2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
„Halbe Leistung“ hatte Stefan Effenberg (re.) angekündigt. Trotzdem hatten Karl Murböck (li.) und die Landkreis-Auswahl gegen den frisch gebackenen Champions-League-Sieger alle Hände voll zu tun.
„Halbe Leistung“ hatte Stefan Effenberg (re.) angekündigt. Trotzdem hatten Karl Murböck (li.) und die Landkreis-Auswahl gegen den frisch gebackenen Champions-League-Sieger alle Hände voll zu tun.

5000 Zuschauer sahen 2001 das 1:9 des FC Bayern im Benefizspiel in Bad Tölz 

2001: Eine Riesen-Geschichte für die Amateurfußballer

Am 06.07.2001 war im Stadion an der Peter-Freisel-Straße im Landkreis Bad Tölz Ausnahmezustand. 5000 Zuschauer sahen das Benefizspiel der Landkreis-Auswahl gegen den FC Bayern.

Bad Tölz – Wenn ein Freundschaftsspiel, bei dem es um nichts als die Ehre geht, in Bad Tölz 5000 Besucher auf die Beine bringt, muss es schon etwas ganz Besonderes sein. So geschehen am 6. Juli 2001, als der FC Bayern München im Stadion an der Peter-Freisl-Straße gegen eine Landkreis-Auswahl antrat.

„So etwas habe ich in meiner Trainerkarriere nicht wieder erlebt“

Eishockey-Trainer Peter Kathan sen., damals Vorsitzender des Unterstützungsvereins zum Bau des neuen Eisstadions auf der Flint-Höhe, hatte es geschafft, Uli Hoeneß zu bewegen, dass der den Bundesligisten zu dem Benefizspiel für den Eispalast antreten ließ. Übrigens bis heute der einzige Auftritt des FCB im Altlandkreis Bad Tölz.

Auch wenn mittlerweile 19 Jahre vergangenen sind, das Ereignis von damals ist für viele Beteiligte bis heute als der Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere in Erinnerung geblieben. „So etwas habe ich in meiner Trainerkarriere nicht wieder erlebt“, schwärmt der Lenggrieser Thomas „Jimmy“ Lechner, der als Coach der heimischen Auswahl an der Seitenlinie stand.

„Das war ein echtes Schmankerl, so viele ausgezeichnete Fußballer auf einem Fleck live spielen zu sehen“, zeigt sich der Sportlehrer immer noch begeistert. „Das war etwas ganz Besonderes“, gibt Ralf Zahn zu. Der Libero hatte beim 9:1-Erfolg des FCB per Elfmeter den Ehrentreffer für die heimischen Kicker erzielt. „Die Bayern waren ja frischgebackener Champions-League-Sieger und mit fast allen ihren Stars angereist. Gefehlt hatten damals vom Spitzenpersonal lediglich Oliver Kahn, Giovane Élber und Bixente Lizerazu.“

„Gegen die 60er Löwen wären vielleicht 2000 Zuschauer gekommen, gegen Unterhaching vielleicht um die 600, also mussten die Bayern her.“

Alle möglichen Hebel hatte der umtriebige Peter Kathan in Bewegung gesetzt, um Geld für den geplanten Eisstadion-Bau einzusammeln. Dabei war ihm die Idee eines Benefizspiels gekommen. Ihm war klar, dass es einen enormen organisatorischen Aufwand bedeuten würde, aber er konnte sich auf die heimischen Fußballvereine verlassen, die ihn alle bei dem Vorhaben auf und neben dem Spielfeld nach Kräften ehrenamtlich unterstützten. Allen voran die beiden Tölzer Vereine Rot-Weiß und SV, der Lenggrieser SC und der SV Wackersberg-Arzbach.

