2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
In der Neustädter Schwächephase stemmte sich Christoph Bruhn am  auffälligsten gegen die Entwicklung und ging auf der rechten Seite viele Wege. | Foto: Wolfgang Scheu
In der Neustädter Schwächephase stemmte sich Christoph Bruhn am auffälligsten gegen die Entwicklung und ging auf der rechten Seite viele Wege. | Foto: Wolfgang Scheu

FC Neustadt quält sich zu mühevollem 2:1 über Solvay

FCN weiß lediglich in der ersten Hälfte zu überzeugen

Verlinkte Inhalte

Neustadts Torwart Simon Gantert setzt sich nach dem Abpfiff in der Nähe des Elfmeterpunkts auf den Kunstrasen, zieht die Handschuhe aus und wirft sie weg, wie sich ein Arbeiter seiner Arbeitskleidung entledigt, wenn er einen nicht sehr erfreulichen Arbeitstag hinter sich hat. Klaus Gallmann kommt auf ihn zu, sportliches Shakehands, doch des Trainers Gesicht spricht Bände: „Die zweite Halbzeit war nix“, sagt der Neustädter Erfolgscoach anschließend, „das war nicht verbandsligatauglich“. Seine Mannschaft hat sich dennoch drei Punkte im Abstiegskampf gesichert.
Es ist ein Spiel, in dem der FC Neustadt zum Siegen verdammt ist. Denn der Gegner ist Tabellenletzter, hat noch keinen Sieg und noch nicht einmal einen Punkt auf des Gegners Platz geholt. Gegen so eine Mannschaft muss man gewinnen, wenn man in der Liga bleiben möchte. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht ein bisschen anders aus. „Heute haben einige plötzlich gemerkt, dass wir den Druck hatten“, sagt Benjamin Gallmann, der sich beim FC Neustadt das Coaching mit seinem Bruder teilt.

Gemeint ist die zweite Halbzeit. Der Gegner spielt plötzlich mutiger, der FC Neustadt mutloser. Die einen rennen und kämpfen mehr, die anderen weniger. Solvay bekommt auf einmal Lust am Spielen, beim FC Neustadt ist davon nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, die Mannschaft wirkt ängstlich und unentschlossen. Die Neustädter Passivität fördert die Aggressivität des Gegners. Abwehrspieler Christoph Bruhn schreit, nachdem sich die gefährlichen Situationen zu Beginn der zweiten Halbzeit vor dem Neustädter Tor häufen: „Jungs, das ist zu wenig. Das ist einfach viel zu wenig.“ Er versucht seine Mitspieler wachzurütteln, doch es gelingt ihm nicht. Und was sich andeutet, passiert dann auch: Der in der ersten Halbzeit unterlegene Gegner kommt durch einen Volleyschuss von Adetoro Osjere auf 1:2 (56.) heran. Benjamin Gallmann spricht von einer „Eigendynamik“, die das Spiel in den zweiten 45 Minuten angenommen habe. Solvay spielt nun hungrig und aggressiv, bei der Heimelf ist Verunsicherung spürbar. Im Sport gibt es keinen Schalter, an dem man das eine ausknipsen und das andere anknipsen kann. Meistens können nur Tore oder Hinausstellungen eine erneute Richtungsänderung einleiten. Aber das dritte Tor für den FC Neustadt fällt nicht, obgleich sich Chancen dafür im zweiten Durchgang bieten. Beim Stand von 2:0 hat Stefan Ketterer eine Großchance, der Freiburger Torwart kommt ihm entgegen, doch statt den Ball gefühlvoll über ihn zu lupfen, drischt ihn der Neustädter Außenbahnspieler in den blauen Frühlingshimmel (50.). Samma verfehlt das Ziel in der 66. Minute knapp und Fabian Papas Kopfball nach einem Eckball wischt Freiburgs Torhüter Musa Touray über die Latte (83.).

Wieso die Neustädter Mannschaft im zweiten Durchgang an sich zweifelt, wieso plötzlich Versagensängste aufkommen, ist nicht nur für Klaus Gallmann „unerklärlich“. Denn in den ersten 45 Minuten ist der FC Neustadt die klar bessere Mannschaft mit der klar besseren Spielanlage. Nach fünf Minuten dringt Florian Heitzmann bis zur Grundlinie durch, passt flach vor das Tor, wo Peter Schubnell abzieht. Der Ball wird abgefälscht und so für den Solvay-Torhüter kontrollierbar. Bei den Gästen wird viel gestikuliert und laut kommandiert. Die Gäste sind eifrig und bemüht, aber ihrem Spiel nach vorne fehlt zunächst die Präzision. In der 22. Minute bringt ein sehenswerter Hackenpass von Tobias Gutscher Stürmer Sam Samma in eine perfekte Schussposition zentral vor dem Solvay-Tor, doch sein Versuch geht knapp am Pfosten vorbei. Zwei Minuten später lupft Samma den Ball im Strafraum über seinen Gegenspieler hinweg, und als der Neustädter Torjäger abziehen will, hält der Freiburger Abwehrspieler die Sohle drauf. Elfmeter. Leicht humpelnd tritt der Gefoulte an und versenkt den Ball trocken zum 1:0 im Tor. Kurz darauf fällt das 2:0: Stefan Ketterer ist auf der rechten Seite seinem Gegenspieler enteilt, passt scharf in die Mitte, wo ein Solvay-Abwehrspieler den Ball ins eigene Tor abfälscht. Alles läuft nach Plan, der Gegner scheint frühzeitig besiegt. Ralf Schubnell hat die nächste gute Gelegenheit, als er von der rechten Seite freie Bahn hat, aber sein Schuss wird geblockt.

„Wir hatten plötzlich sehr viel zu verlieren“, sagt Benjamin Gallmann und beklagt, dass man dem Gegner in der zweiten Halbzeit zu viel gestattet und angeboten habe. Auf den Druck des Gewinnenmüssens angesprochen, ergänzt der Neustädter Trainer: „Wir haben den Anspruch, auch kommende Saison in der Liga zu spielen, also müssen wir uns dem Druck auch stellen.“

Solvay-Trainer Boris Darwich sagt nach Spielschluss: „Ich habe in dieser Saison schon vielen Trainern zu einem verdienten Sieg gratuliert, das mit dem ,verdient’ lass ich dieses Mal weg. Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat gut gespielt und gut gekämpft, aber der Gegner war in der Anfangsphase cleverer.“

FC Neustadt – SV Solvay Freiburg 2:1 (2:0)
FC Neustadt: Gantert, Gutscher, Papa, Bruhn, St. Ketterer (64. Katava), Heitzmann, Maier (70. Weerakkody), R. Schubnell (78. Falkowski), P. Schubnell (89. Feger), Waldvogel. Solvay FR: Touray, Daoudi, Alabani, Kurtani, Aquiayi, Hassoun (81. Tek-Rech), Barbullushi, Osajere, Rosales (60. Mangu), Jagne, Beyai. Tore: 1:0 Samma (25./Foulelfmeter), 1:1 Eigentor (31.) 2:1 Osajere (56.). SR: Brombacher (Kandern). ZS: 150.
Aufrufe: 026.3.2017, 20:22 Uhr
Jürgen Ruoff (BZ)Autor