2024-05-02T16:12:49.858Z

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Kehrt dem Nachwuchsleistungszentrum den Rücken: Wehmütig blickt Stefan Hofmann seinem Abschied vom Bruchweg entgegen.
Kehrt dem Nachwuchsleistungszentrum den Rücken: Wehmütig blickt Stefan Hofmann seinem Abschied vom Bruchweg entgegen.

Huth auf dem Zaun? "Macht mich stolz."

Stefan Hofmann hört als sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des 1. FSV Mainz 05 nach elf erfolgreichen Jahren am Bruchweg auf

MAINZ. Als Mario Götze beim WM-Finale 2014 den Ball zum titelbringenden Treffer im argentinischen Kasten versenkte, ging Stefan Hofmann das Herz auf. Nicht etwa, weil das deutsche Fußball-Nationalteam die Nummer eins der Welt wurde. Nein. Vielmehr, weil der, der Götze per maßgeschneiderter Flanke bedient hatte, André Schürrle war. Ein Mainzer Eigengewächs. Eines von vielen, die in Hofmanns Jahren als sportlicher Leiter des Mainz-05-Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) den Sprung in den Profibereich geschafft haben. Mit Daniel Davari, Roman Neustädter, Stefan Bell oder jüngst Jannik Huth, nennt Hofmann nur eine kleine Auswahl. „All diese Spieler habe ich direkt oder indirekt begleitet, das gibt dir schon ein schönes Gefühl.“

Hofmann spricht bereits in der Vergangenheitsform. Denn nach dieser Saison, nach elf Jahren im Amt, baut er seine Zelte am Bruchweg ab. Zum 30. Juni wird er sein gläsernes Büro mit Blick auf den Rasenplatz hinter dem Stadion räumen. Einer der beiden Macher des Mainzer Nachwuchsleistungszentrums – neben Volker Kersting – geht damit von Bord.

Wechsel von der Seitenlinie an den Schreibtisch

„Ich hatte da großen Bock drauf“, erinnert sich der 53-Jährige an die Anfänge 2006, „der Ausgangspunkt war großes Interesse.“ Im Zuge der DFB-Nachwuchsreform baute er das Leistungszentrum kontinuierlich mit auf. Der Schreibtisch statt Seitenlinie war der Arbeitsort für den vormaligen Trainer von Hassia Bingen und Eintracht Kreuznach. „Hier siehst du, wie die Rädchen zusammenlaufen“, führt er aus. Ein großes Rad, das stetig wuchs und mittlerweile zu den glänzendsten in der Republik gehört. Woran Hofmann großen Anteil hat. „In der Position kannst du mehr gestalten als ein Trainer“, berichtet der 53-Jährige. Insgesamt viermal sprang Hofmann in den 12 Jahren noch als Interimscoach bei der U 19 oder U 17 ein. „2011 hat es mich extrem gejuckt, noch mal Trainer zu sein.“

Auf dem Papier hat er derzeit noch eine halbe Stelle beim rheinland-pfälzischen Bildungsministerium, eine halbe beim NLZ. De facto nahm die Arbeit bei den 05ern einiges mehr an Zeit in Anspruch, inklusive vieler Wochenenden. Der Aufwand war ihm das Projekt wert. „Hier konnte ich meine Ideen verwirklichen, mein fußballerisches Know-how einbringen“, begründet Hofmann. Dabei habe er wie das NLZ enorm von drei außergewöhnlichen Cheftrainern profitiert: Wolfgang Frank, Jürgen Klopp und Thomas Tuchel waren Querdenker, „die den Fußball in ganz Deutschland geprägt haben.“ Ohne sie stünde der 05-Nachwuchs heute nicht da, wo er ist. „Aus ihrem Gedankengut wurde der Mainzer Fußball entwickelt.“ Eine glückliche Fügung.

Mit zu Hofmanns Aufgaben gehörte, um die Gunst von Talenten zu buhlen. Führungen von Eltern samt talentiertem Sprössling waren Schlüsselmomente, und in den Logen hoch über dem Rasen des Bruchwegstadions war eine gute Portion Überzeugungsarbeit gefragt. „Heute ist das ein Kampf mit ungleichen Waffen“, berichtet Hofmann mit Blick auf wesentlich finanzstärkere Kontrahenten wie Bayern München oder die TSG Hoffenheim. „Früher war der Einfluss direkter“, erläutert er. Zum einen, weil Konkurrenz meist nur regional bestand. Mittlerweile pokern nationale Akteure wie Wolfsburg oder RB Leipzig mit. Zum anderen habe heutzutage jeder Kicker, der mal in eine DFB-Auswahl eingeladen wurde, einen Berater. Auch jene Veränderungen könnten zu seiner schwindenden Motivation beigetragen haben, vermutet Hofmann.

Abschied eine reine Bauchentscheidung

Denn die ist der Grund, warum er das NLZ nun verlässt. Der Job erfordere 100 bis 120 Prozent Einsatz und „extreme Motivation“. Sie bröckelte zuletzt, stellte Hofmann Anfang des Jahres fest. Der Entschluss – eine reine Bauchentscheidung. Mit dem Status quo des Vereins, Umstrukturierungen in der Führungsebene, dem neuen Management, habe sie rein gar nichts zu tun. Unter der Führung Heidels und Strutz‘ hatten er und Kersting „sehr viel Freiraum“. Rouven Schröder als neuer Sportdirektor lebe das genauso weiter. „Er lässt das, was gut läuft, einfach laufen und ist angenehm wertschätzend“, gibt Hofmann preis, „mir hat es leidgetan, ihm das zu verkünden.“

Und auch bei ihm selbst macht sich Wehmut breit. Weil es sein Traumjob war. „Für mich war das was Herrliches, junge Leute zu begleiten, ihre Träume zu verwirklichen“, schildert der 53-Jährige. In irgendeiner Form werde er dem Verein erhalten bleiben. Zunächst, um seinen Nachfolger einzuarbeiten. „Dann habe ich aber noch keine Ahnung, was ich mache.“ Eine Dauerkarte, sowohl für A- und B-Junioren als auch die Profis will er sich zulegen. Um weitere Momente, wie vergangene Woche zu erleben, als der 23-jährige Keeper Huth nach seinem zweiten Bundesliga-Einsatz gegen Berlin auf den Zaun zu den Fans stieg. Augenblicke, an denen Hofmann einen wesentlichen Anteil trägt. „Das macht mich schon stolz“, sagt er.



Aufrufe: 029.4.2017, 17:00 Uhr
Nils SaleckerAutor