ori­en­tiert. Ge­ra­de die lau­tes­ten Kri­ti­ker sind an­ge­hal­ten, ih­re kon­kre­ten Al­ter­na­ti­ven auf­zu­zei­gen. Der FC Carl Zeiss Je­na hat da­zu heu­te in ei­nem of­fe­nen Brief ei­nen An­fang ge­macht. Ein sol­ches Vor­ge­hen be­grü­ßen wir.

Rei­ner Ha­seloff, Mi­nis­ter­prä­si­dent von Sach­sen-An­halt, hat un­längst dar­über ge­klagt, es sei un­er­träg­lich, wie viel Druck der DFB auf Po­li­tik und Ver­ei­ne aus­übe. In dem Bun­des­land darf bis zum 27. Mai kein Wett­kampf­sport und da­mit auch kein Trai­ning statt­fin­den. Kön­nen Sie sei­nen Är­ger ver­ste­hen?

FRY­MUTH Wir müs­sen sei­ne Äu­ße­run­gen ernst neh­men, aber rich­tig nach­voll­zie­hen kann ich sie nicht. Ich war nicht bei den Ge­sprä­chen da­bei, aber ich kann mir nicht vor­stel­len, dass DFB-Prä­si­dent Fritz Kel­ler und Ge­ne­ral­se­kre­tär Fried­rich Cur­ti­us Druck aus­ge­übt ha­ben. Das ha­ben bei­de auch deut­lich ge­macht. Sie ha­ben über mög­li­che Sze­na­ri­en in­for­miert. Die Kon­se­quen­zen aus dem wei­te­ren Vor­ge­hen sind er­heb­lich. Sie sind den Ver­ei­nen auch schon län­ger be­kannt.

Emp­fin­den Sie es nicht als un­ge­recht, dass die Klubs aus Hal­le und Mag­de­burg sich der­zeit über­haupt nicht auf ei­ne Fort­set­zung der Sai­son vor­be­rei­ten kön­nen, der KFC Uer­din­gen in NRW da­ge­gen schon wie­der flei­ßig trai­nie­ren darf?

FRY­MUTH Es gibt ei­nen Aus­schuss 3. Li­ga. Der ist da­für da, die In­ter­es­sens­la­ge von al­len Be­tei­lig­ten ein­zu­sam­meln. Bis­her ist noch kein of­fi­zi­el­ler Vor­schlag aus Sach­sen-An­halt ein­ge­gan­gen. Wie wür­de es nach ei­nem selbst ge­wähl­ten Ab­bruch wei­ter­ge­hen? Klar ist: In der Co­ro­na-Kri­se kann es die Lö­sung, die al­len ge­recht wird, nicht ge­ben. Da gibt es na­tür­lich Här­te­fäl­le, üb­ri­gens nicht nur im Fuß­ball.

Sie wol­len es al­so ir­gend­wie zu En­de spie­len.

FRY­MUTH Prio­ri­tät hat die Ge­sund­heit. Die Ent­schei­dung dar­über tref­fen die Po­li­tik und die Ge­sund­heits­be­hör­den, sie ge­ben den Rah­men mit ih­rer Ex­per­ti­se vor. Wir hof­fen von dort auf ein bal­di­ges, über­ge­ord­ne­tes Si­gnal, ob die 3. Li­ga den Spiel­be­trieb wie­der­auf­neh­men kann. Der DFB ist sta­tua­risch und per Zu­las­sungs­ver­trag in der Pflicht, Spiel­be­trieb an­zu­bie­ten und ei­ne sport­li­che Lö­sung zu rea­li­sie­ren. Wür­de nicht wei­ter­ge­spielt wer­den kön­nen, hät­te das er­heb­li­che Aus­wir­kun­gen.

Die 3. Li­ga geht in ihr zwölf­tes Jahr als Spiel­klas­se. Ist es die här­tes­te Be­wäh­rungs­pro­be für das Kon­strukt?

FRY­MUTH Ja.

