2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Archivfoto: www.paulmedia.lu
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Bei: Differdingen existiert auch ohne Er Rafik weiter!

Interview mit den Präsidenten des FC Differdingen 03, Fabrizio Bei

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Vor dem Saisonauftakt in der BGL Ligue haben wir uns mit dem Vorsitzenden des letztjährigen Tabellenzweiten unterhalten.

Herr Bei, beginnen wir mit einem kurzen Rückblick: Zweiter in der vergangenen Saison und so nah am Meistertitel wie noch nie, doch im Pokal schon im Viertelfinale raus. War es für Sie eher eine gelungene oder eine nicht so gelungene Saison 2016-2017?

Es war eine gelungene Saison. Mit 64 Punkten wäre man in anderen Saisons Meister geworden, deshalb können wir stolz auf unsere Mannschaft sein. Wir haben ja nur aufgrund der Tordifferenz das Rennen gegen F91 verloren. Natürlich war eine gewisse Enttäuschung da, zumal man ja quasi bis zur letzten Minute des letzten Spieltages hoffen konnte und wir immer daran glaubten.

Eine Meisterschaft eben aufgrund der schlechteren Tordifferenz zu verlieren ist natürlich bitter, sowohl für die Mannschaft als auch für den Vorstand. Insgesamt sind wir aber stolz auf das Erreichte in der abgelaufenen Saison. Im Pokal hatten wir vielleicht nicht die richtige Vorbereitung auf das verlorene Spiel (d.Red.: 0-3 Heimniederlage gegen F91 im Viertelfinale).

Wir hatten kurz zuvor in Düdelingen in der Liga gewonnen, dadurch kam F91 mit den Messern zwischen den Zähnen zu uns und die wollten diese Revanche, die wollten vielleicht etwas mehr als wir an dem Tag. Und wir dachten vielleicht „jetzt haben wir in Düdelingen gewonnen, dann geht das zuhause auch“. Natürlich was es eine Enttäuschung für einen Verein wie unseren, der den Pokal in den vergangenen Jahren bei fünf Finalteilnahmen viermal gewinnen konnte.

In Großen und Ganzen bin ich aber zufrieden mit der letzten Saison, auch wenn ein bitterer Nachgeschmack bleibt, da wir diesem Meistertitel jetzt schon fast 39 Jahren hinterherlaufen und er wieder nicht gefeiert werden konnte. Und es stimmt, so nah dran waren wir noch nicht aber das ist die bittere Realität und wir müssen jetzt positiv in die neue Saison kommen.

Zur Europa-League-Qualifikation: der FK Zirä war ein unbequemer Gegner, dennoch war mehr drin. Wie sehen Sie den kurzen internationalen Auftritt des FCD?

Ja, das stimmt schon. Fola hat ja z.B. auch gegen einen Club aus Aserbaidschan gespielt (d.Red.: Inter Baku) und ist weitergekommen. Das sind aber oft Gegner, bei denen man nicht genau weiß, wo man mit ihnen dran ist. Im Hinspiel fehlte uns auch das nötige Quäntchen Glück, viele Torchancen haben wir liegenlassen, auch zuhause übrigens. Dort haben wir 70 Minuten lang guten Fußball gespielt, der gegnerische Torwart klärte mehrmals auf der Linie, wir hatten Pfosten- und Lattentreffer und dann bekommen wir die kalte Dusche mit diesem Gegentor zum 1-1. Da fehlte uns vielleicht eben dieses Glück, das andere Vereine in dieser Saison auf internationalem Parkett hatten. Für mich persönlich war es auf jeden Fall eine große Enttäuschung, aber natürlich auch für den gesamten Verein.

Ihr wart ja ein Club, der international öfter einige Runde überstand in den vergangenen Jahren.

Ja, wir waren der einzige luxemburgische Verein der bis in die vierte Runde vorstoßen konnte. Der Europapokal gehört ja bei uns auf den Terminkalender und in den vergangenen beiden Jahren hat uns eben wie erwähnt das Glück etwas gefehlt und die Vorbereitung darauf war auch nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten, es gab einige Verletzte, der eine oder andere war im Urlaub usw. Deshalb steht eine Sache fest: dies wird nicht mehr passieren, wenn wir in der nächsten Saison wieder im Europapokal stehen werden, dann sind wir gewarnt!

Kann das denn jetzt nicht von Vorteil für die Meisterschaft sein, wenn ihr nicht wie Niederkorn oder Fola quasi bis zum Saisonauftakt durchspielt?

Ich sehe das nicht als Vorteil, im Gegenteil. Wenn man international einige Runden weiterkommt, lernt man ja viel dazu, man wird reifer. Darunter leidet die Meisterschaft nicht. Manche denken, dass wenn man die Vorbereitung so früh anfängt, käme man im Herbst in ein kleines Tief, doch daran glaube ich nicht. Man bereitet sich ja vernünftig vor, so wie es sein soll.

Für uns sind die ersten vier Spiele gleich sehr wichtig, damit wir in diesen so gut wie möglich abschneiden, was bestimmt schon nicht einfach wird. Nach der Länderspielpause werden wir dann schon wissen, wo wir stehen.

