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FuPa Portrait
Viele Jahre hat Robert Schick (r.) gekämpft - jetzt muss er sich den Schmerzen geschlagen geben.
Viele Jahre hat Robert Schick (r.) gekämpft - jetzt muss er sich den Schmerzen geschlagen geben. – Foto: Foto Pfeifer

Karriere-Aus mit 27: »Meine Hüfte ist wie bei einem 60-Jährigen«

+++ Schmerzender Abschied vom aktiven Fußball für Linksfuß Robert Schick vom FC Bayern Alzenau +++ Ex-Profi hat die Kickschuhe nach jahrelanger Tortur vergangenen Dienstag offiziell an den Nagel gehängt +++

Samstag, 27. April 2013, kurz vor 13 Uhr. Einmal mehr machte sich der damals 19-jährige Robert Schick im früheren Frankfurter Volksbank-Stadion warm. 6.075 Zuschauer waren gekommen, um die Zweitliga-Partie zwischen dem FSV Frankfurt und Dresden am 31. Spieltag zu sehen. Ein starker zweiter Durchgang bescherte dem FSV einen 3:1-Heimsieg und am Ende der Saison den vierten Platz, die Bundesliga schien greifbar. Robert Schick erinnert sich gern daran zurück. 16-mal stand er in der Spielzeit im Kader, zum letzten Mal gegen Dresden – auf dem Feld war er in der 2. Bundesliga aber nie. Doch der Linksfuß war noch jung, seine Laufbahn lag vor ihm. Fast acht Jahre und fünf Vereine später hat diese Laufbahn jetzt ihr jähes Ende gefunden. Mit nur 27 Jahren musste er die Fußball-Schuhe beim FC Bayern Alzenau an den Nagel hängen – wegen Hüft-Arthrose.

„Fußball bedeutet mir schon immer sehr viel“, sagt Robert Schick. Viele Erinnerungen kommen ihm hoch, wenn er zurückblickt. Etwa an seine Mutter, die am Telefon Freudentränen weinte, weil ihr Sohn in die Junioren-Bundesliga zu Karlsruhe wechselte. Oder an seinen Vater, der bei der Arbeit kürzertrat, um ihn zum Training zu fahren. Oder an sich selbst, wie er für seinen Traum damals Stunden in der Bahn verbrachte: „Ich würde heute nichts anders machen, ich habe immer alles gegeben. Aber für den großen Durchbruch reichte es nie.“

Der gebürtige Hesse geriet nach seinem ersten Jahr beim FSV Frankfurt in eine Abwärtsspirale: „Ich habe häufig den Verein gewechselt und es ging immer Stück für Stück weiter nach unten.“ Sein treuer Begleiter in all den Jahren: der Schmerz in seiner linken Hüfte. „Schon in meinen ersten Herren-Saisons hatte ich Probleme damit, es fühlte sich wie ein Messerstich an.“ Auch eine OP im Alter von 20 Jahren sorgte nur kurz für Besserung. Zuvor schaffte er es schmerzbedingt kaum, eine Partie über 90 Minuten durchzustehen.

Der Linksfuß (r.) bei einem seiner letzten Einsätze für den FC Bayern Alzenau im Herbst 2020.
Der Linksfuß (r.) bei einem seiner letzten Einsätze für den FC Bayern Alzenau im Herbst 2020. – Foto: Foto Pfeifer

Egal ob beim FSV Frankfurt, in Halle und Aalen, bei Wolfsburg II und schließlich dem FC Bayern Alzenau: das Problem blieb stets das gleiche. „Da rieben in der Hüfte die Knochen aneinander. Besonders nach harten Einheiten oder bei Kälte im Winter war es übel“, so der heute 27-Jährige, der jahrelang die Zähne zusammenbiss. „Irgendwie ging es, irgendwie hat man sich gewöhnt. Schmerztabletten halfen eh nicht, deswegen habe ich darauf verzichtet. Stattdessen nahm ich immer mehr eine Schonhaltung beim Fußball ein.“

