2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht

Doppeltes Karriereende

VERLETZTENSERIE: +++ Brüder Dennis Frank und Patrick Keil kehren nach schweren Verletzungen nicht mehr auf den Sportplatz zurück +++

GIESSEN. Verletzungen sind Teil des Fußballs. Oft sind die Blessueren in wenigen Tagen auskuriert, es können aber auch Wochen oder sogar Monate vergehen. In der Regel können die Kicker aber wieder auf den Sportplatz zurückkehren. Allerdings gibt es auch schwerwiegende Verletzungen, die dafür sorgen, dass die Fußballschuhe für immer verstaut werden müssen.

Das trifft nicht nur Profis, sondern auch Amateurfußballer. Die Gießener Fußball-Familie Frank traf es in dieser Hinsicht besonders hart. Dennis Frank, seit eineinhalb Jahren als Spielertrainer beim TSV Allendorf/Lahn tätig, hindern mehrere Bandscheibenvorfälle am Fortgang seiner Spielerkarriere. Seinen Bruder Patrick Keil, ebenfalls in Diensten des A-Ligisten, bewog eine schwere Rückenverletzung aus dem Oktober 2014 zum Aufhören.

,,Ich liege gerade auf der Couch und kann mich nicht bewegen", eröffnet Dennis Frank das Gespräch. Seit einigen Wochen trägt der 35-jährige ein Halskorsett, das ihn auch noch weiter begleiten wird. Vor zwei Wochen musste er sich einer schmerzhaften Chemolyse unterziehen. Bei dieser wird durch eine chemische Substanz die beschädigte Bandscheibe langsam zum Austrocknen gebracht. Das Ganze geschieht mittels einer gut 20 Zentimeter langen Nadel, die an der Hüfte angesetzt und dann die Wirbelsäule hochgedrückt wird. ,,Da bin ich fast bei kaputt gegangen. Aber die Möglichkeit einer Operation besteht in meinem Fall nicht", beschreibt Frank die schon beim Hörensagen schmerzhafte Prozedur.

Für den ehemaligen Verbandsliga-Kicker war es der negative Höhepunkt eines jahrelangen Leidensweges. Bereits im Oktober 2011, damals noch in Diensten des SC Watzenborn-Steinberg, erlitt Frank seinen ersten Bandscheibenvorfall. Nach erfolgreicher Schmerztherapie und einer Reha in der Bad Nauheimer Park-Klinik war Frank wieder schmerzfrei und kickte weiter. In der vorletzten Winterpause zog er sich dann aber Bandscheibenvorfall Nummer zwei zu. Diesmal verlief die Therapie weniger erfolgreich. Ans Aufhören dachte Dennis Frank trotzdem nur kurz. Stattdessen wechselte er vom VfB Gießen in die A-Liga nach Allendorf. ,,Ich hatte gehofft, dort sei die Belastung geringer. Aber Fußball bleibt eben Fußball, egal in welcher Klasse."

Zusätzlich kam die Belastung als Trainer hinzu, die Frank anfangs unterschätzte. Doch er kickte weiter, machte in der aktuellen Hinrunde noch elf Spiele, aber die Rückenschmerzen wurden immer schlimmer. ,,Ich konnte meinen eineinhalb Jahre alten Sohn nicht mehr heben und auch meine Arbeit als Steinmetz fiel mir zunehmend schwerer", begründet Frank die dann gefasste Entscheidung, einen endgültigen Schlussstrich unter die aktive Laufbahn zu setzen. An der Seitenlinie bleibt er dem TSV aber weiterhin erhalten und bekommt im Sommer sein Abschiedsspiel mit alten Weggefährten. Die Chancen, dass er jemals wieder schmerzfrei leben und arbeiten kann, stehen aktuell bei 50 Prozent.

Dass auch sein Bruder Patrick, der mittlerweile den Nachnamen Keil trägt, in dieser Saison erst ein Spiel absolvierte, geht auf den 26. Oktober 2014 zurück. Damals stieg der Stürmer zum Kopfballduell in die Luft, wurde von einem Gegenspieler unterlaufen und knallte mit dem Rücken auf den Hartplatz. ,,Bis heute habe ich daran keine Erinnerungen." Diese kamen erst im Krankenwagen wieder. ,,Als ich aufwachte, konnte ich nichts sehen und hatte Ausfallerscheinungen in der Hand", schildert der selbständige Physiotherapeut die damalige Situation.

Noch auf der Intensivstation wurde er untersucht und medikamentös behandelt, verbrachte mit der Diagnose Einblutung im Wirbel und Gehirnerschütterung anschließend einige Tage im Krankenhaus. ,,Zum Glück war der Wirbel nicht gebrochen. Ich will gar nicht daran denken, was bei einem Bruch hätte passieren können." Allerdings waren Keil auch so, anders als bei Muskulär- oder Bänderverletzungen, die Hände gebunden. ,,Von außen konnte ich nichts machen, außer mich auszuruhen und mit leichten Bewegungen die Durchblutung anzuregen."


Dauerhafte Schädigungen oder Schmerzen blieben Keil aber glücklicherweise erspart. Das Karriereende war aber ein Thema. ,,Mir war relativ schnell klar, dass es mit dem Kicken nicht mehr weiter geht. Sobald ich auf dem Platz stehe und ich in den Zweikampf soll, ist immer die Angst im Kopf. Das war und ist ein klares Problem."

Ganz ohne Fußball ging es aber auch bei ihm nicht, stand Keil doch für den TSV in der letzten Rückrunde neunmal auf dem Platz. Doch zur neuen Runde zog er einen Schlussstrich. ,,In der Soccerhalle oder beim Stadtpokal kicke ich schon noch mit, aber ich war nie im Training und hatte nur einen Kurzeinsatz."

Ein anderes Hobby füllt aber die Lücke. Als Sänger der Band ,,Lebendig" hatte er im letzten Jahr rund 30 Auftritte. ,,Durch die Musik habe ich direkt ein Hobby gefunden, was mich gut einspannt. Das ist ein großer Vorteil und die Gefahr, sich dabei zu verletzen, ist deutlich geringer als beim Fußball", sagt Patrick Keil mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Das zerschnittene Trikot vom 26. Oktober 2014 hat Keil aber als Erinnerung und Mahnung an diesen Tag aufgehoben.



Aufrufe: 027.1.2016, 18:01 Uhr
Tim Georg (Gießener Anzeiger)Autor