2024-05-02T16:12:49.858Z

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Gefürchtet waren die Flankenläufe von Manne Größler (links). In der Saison 73/74 bekommen dies die Augsburger um Helmut Haller zu spüren, die sich auf der Jakobshöhe nach einem 3:0 noch mit einem 3:3 begnügen müssen. Foto: Archiv Nordayerischer Kurier
Gefürchtet waren die Flankenläufe von Manne Größler (links). In der Saison 73/74 bekommen dies die Augsburger um Helmut Haller zu spüren, die sich auf der Jakobshöhe nach einem 3:0 noch mit einem 3:3 begnügen müssen. Foto: Archiv Nordayerischer Kurier

Geburtstagskind Größler: "Ich bereue nichts"

Ewige Liebe SpVgg Bayreuth: Darum gab der jetzt 70-jährige Manne Größler dem FC Bayern München einen Korb

Eine Bayreuther Legende wird heute 70 Jahre alt. Dabei gründet sich die Popularität von Manfred Größler nicht nur auf seinen sportlichen Erfolgen und seinem bescheidenen Wesen, sondern auch auf seiner Nibelungentreue zur Stadt und zur SpVgg. Ausgerechnet an seinem Ehrentag gibt nun das Team seine Visitenkarte in Bayreuth ab, das den ehemaligen Altstädter Torjäger heftig umwarb – sich aber dann doch einen Korb einfing. Wie damals im Sommer 1969 soll Bayern München auch heute nichts zu lachen haben.

„Ich wünsche mir nichts mehr an meinem Geburtstag, als dass wir die Bayern weghauen“, sagt die lebende Bayreuther Fußballlegende, die auch heute noch bei jedem Spiel ihrer Gelb-Schwarzen mitfiebert und natürlich am besten weiß, wie gut Punkte in der momentan prekären Situation tun.

Manfred Größler, in Bayreuth nur Manne genannt, ist Ehrenspielführer, Rekordtorschützenkönig und Idol der SpVgg. Nebenbei ist er Namensgeber des Altstädter Stadionmagazins „manne“ und steht wie kein Zweiter für die großen Bayreuther Fußballzeiten – als es die Altstadt mit Teams wie dem FC Augsburg, 1860 München, Karlsruher SC – oder eben Bayern München – aufnimmt. Und der langjährige Altstädter Kapitäns und Torjäger weiß, wie man die damals schon übermächtigen Münchner knackt. Einmal düpiert der Rechtsaußen Torwart-Legende Sepp Maier mit einem satten 25-Meter-Schuss in den Winkel. „Nur geschaut“ habe der Rückhalt der Bayern, „als ich ihm den Ball aus 25 Metern in den Winkel gezimmert habe.“ Das Freundschaftsspiel gewinnen die Altstädter mit 2:1.

Genauso wie die unvergessene Partie in der dritten Hauptrunde des DFB-Pokals im Jahr 1980, als die Bayreuther das Starensemble von Trainer Pal Csernai auf schneebedecktem Boden im städtischen Stadion mit 1:0 abblitzen lassen. Breitner, Rummenigge und Co. lamentieren über irreguläre Verhältnisse, was von Altstadt-Coach Heinz Elzner im Aktuellen Sportstudio trocken gekontert wird. Das Zurechtkommen mit solchen Platzverhältnissen, sagt der der Trainer bei TV-Moderator Dieter Kürten, dürfe man wohl eher von den routinierten Bayern erwarten.

Als den Altstädtern dieses Husarenstück gelingt, ist Größler schon im gesetzten Fußballeralter, zweieinhalb Jahre sind es noch, bis er die Fußballstiefel an den Nagel hängt. „Dieses Pokalspiel war natürlich noch einmal ein herausragendes Ding“, erinnert er sich gerne an den Sieg über den Liga-Krösus zurück, dessen Trikot er selbst fast übergestreift hätte. „Mit Bayern habe ich immer ein bisschen geliebäugelt“, sagt er und weiß doch selbst am besten, dass das leicht untertrieben ist. Die Bayern haben ihn Mitte der 60er Jahre längst auf dem Zettel. Eigentlich schon seit der Zeit, als er mit Bomber Gerd Müller in der bayerischen Jugendauswahl steht. Im Januar 1969 erliegt Größler scheinbar dem Werben von Bayern-Manager Robert Schwan, er unterschreibt einen Vorvertrag.

