2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Kein Torhüter hat mehr Drittliga-Partien absolviert als Markus Kolke!
Kein Torhüter hat mehr Drittliga-Partien absolviert als Markus Kolke! – Foto: F.C. Hansa Rostock

»Was ist schöner als sonntags auf den Dorf-Sportplatz zu gehen?«

Drittliga-Rekordtorhüter Markus Kolke im Interview über Heimat, Hansa Rostock und Amateur-Fußball

Für zahlreiche bayerische Regionalligisten ist die 3. Liga ein Sehnsuchtsort, der Schritt in den deutschen Profi-Fußball. Für Markus Kolke ist sie längst die sportliche Heimat. 269 Drittliga-Partien hat der 30-Jährige aus Großheubach – einer Gemeinde nahe Aschaffenburg – absolviert: Mehr als jeder andere Torhüter! Im FuPa-Interview erklärt er nicht nur alles zu seiner Situation bei Hansa Rostock, sondern auch, warum er sich nach Amateur-Fußball sehnt…

FuPa: Herr Kolke, am Dienstag steht für Sie mit Hansa Rostock das Nord-Derby gegen den VfB Lübeck an. Sind Sie schon heiß darauf?
Markus Kolke:
Wir freuen uns! Das ist die angenehmste Auswärtsfahrt und ein schönes Duell. Nur schade, dass keine Fans erlaubt sind. Ich glaube, das Stadion wäre ausverkauft und auf beiden Seiten wäre eine tolle hitzige Atmosphäre. Das ist der einzige Wehmutstropfen.

Haben Sie sich also noch nicht an die Geisterspiele gewöhnt?
Nein, zum Fußball gehören einfach die Zuschauer, die Fans, die Stimmung im Stadion. Da will sich auch kein Sportler dran gewöhnen. Ich glaube, jeder Spieler hofft auch, dass dieses komische Thema bald mal vorbei ist und auch wieder etwas Normalität ins komplette Leben einkehrt.

Seit 2019 sind Sie bei Hansa Rostock und damit erstmals in Ihrer Karriere weit von Großheubach entfernt. Vermissen Sie Ihre Heimat?
Über das Leben hier oben kann man sich nicht beschweren. Hier gibt es viel zu machen, auch mit unseren Kindern. Das Einzige ist die große Distanz zur Familie und Freunden, aber sonst kann ich mich nicht beklagen. Ich komme so gut wie gar nicht dazu, die Heimat zu besuchen. In anderthalb Jahren war ich zweimal zuhause. Wenn, dann kommen meine Eltern mal zu Besuch wegen ihrer Enkelkinder (lacht).

Verfolgen Sie aber noch Ihre Ex-Teams in Unterfranken?
Auf Viktoria Aschaffenburg habe ich immer ein Auge, da war ich ja einige Jahre in der Jugend. Auch meinen Heimatverein TSV Großheubach verfolge ich noch, da kenne ich noch einige Jungs, die in der 1. Mannschaft spielen. Das war’s dann aber auch.

Welchen Stellenwert hat der Amateur-Fußball für Sie als langjährigen Profi heute noch?
Was gibt es denn Schöneres als Sonntagmittags um 15:30 Uhr mit Freunden auf den Dorf-Sportplatz zu gehen, ein Bierchen zu trinken, den Kumpels zuzuschauen, sich zu unterhalten und sich ein bisschen aufzuregen? Das ist einfach absolut ehrlicher Sport, wo auch mal Fehlentscheidungen passieren. Super wichtig aus meiner Sicht!

Die Fans fehlen dem Kapitän von Hansa Rostock.
Die Fans fehlen dem Kapitän von Hansa Rostock. – Foto: F.C. Hansa Rostock

Der Sprung vom Amateur- zum Profi-Fußball könnte Viktoria Aschaffenburg bald gelingen. Würden Sie sich auf ein Duell in der 3. Liga nächste Saison freuen?
Das wäre schon schön, wenn sie mal wieder in der 3. Liga wären, auch wenn es auswärts sehr weit für uns ist (lacht). Im Moment läuft es sehr gut beim SVA und ich bin gespannt, ob sie das halten können, wenn die Saison wieder anfängt. Ich hoffe, dass sie auch die Lizenz durchbekommen. Der Verein war früher jahrelang im bezahlten Profi-Sport dabei, das hätten sie vielleicht mal wieder verdient.

Von der Jugend der Viktoria aus haben Sie es Schritt für Schritt in den Profi-Bereich geschafft – in einem Nachwuchsleistungszentrum waren Sie nie. Wäre das heute so noch möglich?
Es gibt noch immer genügend schöne Geschichten aus dem Fußball, die anders sind. Henrik Weydandt, der Stürmer von Hannover 96, etwa: Er schaffte es innerhalb von vier Jahren von der Kreis- in die Bundesliga. Die NLZs werden ja oft auch kritisch gesehen. Ich bin froh, dass mein Weg auch so funktioniert hat. Ich vermisse es nicht, dass ich nicht in einem NLZ war.

Wie wurden Sie überhaupt Torhüter?
Ganz früher war ich Stürmer, das hat eigentlich auch gut funktioniert. Ich habe immer meine Tore gemacht. In einem kleinen Verein hat man aber nicht immer so viele Torhüter und dann musste ich mal zwischen die Pfosten, weil kein anderer mehr da war. Das hat mir noch besser gefallen und gut funktioniert, seitdem bin ich nicht mehr rausgekommen.

Was gefällt Ihnen an der Position?
Man spricht ja immer vom Einzelkämpfer im Team, der letzten Instanz, um Tore zu verhindern. Es macht Spaß durch die Luft zu fliegen, es macht Spaß sich anschießen zu lassen. Es gibt nichts an der Position, was mir nicht gefällt.

Kolke liebt es, durch die Luft zu fliegen!
Kolke liebt es, durch die Luft zu fliegen! – Foto: F.C. Hansa Rostock

Inzwischen sind Sie mit 269 absolvierten Partien der Rekord-Keeper der 3. Liga. Möchten Sie das lieber noch ausbauen oder vielleicht doch auch ein paar Spiele in der 2. Bundesliga draufpacken?
(lacht) Jeder Sportler strebt nach dem größten Erfolg. Wenn es dazu kommen sollte, in der 2. Bundesliga zu spielen, wäre mir das auch recht.

Glauben Sie, der Aufstieg mit Rostock wäre realistisch?
Man braucht viel Match-Glück und muss verletzungsfrei bleiben, da spielen viele Faktoren mit rein. Die Leistungsstärke der Drittliga-Teams ist so ausgeglichen, dass der Letzte immer auch den Ersten schlagen kann. Unsere Mannschaft hat aber einen super Zusammenhalt und wir können uns über den Saison-Verlauf bislang nicht beschweren. Die 3. Liga ist aber so eng, dass man keine Prognosen machen kann.

Sie sind jetzt 30. Welche Ziele haben Sie langfristig noch?
Ich möchte solange wie möglich auf einem guten Niveau spielen, weil Fußball einfach das Schönste ist, was man ausüben kann. Man hat das Hobby zum Beruf gemacht, da träumt jedes Kind davon. Was will man mehr? Auch das Kabinenleben ist wunderschön. Über das, was nach der Karriere dann kommt, muss ich jetzt ja noch nicht entscheiden. Es ist auch schwer zu sagen, was in zehn Jahren ist. Ich kann mir vieles vorstellen, nur keinen festen Büro-Job. Aktuell ist das alles aber nur Zukunftsmusik, ich genieße das Hier und Jetzt.

Aufrufe: 06.2.2021, 08:00 Uhr
Kilian AmrheinAutor