2024-04-30T13:48:59.170Z

Allgemeines
– Foto: Michael Mietz

Es bleibt ein Imageschaden

Hallenstadtmeisterschaft Velbert: Während die disqualifizierte Langenberger SG erneut Stellung bezogen hat, schweigt Ausrichter TSV Neviges. Für die Polizei ist der Sachverhalt erledigt.

Die von den Veranstaltern der Hallenstadtmeisterschaft Velbert disqualifizierte Langenberger SG hat erneut Stellung bezogen und kämpft um Verständnis, dagegen schweigt Ausrichter TSV Neviges. Während der Vorfall polizeilich abgeschlossen ist, gibt es Meinungsverschiedenheiten über die Rechtfertigung des Einsatzes der Gesetzeshüter. Was bleibt, ist ein Imageschaden.

Am Freitagabend überschlugen sich die Ereignisse bei der Hallenstadtmeisterschaft Velbert gleich zum Auftakt. Die Langenberger SG wurde vom Ausrichter TSV Neviges disqualifiziert und aufgrund des Hausrechts aus der Halle geworfen, deshalb wurde auch die Polizei gerufen. Anschließend erzeugte eine äußerst emotionale Stellungnahme der LSG Birlikspor für NRW-weites Aufsehen. Die B-Liga-Kicker wurden speziell in den sozialen Medien diffamiert und hart attackiert.

Berkant Saral, Trainer der Langenberger, hat im Gespräch mit unserer Redaktion nun um Rücksicht geworben und die Sicht seiner Mannschaft nochmal ausführlich dargestellt. Der Auslöser für das Statements, das in dieser Form allerdings nicht noch einmal verfasst werden würde, war und ist weiterhin das fehlende Verständnis für die Disqualifikation.

Das ist passiert

Die Hallenstadtmeisterschaft Velbert ist eigentlich der Höhepunkt des Fußballjahres. An vier Turniertagen wollen primär Kreisligisten dem Oberliga-Trio SSVg, SC und TVD Velbert ein Beinchen stellen und Spaß haben. Am Freitagabend haben sich Spieler der Langenberger SG jedoch von Schiedsrichter-Entscheidungen benachteiligt gefühlt und ihren Unmut auf negative Art und Weise kundgetan. Platzverweise waren die Folge. Die Stimmung kochte über, als LSG-Akteure bei der Turnierleitung auftauchten. Hier soll es eine Tätlichkeit gegen einen Schiedsrichter gegeben haben. Weil keine hundertprozentige Sicherheit für die Referees gewährleistet werden konnte, wurde die die LSG aufgrund des Hausrechts vom Ausrichter TSV Neviges aus der Halle am Berufsschulzentrum mit Hilfe der Polizei rausgeworfen.

Am Samstag folgte dann nicht nur eine Stellungnahme der Turnierleitung, sondern auch ein ausführlicher Text der Langenberger SG. Der Trainerstab prangerte die Leistung der Schiedsrichter und die Entscheidung des Ausrichters an. Zudem wurde die Aufmerksamkeit mit dem Satz "So aus dem Turnier disqualifiziert werden, ist ein Verbrechen gegen die menschliche Würde" auf sich gezogen. Der B-Ligist wurde im Anschluss in den sozialen Medien angegriffen.

Meinungsverschiedenheiten über Notwendigkeit des Polizeieinsatzes

Hakan Ilhan von der Firma "P.S.D.H Security", der beim Turnier im Einsatz befindlichen Sicherheitsfirma, erklärte am Sonntag, dass er nicht verstehen könne, warum von der Turnierleitung die Polizei verständigt wurde. Sein Team hatte nach eigenen Angaben alles im Griff und konnte auch nach geltenden Schutzbestimmungen für die Sicherheit der Schiedsrichter garantieren. Das hatten auch die Langenberger moniert. Es soll zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für Publikum oder Unparteiische bestanden haben. Für Ilhan und die LSG Birlikspor war das Rufen der Einsatzkräfte überzogen.

Stefan Göbels, Wachleiter der Velberter Polizei, bezog zum Einsatz ebenfalls Stellung. Er sagte: „Es ging darum, dass eine vom Turnier ausgeschlossene Mannschaft die Halle nicht freiwillig verlassen wollte. Deshalb wurden wir vom ausrichtenden Verein verständigt, um das Hausrecht durchzusetzen.“ Komplikationen habe es dabei nicht gegeben. Laut Einsatzdokumentation wurde die Polizei im Gegensatz zu anders lautenden Behauptungen lediglich einmal gerufen, und zwar um 20.05 Uhr. Gespräche über andere Lösungen habe es zwar gegeben, aber die Einsatzkräfte seien beispielsweise nicht dafür da, um mit Polizeipräsenz für Sicherheit bei Turnierspielen zu sorgen. Polizeilich ist der Vorfall komplett abgeschossen. Ob das Rufen der Polizei unbedingt notwendig war, lässt sich laut Göbels nicht mehr klären.

