2024-04-25T14:35:39.956Z

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Volle Hütte im Fuchs-Park-Stadion. Ein Bild, das nicht nur Eintracht-Herzen höherschlagen lässt - aber wohl noch länger eine Wunschvorstellung bleibt.
Volle Hütte im Fuchs-Park-Stadion. Ein Bild, das nicht nur Eintracht-Herzen höherschlagen lässt - aber wohl noch länger eine Wunschvorstellung bleibt. – Foto: FC Eintracht Bamberg

Aus dem neuen Fußball-Alltag

Sascha Dorsch, Sportlicher Leiter von Bayernligist Eintracht Bamberg, berichtet über Fußball in Zeiten von Corona

Eins vorweg: Wir freuen uns, wie alle anderen Vereine auch, darüber, endlich wieder Fußball spielen zu können. Die gemeinsame Anreise beim Auswärtsspiel, spannende Vereine mit ihren tollen Anlagen, 90-minütige Dramen und ein gemeinsames Bier danach in Badeschlappen in der Sonne. Wie haben wir das alle vermisst…

Der von den Vereinen zusammen mit dem Bayerischen Fußballverband vereinbarte Rahmenplan für die "Restsaison" ist unter den gegebenen Bedingungen die bestmögliche Lösung, da müssen wir nicht mehr "nachkarten". Lasst uns also nach vorne schauen...

Und genau da fangen auch die Probleme schon an. Für den Trainingsbetrieb haben wir, wie alle anderen Vereine, ein Hygienekonzept erstellt. Da wir aber für unsere Heimspiele im Fuchs-Park-Stadion in Bamberg die Anlage vom Eigentümer, der Stadt Bamberg, anmieten müssen, braucht es hier einen neuen Plan. Das benötigt Abstimmungsrunden mit den verschiedensten städtischen Ämtern (Garten-, Sport-, Ordnungsamt usw.). Nun sind die hiesigen Behörden Gott sei Dank durchaus flexibel, dennoch: die Kombination aus Urlaubszeit und Aktenumläufen lassen die Bearbeitungsdauern eher in Wochen als Tagen zählen. Und ohne die Zustimmung des Eigentümers gibt es kein Spiel. Ein Unterfangen also, das Zeit und Energie raubt.

Wer darf auf die Tribüne, wer nicht?


Im Stadion selbst dann die nächste Hürde: Dort sind 1.000 Zuschauer auf der Haupttribüne zugelassen, plant man aber pro Zuschauer einen Mindestabstand von 1,5 Metern, dann schrumpft die Kapazität auf gut 100 Zuschauer. Bei einem Zuschauerschnitt von knapp 700 in dieser Saison ein echtes Problem. Zumal wir weit über 100 Dauerkartenbesitzer haben, die auch für ihren Platz auf der Tribüne bezahlt haben. Wer darf auf die Tribüne, wer nicht?

Glücklicherweise bietet das Fuchs-Park-Stadion aber auch eine Gegengerade - allerdings nicht überdacht und ohne Sitzplätze. Die können wir aber dazu nehmen, dann passen auch alle Interessierten ins Stadion. Welche Dauerkartenbesitzer dann dort untergebracht werden, müssen wir noch in sicher nicht einfachen Gesprächen klären.

Vielleicht reduziert sich ja die Anzahl der Zuschauer auch dramatisch? Viele - vor allem ältere Mitglieder - haben schon berichtet, dass sie Angst um die Gesundheit haben und lieber von Zuhause aus die Spiele verfolgen wollen - beispielsweise per Liveticker. Dann hat sich das mit dem Platzproblem vielleicht geklärt. Aber auch die Saisonkalkulation mit den eingerechneten Zuschauereinnahmen und Cateringumsätzen hat sich erledigt.

Das nächste Problem auf der Gegengerade: Da die Stadt Bamberg die jeweilige Miete pro Spiel "modular" berechnet, d.h. pro Stadionnutzfläche wie Haupttribüne, Gegengerade, VIP-Räume, Flutlichtnutzung etc. steigen durch die Hinzunahme der Gegengerade die Mietkosten nicht unwesentlich an. In Zeiten, in denen jeder Euro umgedreht werden muss, auch kein schöner Begleitumstand.

Aber gut, auch dies wird akzeptiert, dann sichten wir das nächste Kapitel: Die erarbeiteten Hygienekonzepte verfordern einen personellen Mehraufwand, um all die Maßnahmen umzusetzen. In normalen Zeiten, in denen ohnehin schon in vielen Vereinen - so auch bei uns - die Schwierigkeit besteht, alle Funktionen zu besetzen, bedeutet die Hinzunahme der Gegengerade eine Verdoppelung des normalen Personals. Kassenhäuschen, Ordner, Getränkestand...

Ist all das erledigt - Hygienekonzepte erstellt, Absprachen mit der Stadt getroffen, Dauerkartenbesitzer beruhigt, neue Helfer rekrutiert und die Budgetplanung korrigiert - tut sich ein nächstes Szenario auf: Was ist, wenn sich Corona-Verdachtsfälle innerhalb der Mannschaft ergeben? Bei den aktuell steigenden Zahlen sicher nicht ausgeschlossen. Und bei uns im Team letzte Woche tatsächlich vorgekommen - Gott sei Dank dann aber nicht bestätigt.

Haben derzeit einiges zu tun: Sascha Dorsch (Sportlicher Leiter), Trainer Michael Hutzler und Vereinschef Jörg Schmalfuß.
Haben derzeit einiges zu tun: Sascha Dorsch (Sportlicher Leiter), Trainer Michael Hutzler und Vereinschef Jörg Schmalfuß. – Foto: PresseFoto Evans/ Ryan Evans


Bei einer Inkubationszeit von drei bis 14 Tagen als Ausgangspunkt und eines Verdachtsfalles bei einem Spieler am Montag nach einem Punktspiel wird der betreffende Spieler getestet - am besten mit einem zweiten Test nach einigen Tagen - und der Rest der Mannschaft setzt vorsichtshalber mit dem Training aus. Wir müssen dann auch den vorherigen Gegner benachrichtigen und ggf. den nächsten Spieltag verschieben. Und im schlimmsten Fall ist dann die gesamte Mannschaft für mindestens zwei Wochen aus dem Spielbetrieb. Klar, die Spiele können dann wieder hinten angehängt werden - sollte das Wetter mitspielen.

Warum wir dann dennoch all den Aufwand betreiben? Weil wir gerne wieder in Badeschlappen - und mit entsprechendem Abstand - ein Bier nach dem Spiel trinken wollen. Und weil wir trotz alledem glauben, dass ein Fußballspiel mit Zuschauern und den eingehaltenen Hygienevorgaben sinnvoller ist, als Demonstrationen ohne Mundschutz oder Partys auf engstem Raum im Urlaubs-Domizil. Wir tun das alles, trotz der Schwierigkeiten und dem Mehraufwand, weil Fußball immer noch die schönste Nebensache der Welt ist. Und weil wir wissen, dass das alles nur funktionieren kann, wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt und sich verantwortungsvoll benimmt.

Sascha Dorsch, Sportlicher Leiter FC Eintracht Bamberg

Aufrufe: 08.8.2020, 09:53 Uhr
Sascha DorschAutor