2024-04-29T14:34:45.518Z

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– Foto: Imago Images

Düsseldorfer Tabubruch

Kommentar: Bei der digitalen Jahreshauptversammlung sperrten die Düsseldorfer die "Bild" aus.

Fortuna Düsseldorf hat Journalisten der „Bild“-Zeitung per Abstimmung von ihrer Jahreshauptversammlung ausgeschlossen. Warum dieser verfassungsfeindliche Racheakt nicht Schule machen darf. Ein Kommentar.
Die erste digitale Jahreshauptversammlung in der Geschichte von Fortuna war von einer zweiten, allerdings skandalösen Premiere begleitet. Mehrheitlich stimmten die Mitglieder dafür, die Journalisten der „Bild“-Zeitung auszuschließen.

Es geht dabei nicht um die „Bild“-Zeitung. Gegen die lässt sich viel ins Feld führen, sie hat in ihrer 68-jährigen Geschichte enormes Unheil angerichtet. Zwar ist ihre Markt- und Wirkungsmacht dramatisch geschwunden, aber Kampagnenjournalismus gehört noch immer zu ihrem Repertoire. Was Heinrich Böll oder Günter Wallraff über die Praktiken von „Bild“ zu Papier brachten, hat sich dem äußeren Anschein nach geändert, der Kern bleibt aber ein Medium der gewollten Polarisierung und Überspitzung. Es geht auch nicht um Fußball.

Nein, hier zeigt sich eine absichtliche Verletzung von Grundrechten, die das Fundament eines demokratischen Staates darstellen. Die Pressefreiheit und die Berufsfreiheit sind durch das Grundgesetz garantiert. Die Jahreshauptversammlung grundsätzlich für Journalisten zu öffnen, aber ein missliebiges Medium auszuschließen, ist ein verfassungsfeindlicher Racheakt, der mangelnde Souveränität zeigt. Den Fortuna-Mitgliedern gefällt nicht, was sie in „Bild“ lesen, und deswegen schließen sie dieses eine Medium aus. Wenn das Schule machte, werden als nächstes unerwünschte Kritiker bei Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen oder bei Pressekonferenzen der Regierenden ausgeschlossen.

Gerhard Schröder sprach zeitweilig nicht mehr mit „Bild“, Helmut Kohl boykottierte den „Spiegel“. Aber beide konnten nicht verhindern, dass Journalisten dieser Medien weiter an ihren Pressekonferenzen teilnahmen und über sie schrieben. So muss es sein.

Zur Pressefreiheit gehört es, jene Meinungen zu ertragen, die man als falsch empfindet oder die einen sogar wütend machen, ob man nun Bundeskanzler oder Fortuna-Mitglied ist.

Aufrufe: 014.12.2020, 16:00 Uhr
RP / Moritz DöblerAutor