2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Ende der letzten Saison feierte Michael Kunz (l.) mit seinen Spielern den Aufstieg in die Bezirksliga.
Ende der letzten Saison feierte Michael Kunz (l.) mit seinen Spielern den Aufstieg in die Bezirksliga.

"Autos? Machen wir nicht mehr"

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Professor, Mäzen, Fußballverrückter — ein Gespräch mit Michael Kunz, dem Vorsitzenden und Macher des FC Leverkusen über das Image des Vereins Bezirksliga-Hoffenheim, Gehaltszahlungen an Amateurfußballer und geleaste Autos.

Herr Kunz, der FC Leverkusen ist in dieser Saison nicht aus der Kreisliga in die Landesliga durchmarschiert. Eine Enttäuschung?

Michael Kunz: Nein. Wir wollten uns auf Bezirksebene etablieren, das ist sehr gut gelungen. Jetzt machen wir den nächsten Schritt. Wir wissen jetzt, wo wir noch nachbessern müssen. Wir suchen einen Mittelstürmer, der Tore macht. Und im defensiven zentralen Bereich jemanden mit Erfahrung.

Wo sehen Sie den Verein in ein paar Jahren?

Kunz: In der Landesliga, da sind wir besser aufgehoben. Da wird mehr Fußball gespielt als in der Bezirksliga. Und dann müssen wir schauen, dass unsere Strukturen so stabil werden, dass wir auch einen weiteren Schritt stemmen können. Es muss ja irgendwann auch ohne mich weitergehen.

Der FC Leverkusen hat keine Jugendabteilung und keine zweite Mannschaft. Auch der Aschenplatz erscheint nicht optimal. Wird sich an den Strukturen etwas ändern?

Kunz: Auf den Platz haben wir keinerlei Einfluss. Die Sportstätte ist in der Prioritätenliste der Stadt nicht ganz oben. Da arbeiten wir zwar dran, aber die Verwaltung ist träge. Und woanders hinzugehen, hätte auch Nachteile.

Und ist der Ausbau im Nachwuchsbereich geplant?

Kunz: Nein. Wir haben eine andere Philosophie. Ich kümmere mich um 20 Spieler — und die Trainer, da kenne ich jeden. Wir bleiben klein und fein. Und die anderen Klubs haben ja auch kaum eigene Nachwuchsspieler in der ersten Mannschaft, die holen sich auch die fertigen Spieler aus anderen Vereinen. Das kann ich auch, da brauche ich keine Jugend. Da schaue ich mir ein paar Jugendspiele an, gucke mir an, wer Fußballspielen kann — und hole den dann hierhin.

Das klingt einfach. Mit welchen Argumenten ködern Sie die Spieler?

Kunz: Bei uns spielen sie.

Man hört, dass Ihre Spieler mehr verdienen als bei anderen Klubs. Sind sie alle Vertragsamateure?

Kunz: Viele, nicht alle. Das ist vom Einzelfall abhängig. Das ist eine kaufmännische Entscheidung. Im Sommer sind die Ablösesummen bei Wechseln festgeschrieben: 1500 Euro von der Landesliga in die Bezirksliga. Aber wenn ich einen Spieler zum Vertragsamateur mache, spare ich mir die Ablöse und habe kein Theater mit der Freigabe.

Gibt es ein Gehaltsgefälle?

Kunz: Wie in jedem Verein gibt es einige, die gar nichts kriegen. Andere nehmen ihr Festgeld mit.

Bezahlen Sie Prämien?

Kunz: Nein.

Wie vergüten Sie die Trainer?

Kunz: Ja, und zwar im Rahmen der Übungsleitervergütung: 250 Euro Netto pro Monat plus eine Fahrpauschale von knapp 50 Euro. Und Marcus Feinbier hat einen Teamsportvertrieb. Da profitieren wir gegenseitig, wir kaufen ausschließlich bei ihm.

Als der Schlebuscher Stürmer Florian Richter hier im Derby das 1:1 erzielte, sagte er nach dem Spiel, Geld schieße nicht immer Tore. Die Konkurrenz beäugt den FC Leverkusen mit Argwohn. Man könnte meinen, Ihnen hafte ein Image an, das vergleichbar ist mit der TSG Hoffenheim in der Bundesliga.