An die Isar wechseln wird Größler im darauffolgenden Sommer trotzdem nicht. „Die Meisterschaft und der Aufstieg in die Regionalliga Süd haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Die damalige Euphorie in Bayreuth, der Zusammenhalt der jungen Truppe, die Überredungskünste der Kameraden und Vereinsverantwortlichen, aber auch der sichere Job bei der BAT als Betriebshandwerker tragen ihren Teil dazu bei, dass der Vorvertrag nie erfüllt wird. Selbst der im Sommer neu verpflichtete Bayern-Trainer Udo Lattek, den Manfred Größler schon in der Amateur-Nationalmannschaft schätzen gelernt hatte, schafft es nicht mehr, ihn umzustimmen. „Udo Lattek hat mir einmal gesagt, Du musst wechseln, dann schaffst Du es in die Nationalmannschaft.“ Mit der Absage an Bayern entscheidet sich Größler für einen anderen Weg, als ihn Gerd Müller beschreitet, der vom beschaulichen Nördlingen nach München wechselt und eine Weltkarriere startet. „Ich bin halt geblieben“, sagt das Geburtstagskind ohne einen Funken Wehmut. Ob er es heute wieder genauso machen würde? Größler hält kurz inne, seufzt und sagt: „In der heutigen Zeit wäre ich wohl gewechselt – wegen der Perspektiven und natürlich auch wegen der Verdienstmöglichkeiten. Damals aber war die Sache anders. Und jetzt im Nachhinein muss ich sagen: Ich bereue nichts.“

Geburtstagskind Manfred Grössler UND…

… seine fußballerischen Anfänge: Manfred Größler ist kein „gebürtiger“ Altstädter Fußballer. Seine ersten Gehversuche unternimmt er 1950 im Alter von sechs Jahren beim VfR Bayreuth. Er kickt dort, auf dem Areal der damaligen amerikanischen Kaserne unweit der Ludwig-Thoma-Straße, auf einem Geläuf, das mit teils faustgroßen Steinen übersät ist. 1954 wechselt er zu Tuspo Bayreuth, wo zwei seiner Schwestern Handball spielen. Dort trifft er auch auf seinen späteren Freund und kongenialen Partner aus späteren Altstädter Zeiten, Wolfgang Breuer, genannt Bobby. Auch er wurde kürzlich 70 Jahre alt. Nach einem Umzug in die Nähe des heutigen Menzelplatzes werden die Späher der SpVgg Bayreuth auf das Talent aufmerksam und überreden ihn 1956 zu einem Wechsel. Sein Debüt gibt er „als ganz schmächtiger Kerl“ und nur mit einer Sondergenehmigung ausgestattet in der Saison 1962/63, nachdem sich sein Idol und späterer Trainer Fritz Semmelmann eine schwere Verletzung zugezogen hatte. Jugendspieler Größler muss ran, ihm gelingt ein Einstand nach Maß: Beim Derbysieg gegen den FC Bayreuth markiert er das entscheidende Tor.

... seine schwärzeste sportliche Stunde: Als Manfred Größler seine Fußballschuhe 1982 endgültig an den Nagel hängt, hat er 837 Spiele für die Altstadt absolviert, alleine 263 davon in der Zweiten Liga – und hier 76 Mal ins Schwarze getroffen. Wie viele Tore er insgesamt für die Gelb-Schwarzen geschossen hat? „Wohl so um die 1000“, schätzt der Jubilar. Freilich schien aber auch für ihn nicht immer nur die Sonne – Misserfolge, Abstiege, finanzielle Turbulenzen des Vereins hat auch er zur Genüge miterlebt. Die schwärzeste und für ihn prägendste Stunde, die auch ganz Fußball-Bayreuth noch in Erinnerung hat, ist freilich der zweite Platz in der 2. Bundesliga Süd im Jahr 1979 mit den Aufstiegsspielen zur Ersten Bundesliga. „Eigentlich ist das ja zunächst einmal ein Höhepunkt, sagt Größler nachdenklich und schiebt dann hinterher: „Aber auch eine meiner schwärzesten Stunden.“ Nachdem die Altstädter im mit mehr als 22 000 Zuschauern ausverkauften Städtischen Stadion gegen Bayer Uerdingen nicht über 1:1 hinausgekommen waren, verpassten sie den ganz großen Coup im Rückspiel. Sie unterlagen den Mannen um Friedhelm Funkel mit 1:2. Während die Bayreuther Anhängerschaft Schiedsrichter Walter Horstmann („Der war wirklich ganz schön schlecht, hat uns zwei klare Elfmeter verweigert“) als Wurzel allen Übels identifizierte, hat Größler einen zweiten Erklärungsansatz für die Pleite auf Lager: „Wir waren damals einfach auch schon ein bisschen alt.“ In der Tat war er damals schon 34 Jahre, Regisseur Bobby Breuer sogar schon 35 Jahre alt.

