2024-05-02T16:12:49.858Z

Events
– Foto: Jens Dünhölter

„König Otto“ regiert beim FC Gütersloh – für einen Abend

81-jährige Trainer-Legende Otto Rehhagel war als Gast eines Sponsorenabends beim Oberligisten geladen. Sein Honorar: „Ein Pils und eine Frikadelle“. Beste Unterhaltung für alle Anwesenden garantiert.

Schon am 20. April 1997, als er das erste Mal Kontakt mit dem FC Gütersloh hatte, ging es um Goethe. Otto Rehhagel, damals Trainer des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern, nutzte die Pressekonferenz nach dem 1:1 im Heidewaldstadion vor 13.000 Zuschauern, um literarische Weisheiten an den Mann zu bringen. Auch am Donnerstagabend (27. Februar 2020) brachte die Trainer-Ikone seinen Lieblingsdichter ins Spiel, als er sich von den Teilnehmern des Sponsorenmeetings in der Sparkasse verabschiedete. Mit kraftvoller Stimme wie eh und je zitierte der 81-Jährige aus Goethes Osterspaziergang: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick, im Tale grünet Hoffnungsglück. Der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in raue Berge zurück.“

Geschichten und Anekdoten en masse

Wie viel Rehhagel in diesen Versen steckt – und vielleicht sogar wie viel FC Gütersloh – konnten die gut hundert Gäste anschließend beim Imbiss in den Räumen des Geldinstituts diskutieren. Die meisten Gespräche drehten sich allerdings um den beeindruckenden Auftritt eines Experten, „der tiefe Spuren im deutschen und internationalen Fußball hinterlassen hat“, wie Manuel Neukirchner feststellte. Der Direktor des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund fungierte auf der Bühne als versierter Interviewpartner. Und „König Otto“, einer der vielen Titel, mit dem die Medien ihn in seiner langen Trainerkarriere versahen, nutzte jedes Stichwort, um (gelegentlich durchaus eigensinnig) Geschichten aus seinem Leben, Anekdoten aus seinen vielen Stationen und Ansichten zum Fußballgeschäft preiszugeben.


Aus Essen in die weite Fußballwelt

Im launigen 45-Minuten-Talk entstand das Bild eines aus einfachsten Verhältnissen in Essen stammenden Jungen, der nie damit gerechnet hätte, die ganze Welt zu sehen und einer der erfolgreichsten deutschen Fußballtrainer zu werden. „Wenn mir mein Vater gesagt hätte, dass ich mal Ehrenbürger von Athen werde . . .“ Rehhagel sprach diesen Satz nicht weiter, aber es wurde deutlich, wie dankbar er für all die Erlebnisse ist, die ihm der Fußball geschenkt hat. Dass er sich vieles erarbeitet hat, wie den Gewinn von drei deutschen Meistertiteln, drei Triumphen im DFB-Pokal, dem Europapokalsieg mit Werder Bremen und als Krönung den Europameistertitel 2004 als Nationaltrainer von Griechenland, verschwieg der „demokratische Diktator“, wie er sich selbst bezeichnet, nicht.


Weiter zu einer Party bei Clemens Tönnies

Natürlich gab es auch Lacher und Beifall für die zahlreichen Rehhagel-Sprüche („Jeder darf sagen, was ich will“) oder seine Kurzfassung von Taktik-Lehrbüchern: „Modern spielt, wer gewinnt.“ Auch die Journalisten bekamen ihr Fett weg: „Die interessieren sich nur für die, die gerade in der Sonne und im Scheinwerferlicht der Kameras stehen. Die aber unter den Kabeln durchkriechen müssen, die interessieren nicht.“

Aber hängen blieb auch Grundsätzliches, so wie sein Credo für ein erfolgreiches und glückliches Miteinander: „Es gibt Regeln im Leben, die muss man einhalten – im Fußball genauso wie in Ehe und Familie.“ Treue Freundschaft ist dem Mann, der seit 56 Jahren mit seiner Jugendliebe Beate verheiratet ist, sehr wichtig. Deswegen musste er nach dem Sponsorenmeeting und dem Verzehr des üblichen Honorars („Ein Pils und eine Frikadelle“) auch schnell weiter zu einer privaten Feier im Hause seines Freundes, des Schalke-Präsidenten Clemens Tönnies.

Aufrufe: 027.2.2020, 22:00 Uhr
Wolfgang Temme / FuPaAutor