Trotz alldem brachte der 1,88-Meter-Mann es auf 141 Regionalliga-Partien, 26 Drittliga-Spiele und einen DFB-Pokal-Einsatz: „Es waren tolle Jahre als Profi: Man lebt seine Leidenschaft aus, verdient gut und hat Zeit für die Familie.“ Dennoch machte er 2019 einen Schnitt. Mit seinem Wechsel zu Bayern Alzenau war die Zeit als Vollzeit-Profi beendet – stattdessen begann er eine handwerkliche Ausbildung: „Der Verein hat das ermöglicht. Es war mir und meiner Familie wichtig, ein zweites Standbein zu haben.“

Der Ex-Profi (r.) war stehts mit vollem Einsatz dabei.
Der Ex-Profi (r.) war stehts mit vollem Einsatz dabei. – Foto: Claus G. Stoll, Maximilian Wirkus

Beim neuen Verein trumpfte Schick sportlich noch einmal auf. „Super Übersicht, toller linker Fuß, variabel einsetzbar und gute Technik“, kommt Alzenau-Coach Artur Lemm ins Schwärmen. Er plante mit dem 27-Jährigen langfristig als „aggressive Leader“, da Schick auch menschlich und mit seiner Erfahrung wichtig für das Team gewesen sei. Wie wichtig, zeigt die aktuelle Regionalliga Südwest-Saison: An acht der ersten neun Spieltage stand er auf dem Platz und holte mit dem FCB, der als bayerischer Verein dem hessischen Verband angehört, dabei 13 Punkte – in den weiteren zwölf Partien ohne ihn kamen nur magere sieben Zähler im Abstiegskampf dazu. Umso schwerwiegender, dass Robert Schick kein Comeback mehr geben wird.

Dabei ahnte am 17. Oktober 2020 noch niemand, dass die 1:4-Heimpleite gegen Hoffenheim II die letzte Fußball-Partie in seiner Karriere werden sollte: „Die Corona-Pause hat mir aber einfach nicht gut getan. Ich hatte zuletzt sogar beim Spazieren große Schmerzen.“ Wochenlang setzte er deswegen aus. Ohne Erfolg. Ein MRT bei Vereinsarzt Dr. Thomas Ambacher sollte Hoffnung machen, doch brachte nur eine Schock-Nachricht: „Meine linke Hüfte ist wie bei einem 60-Jährigen!“ Schicks einzige Chance, um den Verschleiß durch die Arthrose jetzt noch einzudämmen, ist das Karriereende. „Fußball geht nicht mehr. Der Doc gab mir sonst noch zwei Jahre bis zur künstlichen Hüfte“, sagt der 27-Jährige.

Nur schweren Herzens kommt er dem Rat der Ärzte nach: „Es ist hart, aber die Gesundheit geht vor. Es ist gut, dass ich Ablenkung habe, sonst würde mich das alles viel schlimmer treffen.“ Nun wolle er sich auf Familie, Beruf und Gesundheit konzentrieren. Bayern Alzenau, das derzeit einzige bayerische Amateur-Team im sportlichen Einsatz, will ihn dabei begleiten – Gespräche für eine künftige Rolle im Verein sind geplant. „Er ist ein authentischer Typ, den wir auf dem Platz vermissen. Umso schöner fände ich es, wenn er in anderer Form dem Fußball erhalten bleibt“, sagt Trainer Lemm. Statt auf dem Platz hält sich sein Ex-Spieler jetzt durch Schwimmen oder Radfahren fit. Ein Rücktritt vom Rücktritt komme laut Robert Schick nicht in Frage. Nur für ein „Pflichtspiel“ würde er noch Ausnahmen machen: „Gerne würde ich meinen Söhnen das Bolzen beibringen.“

Aufrufe: 07.2.2021, 08:00 Uhr
Kilian AmrheinAutor