2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
Anleitung: Die frühere Profitänzerin Daphne Strothmann verhalf den Fußballern des FC Gütersloh im Tanzstudio „danceair“ zu einem praktischen Einblick in Formen und Wirkung des Shadow Yoga.
Anleitung: Die frühere Profitänzerin Daphne Strothmann verhalf den Fußballern des FC Gütersloh im Tanzstudio „danceair“ zu einem praktischen Einblick in Formen und Wirkung des Shadow Yoga. – Foto: Besim Mazhiqi

FC Gütersloh: „Sonnengruß“ statt Zweikämpfe

Der Oberligist absolviert eine Yoga-Einheit bei Daphne Strothmann und ist beeindruckt. Trainer Julian Hesse spricht von einem „interessanten Thema“.

Von wegen Wohlfühloase, von wegen Meditationsteppich. Bei den Spielern des FC Gütersloh fließt der Schweiß, und die Muskulatur zittert. „Lasst es brennen.“ In die stöhnende Stille ertönt eine klare Ansage. Sie ertönt nicht auf dem Fußballplatz und auch nicht im Fitnessstudio. Die Oberligamannschaft ist zu Gast im Tanzstudio „Danceair“ und absolviert eine Yoga-Einheit.

Erste Lektion: „Bergposition“

Mit Daphne Strothmann hat sich eine anerkannte Expertin bereit erklärt, den Fußballern einen Eindruck von Formen und Wirkung des Shadow-Yoga zu vermitteln. Die 49-Jährige, eine früher international engagierte Profitänzerin, ist seit 18 Jahren Yoga-Lehrerin und seit acht Jahren in Gütersloh tätig. „Yoga hat mir immer wieder geholfen, meinen Körper ins Lot zu bringen und mein professionelles Tanzen unterstützt. Ohne Yoga hätte ich nicht bis 43 auf der Bühne stehen können“, versichert die drahtige und beneidenswert bewegungssichere Frau.

Beeindruckend wie sie die 19 Fußballer und die beiden Trainer Julian Hesse und Alexander Schiller, alle barfüßig und im weißen Sportdress gekleidet, sofort in ihren Bann zieht. Gleich mit der ersten Aufgabe, der „Bergposition“, zieht eine Ruhe in den Raum ein, wie sie sonst wohl nur bei der Traineransprache in der Kabine herrscht. „Im Yoga ist eines ganz wichtig – die Atmung“, erklärt Strothmann, während sie präzise Anweisungen gibt: „Füße geschlossen, die Hände vor dem Bauchnabel übereinander, Kopf hoch, die Augen nach unten gerichtet.“ Und auch, als sie ins Detail geht („Die Spitze der Zunge an den Gaumen drücken, das Steißbein sinken lassen“) erhebt sich kein belustigendes Lächeln bei den Männern, von denen sonst kompromisslose Zweikampfführung verlangt wird. „Fußball meets Yoga“, hat Oguz Kocak Petruzzo diese Einheit überschrieben. Der Leiter der FCG-Futsal-Abteilung, seit einem Jahr aktiver Anhänger dieser Bewegungsform, hat den Kontakt zu Daphne Strothmann hergestellt. Zusammen mit deren Partner Michael Dolan fungiert er als eine Art „Vorturner“.


Wie einst Jogi Löw 2018

Es folgen Übungen, die an ein Aufwärmprogramm mit Funktionsgymnastik erinnern, wobei die Expertin immer wieder an die Körperwahrnehmung und den Atemrhythmus appelliert. Spätestens als sie zum einbeinigen Stand und zum Anwinkeln des freien Beins auffordert, bekommen die ersten Gleichgewichtsprobleme. „Achtet darauf, was eure Zunge macht, das erleichtert die Balance.“ Die „Schlange“, eine in den Füßen beginnende und zum Kopf wandernde Körperwelle, glauben einige als „Discomove“ zu kennen. Längst haben sich die ersten Schweißtropfen auf der Stirn gebildet, doch die Aufmerksamkeit der Fußballer bleibt hoch.

