2024-05-10T08:19:16.237Z

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Handgeld, neue Fußballschuhe und eine monatliche Aufwandsentschädigung: Auch bei den Amateuren geht es oft ums Geld.
Handgeld, neue Fußballschuhe und eine monatliche Aufwandsentschädigung: Auch bei den Amateuren geht es oft ums Geld. – Foto: IMAGO/Kirchner-Media
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Ein Tabuthema im Amateurfußball

Auflauf- und Punkteprämien: Über Geld wird hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Begrenzung in den Niederlanden.rnrn

Es ist ein Buch mit sieben Siegeln. Über das Thema „Bezahlung im Amateurfußball“ spricht in der Öffentlichkeit so gut wie niemand. Schon seit Jahrzehnten werden Spieler und Trainer mit lukrativen Angeboten von ambitionierten Vereinen geködert – oftmals sogar schon in der Kreisliga. Punkte- und Auflaufprämien, eine sogenannte monatliche Aufwandsentschädigung oder Spritgeld in teils beachtlicher Höhe sind im Gegensatz zu Sportarten wie Basketball, Handball oder Volleyball auch in den hiesigen unterklassigen Ligen keine Seltenheit. Ein treffsicherer Bezirksliga-Torjäger streicht heutzutage in Ausnahmefällen für die Ausübung seines Hobbys eine höhere dreistellige Summe ein.

Viele Spekulationen

Das sind keine neuen Erkenntnisse, sondern war „ja schon immer so“, wie die Kenner der Szene stets berichten. Details zur Finanzierung bleiben meist im Verborgenen, auch in den Kabinen steht das Thema „Geld“ in der Regel auf dem Index. So wissen die Teamkollegen untereinander oft nicht, was der Nebenmann „verdient“. Spekuliert wird dafür umso mehr, beispielsweise wenn ein gestandener Mittelrheinliga-Spieler im besten Fußballer-Alter zu einem Bezirks- oder Kreisligisten wechselt. Von „Söldnern“ ist dann häufig die Rede. Durch das Abwerben und Bezahlen von Akteuren in Vereinen entsteht oft Unruhe. Es gibt auch in der Region einige Vereine, die ihre Mannschaften zurückziehen oder sogar abmelden mussten, weil ihnen das Geld ausgegangen ist – zum Beispiel, weil sich ein potenter Sponsor zurückgezogen hat – und sie ihre Spieler nicht mehr bezahlen konnten. Nicht selten leidet auch die Jugendarbeit darunter. Die Corona-Krise hat zudem dafür gesorgt, dass die Probleme der Clubs offensichtlicher werden, wie das Beispiel Hertha Walheim zuletzt gezeigt hat (wir berichteten).

In den Niederlanden will man nun gegensteuern und die Bezahlung von Amateurfußballern ab der Saison 2022/23 in Grenzen halten. Das hat der niederländische Fußballverband KNVB beschlossen. Demnach dürfen die Vereine nur noch eine Aufwandsentschädigung im Rahmen der sogenannten „Freiwilligenregel“ in maximaler Höhe von 170 Euro pro Monat oder 1700 Euro pro Kalenderjahr an einen Spieler zahlen. Darüber hinaus können weiterhin Spielerverträge über den Verband abgeschlossen werden. Es handelt sich dann wie in Deutschland um sogenannte „Vertragsamateure“. Für Verstöße gegen die neue Regel, sofern sie dem KNVB denn bekannt sind, sollen die beteiligten Akteure ab der übernächsten Saison drastisch bestraft werden. Den Spielern drohen bei Missachtung lange Sperren, den Clubs ein Punktabzug oder sogar der Zwangsabstieg. „Die neuen Bestimmungen treten ab der Saison 2022/23 in Kraft. So können Amateurverbände und Spieler optimal informiert werden und haben ausreichend Gelegenheit, sich auf die neue Situation vorzubereiten“, schreibt der Verband dazu auf seiner Homepage.

Auch in Deutschland soll es dem Vernehmen nach in einzelnen Regionen solche Bestrebungen geben. Vielleicht sorgt auch die Corona-Pandemie dafür, dass viele Vereine künftig den Gürtel enger schnallen müssen, da Sponsoren- und Mitgliederbeiträge wegbrechen. „Beim Amateurfußball handelt es sich um ein Hobby, um eine Freizeitgestaltung. Insofern muss die Frage erlaubt sein, ob hohe Spieler- und Trainergehälter in den Amateurfußball passen. Darüber lohnt sich eine kritische Debatte“, bezieht Bernd Neuendorf, Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein, zu der Thematik Stellung.

Online-Umfrage gestartet

Ungeachtet dessen haben Journalisten des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv und der Produktionsfirma EyeOpening.Media eine Online-Umfrage gestartet, um herauszufinden, welche Rolle Geld im deutschen Amateurfußball spielt. „Die Resonanz ist bislang sehr positiv. Mehr als 8000 Personen haben sich bereits durch den Online-Fragebogen geklickt. Einige nutzten auch die Möglichkeit, Einschätzungen und Erlebnisse zu hinterlegen“, sagt Correctiv-Reporter Arne Steinberg. So monierten einige Teilnehmer, dass sich viele Vereine von Geldgebern abhängig machen würden. „Es wurde kritisiert, dass sogenannte Mäzene höherklassige Spieler mit viel Geld locken, um so den nächsten Aufstieg zu garantieren. Nach kurzer Zeit gehe den großzügigen Geldgebern aber mitunter die Lust verloren. Sie steigen aus, der Geldfluss versiegt, und die guten Spieler suchen sich einen neuen Club“, sagt Steinberg. An der Umfrage haben sich auch Akteure aus Nordrhein-Westfalen beteiligt. Die Befragung soll Licht ins Dunkel bringen und für ein wenig Transparenz im Amateurfußball sorgen . . .

Link zur Online-Umfrage:

correctiv.org/bezahlkultur

Aufrufe: 07.1.2021, 10:00 Uhr
Lars Brepols | AZ/ANAutor