2024-05-02T16:12:49.858Z

Analyse
Tobias Strobl hat drei Jahre lang erfolgreich den FC Pipinsried trainiert. Nach der Relegations-Pleite verkündete er am Sonntag seinen Rücktritt. 	F.: Oliver Rabuser
Tobias Strobl hat drei Jahre lang erfolgreich den FC Pipinsried trainiert. Nach der Relegations-Pleite verkündete er am Sonntag seinen Rücktritt. F.: Oliver Rabuser

Ein Abschied, der schmerzt

Tobias Strobl ist als Spielertrainer nach drei Jahren beim FC Pipinsried zurückgetreten +++ Präsident Konrad Höß war nicht informiert und ist sehr enttäuscht

Konrad Höß ist erschüttert. „So einen Nackenschlag habe ich noch nie in meinem ganzen Leben mitgemacht“, sagt der 74-jährige Präsident des FC Pipinsried. Am Sonntag nach der verlorenen Fußball-Relegationspartie gegen den VfR Garching verkündete Pipinsrieds Spielertrainer Tobias Strobl seinen Rücktritt. Der 27-Jährige hatte zwar am Tag zuvor die Mannschaft und auch mehrere Vereinsfunktionäre informiert, seinen Clubchef aber nicht.

„Der Trainer hat mich ausgespielt“, sagt Höß gestern. Zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden immer noch nicht miteinander gesprochen. Höß ist zudem von Co-Trainer Maximilian Zischler enttäuscht. Am Freitagabend erfuhr der Präsident, dass der 25-Jährige ebenfalls auf dem Absprung ist. Bekannte hatten im Internet gelesen, dass Zischler zum 1. SC Feucht wechselt, und Höß darauf angesprochen. Der griff zum Hörer. Zischler gab am Telefon zu, dass er mit Feucht verhandelt habe, schlug aber vor, das Ganze in einem persönlichen Gespräch zu klären. Sein Abgang steht allerdings fest. Feucht hat bereits bestätigt, dass Zischler in der kommenden Saison für den Bayernliga-Neuling spielt. Wer bereits öfters mit Höß gesprochen hat, kennt folgenden Spruch: „Der Mensch ist ein Sauhund.“ Im Gespräch wandelt der 74-Jährige ihn ab: „Der Mensch ist ein Sauhund und der Spieler ist noch ein größerer Sauhund.“

Als Strobl am Samstag der Mannschaft seinen Abgang verkündete, war Präsident Höß nicht auf dem Vereinsgelände. Er erfuhr dann aber bereits am Abend von seinem Sohn von den Rücktrittsgedanken seines Trainers. „Ich wusste schon, dass da etwas im Busch ist“, sagt Höß. Besonders bestürzt sei seine Frau Kathi. Sie ist die gute Seele des Vereins, reist mit zu Auswärtspartien und versorgt die Spieler beim Training mit Getränken.

Pipinsried hatte in der vergangenen Saison lange Zeit die Tabelle der Bayernliga angeführt. Nach der Winterpause erzielte das Team aber nur noch vier Siege. Zuletzt reihten sich die Niederlagen aneinander. Zum Auftakt der Relegation zur Regionalliga unterlag Pipinsried dem VfR Garching mit 2:6. Schon länger wurde gemunkelt, dass im Team nur Strobl wirklich in die höhere Klasse aufsteigen wollte. Höß sagt: „Er wollte unbedingt in die Regionalliga. Die Rückrunde ist aber alles andere als optimal gelaufen.“ Strobl berücksichtigte Stammkräfte nicht. Torhüter Tobias Antoni strich er zeitweise aus dem Kader. Laut Höß hatte der Keeper verkündet, nicht in die Regionalliga aufsteigen zu wollen, weil er einen zu großen Aufwand befürchtete. Dadurch sei es zum Bruch gekommen.

Strobl hatte in den vergangenen Wochen stets zurückgewiesen, dass die Stimmung im Team schlecht sei. Auch gestern sagt er: „Da gab es nie einen Bruch in der Mannschaft.“ Er merkt an, dass in einem Kader von 20 Leuten unterschiedliche Vorstellungen herrschen. Dass er zu ambitioniert gewesen sei, weist Strobl zurück. Allerdings sagt er auch: „Es ist nur ein Hobby für die Jungs. Das habe ich vielleicht ein bisschen zu spät erkannt.“

Der 27-Jährige wird nicht müde zu betonen, wie viel er in den vergangenen drei Jahren in Pipinsried gelernt habe. Er lobt das „Lebenswerk“ von Höß, der in über 40 Jahren im Dachauer Hinterland aus dem Nichts einen erfolgreichen Verein geschaffen hat. Schon im ersten Jahr unter Strobl stieg die Mannschaft von der Landes- in die Bayernliga auf. Zwei Mal schaffte sie es in die Relegation zur Regionalliga.

Der 27-Jährige begründet seinen Rücktritt folgendermaßen: „Ich denke, dass der Verein mit mir an einem Entwicklungsende angekommen ist.“ Er könne bei den Spielern keinen „neuen Reiz“ setzen. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen. „Die letzten Wochen waren sehr emotional für mich.“ Nach dem Gespräch mit der Mannschaft habe er seine Entscheidung mehreren Offiziellen mitgeteilt, auch mit der Gattin des Präsidenten. „Ich weiß, dass ich den ersten Schritt vor dem zweiten gemacht habe. Wenn ich aber zuerst mit Kathi gesprochen hätte, hätten mich meine Emotionen vielleicht dazu verleitet, mich für den Verein umstimmen zu lassen.“ Strobl betont, dass er kein Angebot von einem anderen Verein habe. „Ich werde in den kommenden zwei bis vier Wochen eine Pause machen, in der ich mich wieder finde.“ Zudem will er noch persönlich mit Höß sprechen, „damit er meine Beweggründe versteht“.
Höß betont gestern, dass er Strobls Vertrag, der noch ein weiteres Jahr läuft, nicht auflösen will.

Trotz der Vorwürfe, die er gegen Strobl erhebt, sagt der 74-Jährige, dass er ihn als Trainer behalten würde. „Das würde ich schon machen, weil es in jedem Leben Kurzschlusshandlungen gibt.“ Aufgrund der Verwerfungen scheint es aber ausgeschlossen, dass Strobl zurückkehrt. Der 27-Jährige rechnet damit, dass Höß ihn „für ein halbes Jahr sperren wird“. Zudem ist der 74-Jährige umtriebig, ständig auf Fußballplätzen in ganz Bayern unterwegs auf der Suche nach neuen Spielern. „Ich habe immer jemanden im Blick“, sagt er. Zwei Spieler hat er schon für die neue Saison verpflichtet, nun kommt noch der junge Stürmer Zelimir Tosic vom TSV Elching dazu. Allerdings haben in den vergangenen Wochen viele Pipinsrieder Stammspieler ihren Abschied verkündet. „Es wird schwierig für uns“, sagt Höß.

Aufrufe: 09.6.2015, 07:04 Uhr
Aichacher Nachrichten / Philipp SchrödersAutor