2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Henry Müller.  F: Bock
Henry Müller. F: Bock

"Es ist eine Auszeichnung, so ein Spiel pfeifen zu dürfen"

Cottbuser Schiedsrichter Henry Müller überzeugt beim Testspiel RB Leipzig gegen Glasgow Rangers / FuPa Brandenburg sprach mit dem Unparteiischen

Premiere für den Cottbuser Schiedsrichter Henry Müller: Nach seinem Aufstieg in die 3. Liga im Sommer durfte er am Sonntag erstmals beim Testspiel RB Leipzig gegen Glasgow Rangers eine Partie eines Bundesligisten leiten. FuPa Brandenburg sprach mit Müller anschließend darüber - und ob er ein besonderes Auge auf Timo Werner geworfen hatte.

Herr Müller, wie zufrieden sind Sie mit ihrer Leistung?

Ich bin sehr zufrieden. Es gab zwar nicht die ganz großen und kniffligen Szenen im Spiel. Aber trotzdem muss man so eine Partie erstmal fehlerfrei über die Bühne bringen. Es war eine super Zusammenarbeit mit meinen Assisstenten.

Und wie haben die Schiedsrichterbeobachter ihre Leistung gesehen?

Bei Freundschaftsspielen gibt es im Gegensatz zu normalen Ligaspielen keine richtigen Beobachter, die unsere Leistung danach auswerten. Ich habe aber aus ganz Deutschland viele Mitteilungen bekommen. Sie haben mir gratuliert für die ruhige, unaufgeregte und souveräne Spielleitung. Das hat mich sehr gefreut, denn das ist das beste Lob, welches man als Schiedsrichter bekommen kann. Für mich war es eine Auszeichnung, so ein Spiel pfeifen zu dürfen.

Wie kam es eigentlich dazu?

Die Ansetzung ist dem glücklichen Umstand geschuldet, dass zurzeit alle Schiedsrichter der 1. und 2. Liga auf Mallorca sind zur Vorbereitung auf die Rückrunde. Sonst pfeifen gerade bei internationalen Gegnern schon höherklassige Unparteiische aus deren Ligen. Es war sogar im Gespräch, Schiedsrichter aus Polen für das Spiel anzusetzen. Der DFB war letztendlich aber der Meinung, dass es auch genügend gute junge Unparteiische in der 3. Liga gibt. Das ist natürlich eine Bestätigung für meine eigene Leistung bislang nach einem halben Jahr auf dieser Ebene.

Haben Sie sich speziell auf das Spiel und die beiden Teams vorbereitet? Immerhin war es Ihre erste Partie eines Bundesligisten?

Ja klar. Von RB Leipzig kenne ich die Spieler schon alle. Ich schaue mir am Wochenende alle Spiele der 1. und 2. Liga entweder ganz oder in der Zusammenfassung an. Leipzig habe ich auch schon mehrmals in dieser Saison live im Stadion gesehen. Dazu habe ich noch ein paar Zeitungsartikel gelesen und mir das Spielsystem angeschaut. RB macht bei Ballgewinn schnell Druck nach vorne. Da muss ich als Schiedsrichter auch meine Laufwege entsprechend anpassen, damit ich immer nahe am Geschehen dran bleibe. Bei Glasgow habe ich mir auch vorher die Spieler angeschaut, damit ich sie auf dem Platz mit dem richtigen Namen ansprechen kann. Das gehört zur professionellen Vorbereitung und dem Umgang miteinander einfach dazu.

Und hatten Sie während der Partie ein besonderes Auge auf RB-Stürmer Timo Werner geworfen nach seiner viel diskutierten Flugeinlage am Ende der Hinrunde?

Überhaupt nicht. Für mich ist er ein Spieler wie jeder andere. Seine Schwalbe war ein Fehler gewesen, aber ich mache genau so meine Fehler. Ich gehe unvoreingenommen in eine Partie. Wenn er gefoult wird, bekommt er genau so seinen Freistoß wie alle anderen. So etwas muss man versuchen auszublenden. Voreingenommenheit kostet einen am Ende nur Punkte in der Bewertung. Es ist aber trotzdem wichtig, dass man solche Dinge auf dem Schirm hat. In bestimmten Situationen kann man dann besser reagieren auf dem Platz und mit dem Spieler vielleicht auch mal einen Flachs machen, um die Stimmung zu entspannen. Man muss mit jedem Spieler anders umgehen.

Das klingt nach viel Arbeit in Vorbereitung so einer Partie.

Ja, der Aufwand wird immer größer, je höher man pfeift. Das sollte aber auch der eigene Anspruch an sich selbst sein, möglichst gut vorbereitet in jedes Spiel zu gehen. Die Bundesligaschiedsrichter werden jetzt zum Beispiel sogar in den verschiedenen Spielsystemen der Mannschaften geschult, um sich unter anderem bei den Laufwegen auf dem Platz besser darauf einstellen zu können. Vergangene Saison hat zum Beispiel Darmstadt 98 oft mit langen Bällen in die Spitze auf Sandro Wagner gespielt. Wenn ich das als Schiedsrichter weiß, kann ich bei der Eröffnung des Angriffs schon ein Auge darauf werfen, wie sich Wagner bewegt oder ob er schon in den Zweikampf geht.

Sie pfeifen ihre erste Saison in der 3. Liga. Wie zufrieden sind Sie mit ihren ersten 4 Einsätzen als Spielleiter?

Es ist eine ordentliche Steigerung im Vergleich zur Regionalliga. Gerade die Partien von Magdeburg oder in Zwickau waren schon andere Hausnummern, auch von den Zuschauerzahlen her. Ich bin aber sehr gut reingekommen und haben nach allen Spielen sehr gute Bewertungen bekommen. Wir haben alle kniffligen Szenen im Team richtig bewertet. Ich bin sehr zufrieden mit dem Start. So kann es von mir aus weitergehen.

Was haben Sie sich für die Rückrunde vorgenommen?

Ich würde mir wünschen, dass es so weitergeht wie in der Hinrunde. Ich möchte einfach fehlerfrei durchkommen. Damit wäre ich schon vollauf zufrieden. Sicherlich braucht es ab und zu auch mal Partien mit kniffligen Szenen. Aber wichtig ist auch, dass man vermeintlich normale Spiele wie zum Beispiel die Partie von Mainz II in dieser Saison ohne Fehler zu Ende bringt. Dann ist man genau so in der Verlosung für mögliche höhere Aufgaben wie alle anderen.

Gibt es schon Anzeichen, dass Sie auf dem Zettel stehen bei den Verantwortlichen für höhere Aufgaben?

Das kann ich überhaupt nicht abschätzen. Es hängt unter anderem davon ab, ob überhaupt Plätze oben frei werden. Als Neuling will ich mich erstmal auf dieser Stufe etablieren. Und es wäre wohl utopisch, als Neuling gleich weiter aufzusteigen. Da vertraue ich ganz dem DFB, dass er die besten Leute auswählt. Die Verantwortlichen schauen dabei nicht nur auf die Spiele, sondern ob auch das berufliche und persönliche Umfeld passt. Für mich ist es erstmal wichtig, alles zu geben. Mehr ist nicht nur von einem selbst abhängig. Es ist ein bißchen wie beim Lotto spielen, aber man muss natürlich schon selbst mitspielen wollen.


Mit Henry Müller sprach Sven Bock.

Aufrufe: 016.1.2017, 13:35 Uhr
Sven BockAutor