2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Michael Eckstein ist bei dem HFV und als langjähriger Schiedsrichter aktiv. Wir haben ihn uns für das "Interview der Woche" geschnappt. F: Ig0rZh – stock.adobe
Michael Eckstein ist bei dem HFV und als langjähriger Schiedsrichter aktiv. Wir haben ihn uns für das "Interview der Woche" geschnappt. F: Ig0rZh – stock.adobe

"Es mangelt an Respekt"

"Nachspielzeit" mit Michael Eckstein +++ Langjähriger Schiedsrichter teilt Erfahrungen und nimmt Stellung zu strittigen Themen +++ "Konkurrenzkampf belebt das Geschäft"

Wiesbaden. In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Michael Eckstein. Der 57-Jährige ist neben seinen Tätigkeiten beim Hessischen Fußball-Verband als Referent im Freizeit- und Breitensport und Klassenleiter der Herren Kreisliga C, als langjähriger Schiedsrichter aktiv. Eckstein spricht über seine Erfahrungen, die er in seiner Karriere bisher erlebt hat und was seiner Meinung nach einen guten Schiedsrichter ausmacht. Dazu äußert sich der Ehrenamtsbeauftragte zu den strittigen Themen Handspiel und Video Assistant Referee (VAR).

FuPa: Sie sind nun schon unwahrscheinlich lange jedes Wochenende mit der Pfeife unterwegs. Seit wann sind Sie Schiedsrichter und wie kamen Sie dazu?

Eckstein: Ich bin seit 1996 Schiedsrichter. Damals war ich als Jugendtrainer aktiv und sah bei einem unserer Spiele eine nicht ganz so überzeugende Leistung des Referees und da dachte ich mir, das kriege ich bestimmt besser hin. Zudem spielte ich schon länger mit dem Gedanken als Jugendtrainer aufzuhören.

Haben Sie selbst aktiv Fußball gespielt?

Ja ich habe gespielt, bis ich 36 Jahre alt war. Bei der TSG Pfeddersheim durchlief ich sämtliche Jugendmannschaften und spielte dann anschließend auch in der ersten Mannschaft. Zwischendurch kickte ich unter anderem sowohl bei der ersten, als auch bei der zweiten Mannschaft von Wormatia Worms.

Sie haben in all den Jahren eine Menge miterlebt. Was sagen sie dazu, dass die Spieler immer aggressiver gegen die Schiedsrichter vorgehen? Nimmt Gewalt gegenüber Schiedsrichtern zu?

Ja das stimmt auf jeden Fall. Als Schiedsrichter musst du aber eine gewisse Persönlichkeit an den Tag legen. Du darfst nicht arrogant gegenüber den Spielern sein, doch musst klar machen, dass du der Chef im Ring bist. Dabei ist insbesondere die Körperhaltung wichtig. Du darfst dich nicht klein machen lassen. Man muss selbstbewusst auftreten. Meiner Meinung nach liegt das Problem heutzutage in der Erziehung. In einem D-Jugend-Spiel wurde ich vor kurzem als 'Dumme Sau' beschimpft. Ich denke, dass es die Eltern zunehmends versäumen ihren Kindern den Umgang mit Respektspersonen beizubringen. Auch die Trainer tragen ihren Teil dazu bei, indem sie oftmals selbst respektlos gegenüber uns Schiedsrichter agieren.

Ein paar ihrer Schiedsrichterkollegen haben sich vermehrt über Ausgrenzung und sogar Mobbing ihrer Vorgesetzten ausgesprochen. Wie stehen Sie dazu und wie intensiv haben Sie den Konkurrenzkampf erlebt?

Also so etwas derartiges habe ich noch nicht mitbekommen und das gibt es bei uns auch nicht. Einmal habe ich als Trainerneuling etwas Vergleichbares erfahren, als ich einen erfahrenen Kollegen korrigierte und dieser mich dann vor den anderen Anwesenden schlecht machte, doch dies liegt ja auch schon viele Jahre zurück. Wir haben viel zu wenige Schiedsrichter und deshalb wollen wir die Jugend absolut fördern. Allgemein herrscht auch bei den Schiedsrichtern natürlich ein gewisser Konkurrenzkampf, doch ich denke auch hier gilt: 'Konkurrenz belebt das Geschäft.'

Was halten Sie von den Grundsatzdiskussionen, die sich um die Themen Handspiel und VAR drehen?

Die FIFA muss sich mit der Regelkommission zusammensetzen und uns Schiedsrichtern klipp und klar sagen, wann es ein Handspiel ist und wann nicht. Ich persönlich ahnde ein Handspiel, wenn die Hand erkennbar zum Ball geht und der Arm wirklich unnatürlich weit vom Körper weg ist. Beispielsweise hat die Hand in einer Freistoßsituation, nichts über dem Kopf eines in der Mauer stehenden Spielers zu suchen. Dagegen werte ich keine Aktionen, bei denen sich die Spieler versuchen mit der Hand zu schützen. Vom Videobeweis halte ich persönlich überhaupt gar nichts. Der VAR untergräbt die Moral des Schiedsrichters. Die Pausen in den Spielen, während Situationen überprüft werden, dauern viel zu lange und der Kollege in Köln ist auch nur ein Mensch und kann daneben liegen.

Abschließend stellt man sich die Frage, wenn man oftmals beleidigt und angefeindet wird, was Sie immer noch dazu antreibt Woche für Woche auf dem Platz zu stehen, um ein Spiel zu leiten?

Fußball ist einfach der schönste Sport, den es für mich gibt. Ich habe nach wie vor riesigen Spaß daran am Wochenende auf dem Platz zu stehen. Speziell der soziale Aspekt gefällt mir. Durch den Sport treffe ich jedes mal auf's Neue interessante Menschen und knüpfe einfach viele neue Bekanntschaften. Das treibt mich an.

Aufrufe: 017.4.2019, 11:00 Uhr
Christopher JudelAutor