2024-06-04T08:56:08.599Z

Allgemeines

Ein Verzicht ist keine Lösung

Teil 2 der Serie: +++ Kunstrasen – Fluch oder Segen? / DFB und DStGB machen zum Thema Mikroplastik klar, Sportstätten möglichst umweltschonend zu betrieben +++

Gießen/Frankfurt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) als einer der größten Sportfachverbände der Welt mit mehr als sieben Millionen Mitgliedern in 25 000 Vereinen und rund 155 000 Mannschaften hat gemeinsam mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) eine Stellungnahme bei der in Finnland ansässigen Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu den Debatten über ein Verbot von Mikroplastik auf Kunstrasenplätzen eingereicht. Die angedachte Einschränkung in der EU beschäftigt den DFB und zahlreiche Amateurvereine, die mit ihren Kunstrasenplätzen betroffen sein könnten, seit Monaten.

Als Teil der vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) geleiteten Arbeitsgemeinschaft Mikroplastik mit Mitgliedern aus Sportverbänden und der Wissenschaft bekennt sich der DFB dazu, dass Sportanlagen möglichst umweltschonend betrieben werden müssen. „Als gemeinwohlorientierter Verband übernehmen wir natürlich die gesellschaftliche Verantwortung für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen und setzen uns für eine umwelt- und klimafreundliche sowie ressourcenschonende Sportstättenentwicklung ein“, heißt es dazu in einem Papier des DFB, das dieser vor wenigen Wochen nach Helsinki verschickt hat. Er sieht daher langfristig die Aufgabe, die heute noch genutzten Materialien aus Kunststoff durch andere Produkte zu ersetzen oder die Füllstoffe gänzlich überflüssig zu machen. Hier sei jedoch die Industrie gefordert.

Ein Verzicht auf Kunstrasenplätze ist für den DFB keine Lösung. Im Vergleich mit natürlichen Spielfeldern bieten Kunstrasenplätze deutlich größere Nutzungsmöglichkeiten. Ohne Kunstrasenplätze könnte vor allem in größeren Städten und Gemeinden kein annähernd ausreichendes Fußballangebot gewährleistet werden. „Der Sport kann seiner gesellschaftspolitischen Bedeutung, zu der auch Fragen der Gesundheitsförderung und -prävention, der Integration, der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Bildungspolitik gehören, nur gerecht werden, wenn ausreichend Sportstätten zur Verfügung stehen“, heißt es deshalb in der gemeinsamen Stellungnahme von DFB und DStGB.

Nicht akzeptabel wäre nach Auffassung beider Verbände, wenn durch ein kurzfristiges Verbot der geregelte Trainings- und Spielbetrieb vielerorts gefährdet wäre. Aus Sicht des DFB muss ein langfristig angelegter Übergang geschaffen werden. Der Sportbetrieb sowie die wirtschaftliche Situation der betroffenen Vereine seien bestmöglich zu berücksichtigen. Dazu gehören ein Bestandsschutz und umfassende Übergangsregelungen für im Betrieb befindliche Plätze, die vom möglichen Verbot von Plastik-Einstreumaterial betroffen wären. Eine möglichst kostenneutrale Lösung für die Vereine und Kommunen müsse daher aus Sicht des DFB durch die EU gewährleistet werden.

Der DFB will in den kommenden Wochen einen Handlungsleitfaden für Vereine mit einfach umsetzbaren Maßnahmen erarbeiten, durch die die Umweltbelastung durch das Granulat deutlich reduziert werden kann. Dazu gehören die Einfriedung der Plätze durch Barrieren, spezielle Filter an Abläufen, im Bereich der Oberflächenentwässerung oder durch Schmutzfangmatten an den Ein- und Ausgängen der Sportplätze. Die EU solle künftig darauf hinwirken, dass entsprechende bauliche Maßnahmen zum Standard für die Nachrüstung von Kunststoffrasenflächen in allen EU-Mitgliedstaaten gemacht werden.

Beim Neubau von Plätzen sollte laut Deutschem Fußball-Bund künftig auf kunststoffbasierte Füllstoffe verzichtet werden. Im Dialog mit den Herstellern seien die jeweils besten Alternativen herauszuarbeiten. Sollte sich der Bau eines Kunstrasenplatzes dadurch verteuern, wären durch die öffentliche Hand entsprechend zusätzliche Mittel bereitzustellen, so DFB und DStGB.

Auch der Europäische Fußball-Verband (UEFA) hat sich inzwischen in die Kunststoff-Debatte eingeschaltet. Es gebe „derzeit nicht ausreichend Beweise für Gefahren dieser Substanzen für die Umwelt“, teilte die UEFA mit. Darüber hinaus seien aktuell nicht ausreichend Alternativen für das Granulat auf dem Markt. „Die existierenden Möglichkeiten führen zu hohen Kosten und sind weder machbar noch nachhaltig“, hieß es weiter.

Nach Angaben des Kontinentalverbands gibt es 25 250 Kunstrasenanlagen in 20 der 28 Staaten der Europäischen Union. Dabei bleibt offen, auf wie vielen Plätzen Granulat oder bereits anderes Material genutzt wird. Für Deutschland geht die UEFA von 6500 Kunstrasenplätzen aus, der DFB spricht von 5109 Groß- und 776 Kleinspielfeldern aus künstlichem Untergrund. Für acht Länder, darunter Frankreich, Spanien und Österreich, lagen vom Kontinentalverband keine Zahlen vor.



Aufrufe: 010.12.2019, 09:12 Uhr
Alexander FischerAutor