Saral bittet um Verständnis

Berkant Saral trainiert gemeinsam mit seinem Bruder Berkay die Langenberger SG. "Die roten Karten gegen uns waren vielleicht etwas überzogen, aber weil unsere Spieler zu emotional reagiert haben, geht das schon in Ordnung. Darüber möchte ich mich auch gar nicht beschweren", erklärt der 28-Jährige. "Wir müssen uns am Ende an die eigene Nase fassen. Wenn Schiedsrichter gegen uns entscheiden, müssen wir das einfach hinnehmen und den Mund halten." Wenn die Akteure allerdings Sachen wie "Du hast doch Geld bekommen" sagen, sind Platzverweise die richtige Folge. Im Sonderbericht des betroffenen Schiedsrichters sind allerdings grobe Schimpfworte zu lesen, auch von einer Tätlichkeit ist die Rede.

Saral meint mit Nachdruck, dass es keine Tätlichkeit gegeben habe. Laut ihm habe ein Spieler "vollkommen unnötig" den Weg Richtung Sprecherkabine zum Unparteiischen gesucht, um mit ihm über Entscheidungen zu reden. Dabei sei ein weiterer Schiedsrichter gekommen, der den Spieler angemotzt habe, woraufhin der Spieler den Schiedsrichter von sich gestoßen habe. "Man packt Schiedsrichter einfach nicht an. Dafür eine rote Karte zu bekommen, ist in Ordnung, aber rausgeworfen zu werden, ist eine absolute Frechheit."

"Wir waren immer gesprächsbereit und haben versucht, mit allen Beteiligten Lösungen zu suchen", schildert der Coach weiter. Adnan Özcan, der Vorsitzende des Ausrichters TSV Neviges, hat vorerst auf ein Statement verzichtet. Er und sein Verein wollen das Turnier erstmal zu Ende bringen, ehe sie sich zum Sachverhalt nochmal äußern. Am Wochenende sagte er der WAZ: „Es hat ein Turnierabbruch gedroht. Es ist schade. Aber es war die beste Lösung, die LSG zu disqualifizieren.“

Im Endeffekt haben "wir zu viel gemeckert", gibt Berkant Saral zu, "aber wir sind nie tätlich geworden". Ob das "Wegstupsen des Schiedsrichters", wie er es bezeichnet, als tätlicher Angriff gilt, ist Perspektivsache. Wo es für den Verantwortlichen allerdings keine zwei Blickwinkel geben darf, ist bei der Entscheidung des Ausrichters: "Uns deshalb aus dem Turnier zu werfen, ist komplett lächerlich. Zu behaupten, wir seien asozial, ist ebenfalls komplett lächerlich. Natürlich sind dann Sprüche gefallen, aber wenn man durch den Dreck gezogen wird, muss man erstmal ruhig bleiben."

Stellungnahme als verzweifelter Hilferuf

Auf die Stellungnahme der Langenberger SG folgte ein Shitstorm. "Im Nachhinein ist man schlauer. Mit uns sind komplett die Emotionen durchgegangen, weil wir auch nur Menschen sind und unsere Gefühle durch die Disqualifikation extrem verletzt wurden", schildert Saral. "Unser Satz mit der Menschenwürde war komplett drüber, das würden wir jetzt mit Sicherheit anders schreiben." Für ihn und seine Mannschaft sei jetzt nur wichtig, eine Sache klarzustellen: "Wir sind weder asozial noch Freiwild, das in den sozialen Medien zerrissen werden darf. Niemand steht hinter uns, und das geht nicht. Ich möchte, dass die Menschen auch unsere Sicht verstehen."

Die Stellungnahme vom Samstag war ein verzweifelter Hilferuf, über den sich mitunter eine rechte Welle ergoss. Selbst wenn es keine verschiedenen Sichtweisen über die Vorfälle von Freitag gäbe, hat niemand diffamierende Sprüche verdient, aber das ist vielmehr ein anderes Problem. Die Art und Weise der Stellungnahme war dagegen überzogen. Das wissen mittlerweile auch die Verfasser.

Alle tragen Schaden davon

Die Langenberger SG in jedem Fall, aber wahrscheinlich auch die Hallenstadtmeisterschaft Velbert hat einen Imageschaden erlitten. Deshalb standen und stehen die Folge-Turniertage und die kommende Ausgabe mit Sicherheit unter besonderer Beobachtung. Vor allem beim Hallenfußball ist Körperkontakt garantiert, deshalb bedarf es zu jeder Zeit eine ruhige Hand – und es entsteht zumindest der Eindruck, dass neben der LSG auch andere Beteiligten nicht mit vollständiger Contenance gehandelt haben, denn ansonsten würde eine umfassende Stellungnahme nicht hinausgezögert werden.

Das letzte Wort scheint hier noch lange nicht gesprochen – und das ist für den eigentlich schönsten Höhepunkt des Jahres unfassbar schade.

Aufrufe: 030.12.2019, 17:53 Uhr
André NückelAutor