Schon Jogi Löw hat Yoga in sein Trainingsprogramm integriert. Bei der WM 2018 gehörte Patrick Broome zum Trainerteam der Nationalmannschaft: „Yoga ist eine perfekte Ergänzung zu den kräftezehrenden Einheiten. Es mobilisiert, kräftigt, dehnt, streckt. Ziel ist es, die Körperpartien, die überbelastet sind, zu entspannen und die, die unterentwickelt sind, zu kräftigen“, erklärte Broome damals in einem Interview.


Koordinativ und konditionell an die Grenzen

Wer von den FCG-Spielern sich in diesem Moment daran erinnert und vielleicht über das frühe Ausscheiden nachgedacht haben sollte, wird von Daphne Strothmann aus der Ablenkung gerissen. Sie präsentiert das „Chaturanga Dandasana“, das „Brett“ – ein Liegestütz, aus dem sie durch Verschieben nach vorne-oben den „Heraufschauenden Hund“ und durch Rückführen den „Herabschauenden Hund“ entwickelt. Als einer aus der hinteren Reihe das Kläffen eines Hundes nachahmt, huscht auch Daphne Strothmann ein Lächeln über das Gesicht, doch die kleine Einlage zerstört die fast andächtige Stimmung nicht. „Es ist anstrengend, aber angenehm“, wird Saban Kaptan später sagen. Der auf dem Platz vor Spielfreude sprühende und überall mit lockeren Sprüchen aufwartende Stürmer merkte aber schnell: „Man muss sich mega konzentrieren.“ Mit dem „Sonnengruß“, einer Abfolge von Bewegungen, bringt die Yoga-Lehrerin die Fußballer koordinativ und konditionell an ihre Grenzen. Einer fällt durch besondere Beweglichkeit auf: Die Mutter von Torhüter Patrick Richter ist eine versierte Anhängerin der aus Indien stammenden Philosophie, die weit über bloße Körpertechniken hinausgeht.

Vor dem folgenden Fersensitz mit V-förmig abgespreizten Knien warnt Daphne Strothmann die jungen Männer: „Ihr werdet mich nicht mögen für diese Position, sie ist am Anfang die Hölle.“ Tatsächlich bekommen es nur die wenigsten hin, sich ohne Schmerzen auf den Fersen mit geflexten Zehen niederzulassen. Deshalb empfinden es die meisten als Erlösung, den „Schmetterling“ praktizieren zu dürfen, eine erholsame Sitzposition mit angewinkelt-abgespreizten Beinen. Als es danach um eine Verwringung geht, legt Strothmann bei einigen auch Hand an, um die korrekte Position zu erzwingen. Mit der anfänglichen „Bergposition“ endet die gut 50 Minuten dauernde Einheit. „Hat sich etwas verändert, steht ihr jetzt anders?“, fragte Daphne Strohmann, die immer wieder aufgefordert hatte, an die „Mitte“ zu denken. Alex Schiller gibt ihr recht: „Ich habe mein Gewicht jetzt auf beide Beine gleichmäßig verteilt.“


Vorteile für Fußballer...?

Der mehr als artige Applaus der Fußballer bestätigte die Gütersloher Lehrerin, die erstmals mit einer Gruppe Leistungssportler gearbeitet hatte („Sie haben die richtige Einstellung und Disziplin“), in ihrer Überzeugung, dass Yoga einen wichtigen Beitrag zum Trainingsprozess leisten kann. Ihr eigene Erfahrung als Künstlerin („Ich habe mich leichter in meinem Körper gefühlt und konnte mich freier bewegen“) hält sie auch im Sport für potenziell vorteilhaft.

„Es bringt bestimmt etwas, wenn man es regelmäßig macht, aber das ist auch ein Zeitproblem“, gab Mittelfeldspieler Nico Bartling zu bedenken. Julian Hesse, der ohnehin offen ist für den Blick über den Tellerrand und bei seinen Reisen auch von Eindrücken in Indien fasziniert war, war besonders beeindruckt von dem Schnupperkurs. „Das ist ein total interessantes Thema“, sagte der Trainer.

Aufrufe: 020.1.2020, 18:00 Uhr
NW / FuPaAutor