Mit May, Schaab, Luisi, Sinani, Bukvic und Er Rafik haben etliche Leistungsträger den Verein im Sommer verlassen. Sind diese eventuell eine Erklärung dafür, dass die neue Mannschaft sich noch nicht ganz gefunden hat?

Da bin ich nicht ganz einverstanden. Es sind natürlich Spieler, die schon lange bei uns waren, aber zum Teil waren es keine Stammspieler mehr. Es gab eine gewisse Unzufriedenheit bei diesen Spielern und aus diesem Grund haben wir sie auch ziehen lassen. Bukvic spielte nicht mehr oft, Andy May war natürlich Kapitän, saß aber auch immer öfter auf der Bank, ähnlich wie Sinani, ein Leistungsträger der nicht viel zum Zuge kam. Das war auch eine Wahl, die der Trainer getroffen hatte und diese Jungs haben daraufhin gefragt, den Club verlassen zu können um wieder mehr Spielzeit zu haben.

Wir wollten den Kader erneuern, auf dem Papier sieht das natürlich heftig aus und man ist tatsächlich geneigt sich zu fragen, wen Differdingen alles hat ziehen lassen. Wir haben in junge Spieler investiert, wie z.B. Nicolas Perez, der über Profi-Erfahrung in Lille, Mouscron und Martigues verfügt. Dann hebe ich Amri Chadli hervor, der vier Jahre Bundesliga-Erfahrung in Mainz gesammelt hat, letzte Saison war er in Homburg. Man spielt ja nicht vier Jahre unter Jürgen Klopp, wenn man nicht Fußball spielen kann. Giuliano Jackson ist ein junger Kerl von Racing, mein Sohn kommt aus Monnerich zurück, der natürlich ein Differdinger Junge ist, dazu kommt dann noch Farid Ikene der knapp 17 Jahre alt ist.

Wie Sie sehen, haben wir in junge Spieler investiert. Was die älteren Abgänge betrifft ist es klar, dass einige von ihnen kaum noch spielten. Das Stammpersonal ist geblieben. Wir hatten natürlich Glück, dass wir in der vergangenen Saison nicht viele Verletzte zu beklagen hatten, das könnte natürlich in der neuen Saison anders verlaufen. In einem solchen Fall hätten wir vielleicht ein kleines Problem, da diese Neuverpflichtungen noch nicht die Reife und Erfahrung haben, über die unsere Abgänge verfügten, aber das muss sich auch erstmal bewahrheiten.

Tut der Abgang von Omar Er Rafik am Ende am meisten weh?

Das kann ich Ihnen erst im Dezember sagen! Es nervt mich schon ein wenig, dass manche meinen, dass der FC Differdingen 03 mit dem Abgang von Omar Er Rafik nicht mehr existieren könnte. Wir haben Caron, wir haben Perez, wir gehen offensiv stark genug in diese Meisterschaft. Wer jetzt in der Öffentlichkeit meint, der FC Differdingen wäre nicht mehr derselbe, nur weil Omar Er Rafik jetzt weg ist, der täuscht sich! Omar hat uns viel gegeben – aber wir haben ihm auch viel gegeben. Wenn jemand glaubt, ohne ihn wären wir 30 oder 40% schlechter, dem sage ich, dass er sich warm anziehen muss! Denn am Ende entscheiden sich Spiele und Meisterschaften immer noch auf dem Platz und dort sieht man dann auch, ob die Transfers gut sind oder nicht. Mit den jetzigen Neuverpflichtungen verhält es sich ja wie damals vor fünf Jahren mit Omar Er Rafik, den wir aus einer Ehrenpromotion (d.Red.: vom CSO) zu uns holten und niemand ihn kannte.

Was sind denn jetzt die Ziele von Differdingen für die neue Saison?

Das ist einfach: wir wollen aufs Podium, unser Ziel kann kein anderes sein als in den Europapokal zu kommen. Wir haben das entsprechende Potenzial und die nötige Qualität. Dazu noch das Stadion, die Fans und wir haben die Stadt hinter uns. Und wir wollen natürlich wieder um die Meisterschaft mitspielen. Ich kenne auch keinen Präsidenten, der in die Meisterschaft geht und den Titel nicht gewinnen möchte. Natürlich gehört immer etwas Glück in Sachen Verletzungen usw. dazu. Unsere Ambitionen sind klar: wir wollen unter die ersten drei kommen und wenn möglich ein Wörtchen ganz oben mitreden. Es wird aber schwer, denn für mich persönlich ist Düdelingen der große Favorit, F91 verfügt einfach über eine so hohe Qualität im Kader.

Wenn Sie tippen müssten, auf wen würden Sie setzen?

Düdelingen! Düdelingen hat die Qualität der Spieler aber auch die Quantität, sie haben durch einige Transfers ja auch Konkurrenten versucht zu schwächen. Dazu sehe ich uns, Niederkorn und Fola oben mit dabei, die haben sich auch alle gut verstärkt. Aber auch Jeunesse sollten wir nicht vergessen, von dem Rekordmeister spricht kaum noch einer. Sie haben aber vier oder fünf Spieler aus Düdelingen geholt, die auch Qualität mitbringen. Für mich sind also vier, fünf Teams oben mit dabei, doch Düdelingen sollte normalerweise haushoch Meister werden.

Aufrufe: 05.8.2017, 11:30 Uhr
Paul KrierAutor