„Es muss schon etwas Zugkräftiges sein“, dachte sich Kathan und ging noch einmal seine damaligen Überlegungen durch: „Gegen die 60er Löwen wären vielleicht 2000 Zuschauer gekommen, gegen Unterhaching vielleicht um die 600, also mussten die Bayern her.“ Außerdem, so hoffte er, war der FCB zu der Zeit regelmäßig im Trainingslager in Rottach-Egern: „Da wäre es für die doch kein großer Aufwand, einmal schnell zu einem Spiel am Abend nach Tölz zu fahren.“

Gedacht, getan. Er schrieb einen mitleiderheischenden Brief an Uli Hoeneß und vergaß dabei auch nicht zu erwähnen, dass der Tölzer Eisclub ja früher öfters gegen die Eishockey-Mannschaft des FCB gespielt hatte. Zudem fand Kathan Unterstützung durch den Lenggrieser Paul Schwarzenberger, einem Spezl von Paul Breitner. Nach einigen weiteren Telefonaten und einem Besuch in Rottach-Egern, gab Hoeneß tatsächlich die Zusage. „Ich habe geglaubt, der versucht mich zu verarschen“, erinnert sich Lechner an das Telefonat mit Kathan, in dem der ihn gefragt hatte: „Hättest du nicht Lust, mit einer Landkreis-Auswahl gegen den FC Bayern zu spielen?“

Das Ziel war es, nicht zweistellig zu verlieren

Insgesamt sei die Unterstützung für das Event von allen Seiten sehr groß gewesen, sagt der Chef-Organisator: „Der damalige Bürgermeister Josef Niedermaier war gleich Feuer und Flamme, und der städtische Bauhof hat in aller Eile an den Hang unterhalb der Realschule eine Tribüne für rund 2000 Besucher gezimmert.“

Und dann war der große Tag da. Die Isarwinkler Fußballfans strömten in Massen herbei, und für die Landkreis-Auswahl stand fest: „Wir wollen uns keinesfalls abschlachten lassen und nicht zweistellig verlieren.“ Zahn erinnert sich: „Die Kulisse war beeindruckend. Und die meisten Bayern-Spieler waren gar nicht überheblich, sondern ganz normal.“

„Ein wirklich schönes Erlebnis“, betont Andi Horwath. „Ich habe hauptsächlich gegen Michael Tarnat gespielt oder gegen Mehmet Scholl, der an diesem Tag supergut drauf war.“ Letzterer hat auch Landkreis-Kapitän Sepp Kaltenhauser beeindruckt: „Seine technischen Fähigkeiten waren schon phänomenal. Der hat richtig Spielfreude gezeigt.“ Er war auf dem Platz des Öfteren auf Stefan Effenberg getroffen. Der habe zu ihm „total lässig“ gesagt: „Wir bringen sowieso nur 40 oder 50 Prozent.“

„Ein Großteil unserer Mannschaft hat anschließend zwei Tage lang gefeiert.“

Doch nicht nur die Partie selbst ist Kaltenhauser in guter Erinnerung geblieben: „Das war insgesamt eine Super-Sache. Ein Großteil unserer Mannschaft hat anschließend zwei Tage lang gefeiert. Ich freue mich noch heute, dass ich da mit dabei sein durfte. Für jeden Amateur-Fußballer eine Riesen-Geschichte.“

Ebenfalls mit Effenberg hatte es Karl Murböck immer wieder zu tun, aber auch mit Owen Hargreaves. Während Ersterer „eher Dienst nach Vorschrift“ gemacht habe und sich zur Halbzeit hatte auswechseln lassen, „war es insgesamt eine bärige Sache, ein richtig schönes Fußballspiel.“ Murböck bestätigt, dass alle Kicker der Landkreis-Auswahl eine „Mordsgaudi hatten. Wir haben anschließend zusammen einen schönen Ausflug gemacht und nach einem Pizzaessen diverse Lokale besucht.“

Während sich viele Beteiligte noch recht gut an das Ereignis vor 19 Jahren erinnern konnten, in Sachen Erlös fürs heutige Eisstadion klaffen einige Gedächtnislücken. Während Kathan sagt, Uli Hoeneß habe von ihm „20 000 Euro gefordert, der Rest gehört euch“, meint Manfred Klaar, damals Schatzmeister des Fördervereins, die Bayern wollten die Hälfte der Eintrittsgelder. Hoeneß habe gegenüber ihm und Kathan schmunzelnd geäußert: „Da zähle ich fei nach.“

Einig waren sich beiden Fördervereinsmitglieder aber: „Insgesamt hat das Benefizspiel den größten Einzelposten gebracht, den wir für den Bau des Eisstadions einsammeln konnten.“

(EWALD SCHEITTERER)


Aufrufe: 010.7.2020, 14:14 Uhr
Tölzer Kurier / Ewald ScheittererAutor