2024-04-30T13:48:59.170Z

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– Foto: FuPa Brandenburg

"Es geht nur über das „Wir“-Gefühl"

GL FFM WEST: +++ Thomas Dechant will mit starker Gemeinschaft beim FC Karben den Klassenerhalt packen +++ Lob für A-Jugendliche und Konkurrenz aus Gronau +++ Freude über gute Arbeit weiterer Nachbarclubs +++

Der FC Nieder-Florstadt war kürzlich nicht der einzige Club, der auf der Trainerbank ein sehr bekanntes, routiniertes Gesicht präsentierte. Denn auch der FC Karben setzt auf Erfahrung: Thomas Dechant ist seit 17 Jahren Stützpunkttrainer, zuetzt verschrieb er sich acht Jahre lang komplett der Jugendarbeit. Warum er in den Aktivenbereich zurückgekehrt ist, und welche Chancen er sich für den Klassenerhalt ausrechnet, erfahrt ihr in unserem exklusiven Interview. Übrigens gibt Dechant auch seine Sichtweise zur Arbeit der Konkurrenz und der Nachbarvereine ab.

Hallo Herr Dechant, jetzt waren Sie acht Jahre im Jugendbereich aktiv, wie kam es zum Comeback als Aktiventrainer des FC Karben?

Zunächst einmal muss ich sagen, dass das hier mein Heimatverein ist. Ich kann eine 40-jährige Vereinszugehörigkeit vorweisen, bin seit 35 Jahren im Trainergeschäft. Ich habe früher schon die Hessenliga-Mannschaft des KSV Klein-Karben und deren A-Jugend angeleitet, war später immer wieder Notnagel in schwierigen Situationen. Heute hat der KSV keine Senioren mehr. Ich hatte mich bewusst in den Jugendbereich zurückgezogen und wollte eigentlich nicht mehr mehrfach wöchentlich an der Seitenlinie stehen, zumal die Trainingsdisziplin von der C-Klasse bis zur Kreisoberliga immer weiter zurückging. So war ich die letzten acht Jahre „nur“ noch Stützpunkttrainer, was mir allerdings sehr viel Spaß bereitet hat.

Und doch kam die FC-Anfrage …

Ja, nach zwei bis drei schlaflosen Nächten habe ich dann doch zugesagt. Es ist aber nicht so, dass ich da jetzt als kompletter Außenseiter komme. Ich habe viele Spiele gesehen, zudem kickt mein älterer Sohn bei der Konkurrenz aus Gronau, und durch die viele Jugendarbeit kenne ich 80 Prozent der Spieler, die in KOL und Gruppenliga aktiv sind. Mein Vorgänger war fünfeinhalb Jahre da, und nach acht sieglosen Spielen hat der Vorstand alles auf den Prüfstand gestellt. Den Kader, die Trainingsbeteiligung und so weiter. Man war der Meinung, und das unterstütze ich, dass mit diesem Team sehr wohl der Klassenerhalt möglich ist, wenn man die Gemeinschaft neu beschwört. Ich gehe die Aufgabe mit großer Leidenschaft an. Denn die Substanz für die Klasse ist vorhanden, sobald alle internen Bauchschmerzen überwunden sind. Da sind wir dran und das ist gerade auf einem sehr guten Weg. Wir wollen uns nun mit ein paar Punkten mehr in die Winterpause retten und dann gefestigt unten rausspielen. Zum Glück sind die Abstände im Keller ja noch eng.

Wenn man Sie googelt, kommen unterschiedlichste Stationen zum Vorschein. Können sie knapp umreißen, wo sie schon überall als Übungsleiter aktiv waren?

Ohje, fragen Sie mich bitte nicht nach Jahreszahlen (lacht). Aber ich gebe mein Bestes: Ich war etwa in Nieder-Wöllstadt, beim 1. FC Langen, aber auch beim FC Büdesheim (Kreis Hanau), wo damals der Aufstieg in die Bezirksoberliga gelang. Auch die SG Stammheim im Büdinger Kreis oder die SG Harheim (Frankfurt) hatte ich schon unter meinen Fittichen. Ich hoffe wirklich, ich habe niemanden vergessen. Und seit 17 Jahren bin ich Stützpunkttrainer, darüber hinaus natürlich schon immer vielseitig beim KSV aktiv. Ich bin der einzige Karbener, der alle Teams von der D-Jugend bis hoch zur 1. Mannschaft mal trainiert hat und war auch drei Jahre als Koordinator dort aktiv, habe somit die Weichen für die heutige Nachwuchsbetreuung gelegt. Jetzt bin ich 63 Jahre alt, viele meiner Spieler sind schon selbst nicht mehr als Spieler aktiv (lacht).

Doch am meisten Spaß gab es im Jugendbereich?

Ich bin, was die Erwartungen angeht, schon noch ein Trainer der älteren Generation. Natürlich bilde ich mich regelmäßig fort, so meine ich das nicht, aber: Mir ist es ganz wichtig, dass meine Mannschaft fit und trainierbar ist. Mit 6-8 Leuten pro Training unter der Woche macht mir das keinen Spaß. Bei den Talenten im Stützpunkt dagegen, die kommen immer, die kommen alle, die werfen alles rein. Da wird nicht ständig gemurrt und abgesagt.