Vie­le Klubs äch­zen seit Jah­ren un­ter fi­nan­zi­el­len Be­las­tun­gen. Fürch­ten Sie, dass ei­ni­ge in der nächs­ten Sai­son nicht mehr da­bei sind?

FRY­MUTH Ak­tu­ell ha­ben wir da­für kei­ne kon­kre­ten An­zei­chen. Die Rah­men­be­din­gun­gen sind nicht ein­fach. Da­her wur­de auch das Zu­las­sungs­ver­fah­ren ge­lo­ckert. Aus wirt­schaft­li­chen Grün­den wird es kei­ne Zu­las­sungs­ver­wei­ge­run­gen ge­ben.

Könn­te der DFB zur Not ein­sprin­gen und be­son­ders klam­me Klubs un­ter­stüt­zen?

FRY­MUTH Das ist al­lei­ne aus recht­li­chen Grün­den nicht mög­lich. Der DFB darf Klubs im wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb nicht di­rekt be­zu­schus­sen. Der DFB nimmt die Zen­tral­ver­mark­tung für die 3. Li­ga vor, die­se Ein­nah­men wer­den an die 20 Klubs aus­ge­schüt­tet. Das sind mehr als 20 Mil­lio­nen Eu­ro pro Sai­son. Hin­zu kom­men knapp drei Mil­lio­nen Eu­ro aus dem Nach­wuchs­för­der­topf. Die Kas­sen beim DFB sind auf­grund der Co­ro­na-Kri­se oh­ne­hin nicht prall ge­füllt. Bis En­de Sep­tem­ber wird der Ver­band oh­ne Län­der­spie­le Ver­lus­te von rund 55 Mil­lio­nen Eu­ro ma­chen. Wir al­le müs­sen den Gür­tel en­ger schnal­len.

Muss es im Fuß­ball noch mehr So­li­da­ri­tät zwi­schen den Gro­ßen und Klei­nen ge­ben?

FRY­MUTH So­li­da­ri­tät ist wich­ti­ger denn je. Es gab vie­le gu­te Si­gna­le. Die vier deut­schen Ver­tre­ter in der Cham­pi­ons Le­ague ha­ben 7,5 Mil­lio­nen Eu­ro zur Un­ter­stüt­zung der Frau­en-Bun­des­li­ga und der 3. Li­ga zur Ver­fü­gung ge­stellt. Doch So­li­da­ri­tät muss auch in­ner­halb der 3. Li­ga gel­ten. Durch das öf­fent­li­che Auf­tre­ten von ei­ni­gen Ver­tre­tern läuft man Ge­fahr, schwe­ren Scha­den an­zu­rich­ten.

Glau­ben Sie, dass die Bun­des­li­ga zu En­de ge­spielt wer­den kann?

FRY­MUTH Ich hof­fe es sehr.

War­um wird der Fuß­ball in die­sen Ta­gen so kri­tisch be­äugt?

FRY­MUTH Der Nähr­bo­den da­für ist schon in der Zeit vor Co­ro­na ent­stan­den. Das hat mit ver­schie­de­nen Aus­wüch­sen in der Bran­che zu tun. Der Fuß­ball ist in ei­ne Rich­tung ge­gan­gen, die sich im­mer wei­ter von den Fans ent­fernt hat. Wir müs­sen das al­les auf­ar­bei­ten und ver­nünf­ti­ge Schlüs­se zie­hen.

In­fo: 1,5 Mil­lio­nen Eu­ro von Li­ga für Ama­teu­re

Un­ter­stüt­zung Die Deut­sche Fuß­ball Li­ga (DFL) un­ter­stützt die Re­gio­nal- und Lan­des­ver­bän­de des DFB mit ei­ner Zah­lung von bis zu 1,5 Mil­lio­nen Eu­ro. Ei­ne frei­wil­li­ge Zah­lung, um Ama­teur­ver­ei­ne zu un­ter­stüt­zen.

Aufrufe: 015.5.2020, 23:00 Uhr
RP / Gianni CostaAutor