Kunz: Es gibt Respekt, vielleicht Neid. Man wird schnell in eine Schublade gesteckt. Und wenn uns das Image nachläuft, das wir übermäßig viel Geld bezahlen, dann ist es halt so. Aber diejenigen, die das behaupten, kennen unsere Struktur nicht. Wir haben im Kader Spieler, die uns seit der Kreisliga C begleiten. Wir haben Charakter. Und wenn wir 250 Euro zahlen, ist das natürlich viel für andere Vereine. Aber vor allem kümmern wir uns im Umfeld anders um die Spieler. Ich habe da Möglichkeiten, die andere nicht haben.

Können Sie das ausführen?

Kunz: Ich bin Unternehmer, ich kann junge Spieler in Ausbildungen bringen. Wir haben einige duale Studenten, die ich in Unternehmen unterbringe, die in meinen Verbund gehören. Die Unternehmen tragen die Ausbildungs- und Studienkosten, der Spieler ist dafür gut aufgestellt und spielt hier gerne Fußball.

Was ist Ihre Motivation?

Kunz: Ich bin ein Fußballverrückter. Ich trainiere selbst dreimal mit der Mannschaft mit. Und ich bin Mäzen. Es gibt keinen monetären Rückfluss.

Provokant gesprochen: Als Professor würde es eher der Norm entsprechen, man sähe Sie auf dem Golfplatz und nicht in einer Trainingshose auf einem Aschenplatz.

Kunz: Ist das so? Ich trinke auch gerne Bier.

Sie fördern den FC Leverkusen seit 2005. Einige Jahre davor waren Sie Abteilungsleiter Fußball beim TuS Rheindorf. Ihre Zeit dort endete vor Gericht mit einem Hausverbot.

Kunz: Wir wurden einfach zu groß, unser Etat für die Fußballmannschaft in der Landesliga betrug 100 000 DM. Das ist dem Gesamtvorstand aufgestoßen, weil unser Umsatz so hoch war, wie der vom Gesamtverein. Das schürte Ängste und Sorgen, und es gab Neid. Ich wollte nicht, dass unser Sponsoring in den Topf des Gesamtvereins ging — und dann hat es geknallt. Mir wurden Verbindlichkeiten gegenüber dem Verein von 52 000 DM vorgeworfen, aber das war Schwachsinn. Das hätte man steuerrechtlich ganz anders aufstellen können. Der Verein wollte meinen Kopf weghaben.

Haben Sie damals Fehler gemacht?

Kunz: Nein.

Es heißt, Sie hätten Spieler mit geleasten Autos bezahlt.

Kunz: Wir hatten als Fußballsparte sechs Rover geleast. Das hat der Hauptvorstand moniert, also haben wir gemacht, was jeder fürsorgliche Kaufmann machen würde: Die Autos in den Privatbestand aufgenommen und den Verein entlastet. Ich hatte dann drei Rover.

Bezahlen Sie Spieler immer noch mit Autos?

Kunz: Das machen wir nicht mehr.

Gibt es Parallelen zwischen dem TuS Rheindorf und dem FC Leverkusen?

Kunz: Es ist ein anderes Konzept. Damals habe ich mit Michael Ruhnau zusammengearbeitet, er war Spielervermittler und hat seine Beziehungen hat spielen lassen. Wir haben Spieler, die es oben nicht mehr geschafft haben, für ein, zwei Jahre zu uns heruntergeholt: Konrad Czarnetzki, Edi Sarpei oder Ali Meybodi. Das ist diesmal nicht so. Erkan Öztürk ist als Ex-Profi eine Ausnahme.

Und ist Ihre Rolle ähnlich?

Kunz: Ich habe diesmal eine Satzung geschrieben, die nicht zulässt, dass man mich abwählt. Und ich habe den Vorstand so besetzt, dass die Leute wissen, was sie tun.

Zur Person

Michael Kunz wurde 1958 in Leverkusen geboren. Der Sport-, Bewegungs- und Rehabilitationswissenschaftler ist Geschäftsführer einer Reha-Einrichtung in Engelskirchen. Zudem lehrt er als Professor für Präventionsmanagement und Gesundheitsförderung. 2005 initiierte er die Gründung des FC Leverkusen.

Aufrufe: 013.6.2014, 12:47 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger/Sebastian FischerAutor