Sie haben jetzt mit dem FC Karben zwei Partien gegen sehr unterschiedliche Gegner hinter sich. Ob in Fauerbach oder in Usingen, beide Spiele endeten 2:2. Für sie ein okayer Start?

Erst einmal unabhängig von der Punkteanzahl: Wir haben derzeit neben dem Kaderumbruch auch große Verletzungssorgen, müssen viele A-Jugendliche einbauen, wobei diese eine hervorragende Einstellung an den Tag legen und auch spielerisch überzeugt haben. Da habe ich die größte Hochachtung! Dann haben wir in Fauerbach auf einem Rasen, der eigentlich wettbewerbswidrig war, in doppelter Unterzahl ein Remis nach Hause gebracht, mit einer extrem jungen Elf. In Usingen dann, gegen den besten Sturm der Liga, hätten wir mit fantastischer Leistung in der ersten Halbzeit fast 4:0 statt „nur“ 2:0 führen müssen. Dass wir uns da noch zwei fangen, war nicht schön, aber trotzdem haben wir uns derart stark präsentiert, dass alle Zuschauer uns applaudiert haben. Denn: Die Jungs haben gebissen, sie haben sich gewehrt. Das wollen die Leute sehen, und genau dieses Gemeinschaftliche brauchen wir auch, um drinzubleiben. Die zwei Punkte an sich helfen uns nicht großartig weiter, aber wir können mit Blick auf die vielen Abstiegsränge alles brauchen.

8 Teams sind momentan in den Abstiegskampf involviert, und das bei 4-5 Abstiegsplätzen. Was lässt Sie optimistisch zum Saisonfinale blicken?

Der Punkt ist der, dass wir ja gerade mitten in einem Reinigungsprozess begriffen sind, um mal eine recht harte Formulierung zu wählen. Es geht nur über das „Wir“-Gefühl. Über das miteinander, und nicht über lose Absprachen in WhatsApp-Gruppen, wie es bisher gelaufen ist. Wer übrig geblieben ist, zeigt bislang auch großen Einsatz. Das ist unsere Grundlage. Bei der Konkurrenz sehe ich Teams, die nur in puncto Qualität zusammengestellt wurden, die sehr multikulturell aufgestellt sind, die aber einbrechen, sobald es nicht so läuft. Da sehe ich uns vom Mix her besser – und wenn eine Konstanz reinkommt, besteht genau darin unsere große Chance.

Werfen Sie daher aber auch einen bangen Blick nach Gronau und Fauerbach, wo es gerade deutlich wahrnehmbar bergauf geht?

In Fauerbach kam der Erfolg mit dem Trainerwechsel zum sehr erfahrenen Spielertrainer Andreas Baufeldt. Dort sind drei Leute in der Stammelf, an denen das meiste hängt. Und wenn es nicht läuft, ist auch mal so ein 0:9 wie neulich in Usingen drin. Da sehe ich uns nicht schwächer. Gronau macht das toll, sie haben das Training hochgeschraubt und die Ruhe bewahrt. Man sagt sich dort: „Wir sind doch ohnehin als Zweiter überraschend aufgestiegen, warum sollen wir woanders als im Abstiegskampf sein?“ Und ohne Druck und mit junger Mannschaft arbeiten sie sich konsequent gemeinschaftlich raus. Wie neulich gegen Fechenheim, die prinzipiell die besseren Einzelspieler im Kader aufweisen. Das Gronauer Vorgehen ist genau der Weg, den wir auch einschlagen müssen. Und gleichzeitig darauf hoffen, dass es andere Mannschaften im Tabellenkeller nicht hinkriegen.

Erstaunlich ist für Sie als Ur-Karbener doch vielleicht in Zeiten der kuriosesten Spielgemeinschaften auch, dass im Karbener Raum gleich mehrere eigenständige Vereine voll auf der Erfolgsspur sind. Ob Kloppenheim, Rendel, Groß-Karben…

Das stimmt. Da sind gleich mehrere Vereine mit unterschiedlichen Trainertypen und unterschiedlichen Philosophien, die es aber schaffen, Begeisterung zu wecken und erfolgreich zu sein. Ohne großes Geld, dafür mit Zusammenhalt und Sachverstand. Drei Clubs haben Sie genannt, ich möchte gerne auch Burg-Gräfenrode anfügen, wo auch sehr gute Arbeit geleistet wird. Durch den Großraum Frankfurt kommen diese Clubs vielleicht manchmal eher überraschend an Verstärkungen, doch der Kern des Erfolgs ist und bleibt die mannschaftliche Geschlossenheit.

Abschließend noch kurz Ihre Einschätzung zu den verbleibenden beiden Hinrunden-Partien gegen Fechenheim und TSV Bad Nauheim?

Fechenheim ist schwer unter Druck, für uns ein ganz wichtiges Spiel. Wir wollen natürlich die Punkte, müssen dafür unser volles Potenzial abrufen, und das Wort „gemeinschaftlich“ nehme ich heute ja nicht zum ersten Mal in den Mund. Gegen Bad Nauheim, ein Top 5-Team, kann unser Vorteil werden, dass es für sie ein Pflichtsieg werden sollte. Auch hier halte ich Punkte für möglich. Wenn wir unsere Stärken auf den Platz bringen.

Aufrufe: 020.11.2019, 16:04 Uhr
Dennis BellofAutor