... die SpVgg Bayreuth heute: „Größte Hochachtung“ hat der Jubilar vor dem, was die Vereinsführung um Wolfgang Gruber und Mathias Fleischmann heute leistet. Insbesondere die Abwendung der drohenden Insolvenz verdiene höchsten Respekt, sagt Größler, der selbst auch einmal der Vorstandschaft angehörte. Um die Jahrtausendwende war er Stellvertreter von Präsident Heinz Wicklein. Was er vom aktuellen Team hält? „Eine gute Truppe mit genug Potenzial“, sagt Größler, man müsse ihr aber Zeit geben. Eine Rückkehr, zumindest in die Dritte Liga, hält er durchaus für möglich, „wenn diese Vereinsführung weiter macht“. Er selbst ist heute nur noch Anhänger, versucht aber bei jedem Heimspiel dabei zu sein. Mit einigen seiner ehemaligen Weggefährten trifft er sich einmal im Monat zum Grillen, zu einer kleinen Wanderung oder zum Plaudern. Uwe Sommerer gehört zu diesem Kreis, natürlich auch Herbert Horn, mit dem er 15 Jahre zusammen gespielt hat. Und auch Achim Jobst und der ehemalige Masseur Walter Sewzik sind dabei. Kicken ist nicht mehr möglich, obwohl es schon noch kribbelt. „Ich hab’ seit vier Jahren eine künstliche Hüfte drin“, sagt Größler.

Stimmen zu Größler

Wolfgang Gruber, Vorsitzender der SpVgg: Manfred Größler verkörpert das, was unsere SpVgg so besonders macht. Es ist die Kombination aus Leistungssport, Heimatverbundenheit und Tradition, die im Sport heute nur noch selten anzutreffen ist. Obwohl Manne auch zu seiner Zeit viele Angebote hatte, in die Welt zu ziehen, war er mit seinem Verein so verbunden, dass es für ihn schlichtweg nicht vorstellbar war, die Altstadt zu verlassen. Eine solche Bindung hält dann auch nach der Aktivenzeit an. Manne Größler ist das Sportidol in unserem Verein, der durch Männer wie ihn zu einem besonderen Verein geworden ist.

Thomas Ledwolorz, langjähriger Altstädter Anhänger: Manne Größler war für mich immer ein Idol. Der Altstädter schlechthin. Als ich zwölf Jahre alt war, habe ich für den Glenkn Heiner Bier auf der Jakobshöhe verkauft. Da hat mir der Manne bei einem Spiel einmal mit der Hand über den Kopf gestrichen – ein absolutes Gänsehaut-Erlebnis. Ich wollte mir wochenlang die Harre nicht mehr waschen. Ich hoffe, dass er weiter fit und uns noch lange erhalten bleibt.

Christian Höreth, Geschäftsführer der SpVgg: Egal was passiert, wieviele Leute dem Verein in schlechten Zeiten den Rücken kehren, ich werde mich niemals abwenden. Und das liegt einzig und allein an Manne Größler. Ich habe während meiner Zeit als Radio-Moderator so viele herausragende Sportler kennengelernt, unter anderem Boris Becker, Uli Hoeneß oder Mehmet Scholl. Aber in puncto Bodenständigkeit, Ausstrahlung und Herzlichkeit kann ihm keiner das Wasser reichen. Er ist für mich der allergrößte Sportler.

Florian Ascherl (aktueller Kapitän der SpVgg Bayreuth): Manfred Größler ist die personifizierte Altstadt. Sein Name ist untrennbar mit dem Verein verbunden. Ich war zu seiner Glanzzeit ja noch gar nicht auf der Welt, aber mein Vater hat mir viel von ihm erzählt. Und so weiß ich natürlich auch von seinem Angebot von den Bayern und all seinen Toren, die für immer unvergesslich bleiben werden. Ich kann nur versprechen, dass wir gegen Bayern II alles raushauen werden, um ihm seinen Geburtstagswunsch zu erfüllen.

Jörg Pötzinger, Co-Trainer der SpVgg Bayreuth: Er hat natürlich einen unglaublichen Stellenwert für unseren Verein. Egal wo Du hinkommst, egal wie alt die Fußballer sind, jeder kennt Manfred Größler. Er war sicherlich der beste Fußballer, den Bayreuth je hatte. Dass er bei seiner Klasse dem Verein immer die Treue gehalten hat und später auch im Vorstand mit eingegriffen hat, ist aller Ehren wert.

Mathias Fleischmann, Aufsichtsratsvorsitzender der SpVgg: Manne Größler ist eine Legende, weil er das verkörpert, was die SpVgg Bayreuth ausmacht: Er ist ein fleißiger Arbeiter, immer bodenständig, immer nah dran am Verein und der Altstadt immer treu geblieben. Er ist der typische Bayreuther Sportler – und das im allerpositivsten Sinn.

Aufrufe: 03.10.2014, 12:47 Uhr
Stefan Wolfrum/ NKAutor