2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ein Leben lang Edenstetten: Markus Kandler.
Ein Leben lang Edenstetten: Markus Kandler. – Foto: Bernhard Enzesberger

Trainingseinheiten bis weit nach Mitternacht

Helden der Kreisklasse: FuPa erzählt die Geschichte von Kickern, die Sonntag für Sonntag Fußball leben

Fußball ist ihr Leben! Die Helden der Kreisklasse sind selten im Fokus, aber ohne sie wäre der der Sport mit dem runden Leder nur halb so liebenswert. Die dritte Halbzeit nach dem Spiel ist dabei mindestens so wichtig wie die 90 Minuten davor. Heute haben wir uns mit Markus Kandler von der SG Edenstetten unterhalten.

Das Getuschel war groß. Was, echt? Ja, sie haben's getan. In Edenstetten tat sich 2016 Unerhörtes, etwas für vorherige Generationen Undenkbares. Ein Tabuthema, über das im Dorf, das zur Gemeinde Bernried (Lkr. Deggendorf) gehört, höchstens hinter vorgehaltener Hand getuschelt wurde. Die beiden Fußballvereine des Ortes, der FC und der SV machten endlich gemeinsame Sache, standen sich nicht mehr spinnefeind gegenüber, sondern gehen nun seit der Spielzeit 2016/17 als Spielgemeinschaft an den Start. "Das war der logische Schritt", betont Markus Kandler und erzählt, dass die Rivalität mit der Zeit ohnehin immer kleiner wurde: "Die Derbys waren längst nicht mehr so schlimm wie früher. Ja, die 90 Minuten waren meist intensiv, aber danach sind wir alle zusammengesessen. Meine besten Kumpels haben eigentlich schon immer beim FC gespielt."

Zusammen, was zusammen gehört.

Und er muss es wissen. Wenn nämlich einer dezidiert Auskunft geben kann über den Fußball in Edenstetten, dann der 30-Jährige: "Eigentlich komme ich aus der Nähe von Bernried, aber mein Papa war schon immer beim SV Edenstetten-Egg. Dadurch bin ich auch dazu gekommen und seitdem dabei." Lange war der größte Rivale im gleichen Ort beheimatet, das scheint nun Geschichte zu sein. "Von Beginn an hat die Zusammenarbeit hervorragend funktioniert. Ich kann mich erinnern, dass ich in der Anfangszeit nach keinem Training vor Mitternacht oder ein Uhr morgens heimgekommen bin", lacht der Offensivmann und ist sich sicher: "Es ist das Beste, was beiden Klubs passieren konnte." Noch sind beide Vereine eigenständig, doch auch das könnte sich bald ändern. "Es laufen derzeit die Gespräche zur Fusion. Es soll bald nur noch einen Verein geben." Kräfte bündeln heißt das Zauberwort. Die Kreisliga wollen sie mittelfristig ins Visier nehmen in Edenstetten. "Wir sind hier auf dem richtigen Weg. Im Nachwuchsbereich ist vor allem der FC richtig gut aufgestellt", meint Kandler.

Warum hat er es nie woanders versucht?

Er selbst hätte durchaus mehr im Kreuz gehabt als "nur" Kreisliga. Seit Jahren liefert er vorne konstant ab, an höherklassigen Interessenten hatte es nie gemangelt. Hat es ihn nie gereizt auszuloten, wo seine sportlichen Grenzen sind? "Ich bin jetzt 30 und manchmal frage ich mich schon, ob ich es nicht vielleicht mal in Bezirksliga hätte versuchen sollen. Es hätte mich auch definitiv gereizt. Am Ende habe ich mich aber immer dafür entschieden zu bleiben. Ich freue mich die ganze Woche auf den Sonntag, vor allem auch auf den Teil nach dem Spiel. Egal, ob wir gewinnen oder verlieren. Meine Freunde und ich sitzen dann immer zusammen, quatschen über das Spiel, dann gibt's auch mal den ein oder anderen Spruch gedrückt. Da kann's dann durchaus auch mal 22 Uhr oder später werden. Das ist für mich Fußball - fast wie Familie."

»Was soll ich jetzt sonntags machen?«

Und seine Familie verlässt man eben ungern. Fußballerisch hat Markus Kandler an sich in letzter Zeit eine Verwandlung feststellen können. Das Geben macht ihm mittlerweile fast mehr Spaß als das Nehmen. War es früher für ihn das Nonplusultra, die Kugel ins Netz zu jagen, ist es ihm mittlerweile eine größere Freude, anderen zu servieren: "Ich bin nicht mehr der klassische Stürmer, sondern mehr der Zehner. Je älter ich werde, umso unwichtiger sind mir Tore. Mittlerweile lege ich lieber noch einmal quer", grinst er.

Da passt es auch ins Bild, dass Markus Kandler umgezogen ist. Jetzt wohnt er 20 Meter neben dem Fußballplatz. Weit nach Hause hat er nun nicht mehr, sollte es wieder mal länger werden. Das verflixte Jahr 2020 hat ihm aber aus bekannten Gründen gehörig einen Strich durch die Rechnung gemacht. "Das ist brutal für mich. Was soll ich jetzt sonntags machen?", fragt er lachend und man spürt die tiefe Sehsucht nach Bolzplatz, Ball und Bier - und nach Trainingseinheiten, die erst nach Mitternacht enden.

Aufrufe: 016.12.2020, 15:22 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor