2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Peter Klujber lebt seit 2015 in Deutschland und spielt seit 2017 für die DJK Eberhardsberg.
Peter Klujber lebt seit 2015 in Deutschland und spielt seit 2017 für die DJK Eberhardsberg. – Foto: Robert Geisler

Der ungarische Borusse

Ein Musterbeispiel für gelungene Integration: Der Ungar Peter Klujber (27) ist bei der DJK Eberhardsberg mittendrin statt nur dabei

"Mensch Beda. Des kann's doch ned sa. Konzentrier de hoid." Es läuft die 20. Spielminuten im Testspiel zwischen Eberhardsberg und Salzweg. Die Heimelf liegt gegen den Bezirksligisten mit 0:2 im Rückstand, ist noch gar nicht so richtig auf dem Platz. Symbolisch dafür steht Peter Klujbers Flugball, der sein Ziel deutlich verfehlt und im Aus landet - sehr zum Leidwesen von Borussen-Abteilungsleiter Franz Stockbauer, der deutlich vernehmbar die Nummer 11 der DJK Eberhardsberg kritisiert. Eigentlich eine Szene, wie sie wohl wöchentlich auf den Sportplätzen der Region vorkommt. Die Symbolkraft genau dieser Situation ist jedoch deutlich stärker als man zunächst vermuten möchte. Es wird nämlich deutlich: Peter Klujber ist Borusse, wird behandelt wie jeder andere Spieler des Kreisligisten, wird kritisiert, wird gelobt - und ist somit Teil der Gemeinschaft.

Die Normalität dieser scheinbaren Alltäglichkeit ist sehr wohl eine Besonderheit in einer Gesellschaft, in der Diskriminierungen aller Art weiterhin die Regel sind. Beim Verein aus dem Passauer Land ist das allerdings nicht der Fall. Hier leben und spielen Menschen unterschiedlichster Abstammung zusammen Fußball, trauern gemeinsam nach bitteren Niederlagen und feiern nach heroischen Siegen. Bei der DJK Eberhardsberg ist nicht die Sprache, Hautfarbe oder Kultur maßgeblich, sondern der Charakter jedes Einzelnen. "Bei uns ist jeder willkommen - solange er sich normal benimmt", unterstreicht Franz Stockbauer.

Und der 45-Jährige weiß, wovon er spricht. Mit Sami Arafat lief in der jüngsten Vergangenheit ein Syrer für die Borussen auf. Zum aktuellen Kader gehören mit Tomas Buchta ein Tscheche, mit Jan Rendko ein Slowake - und eben mit Peter Klujber ein Ungar. Letztgenannter nimmt in dieser Reihe einen Sonderrang ein. Wegen seiner Vergangenheit, aber auch wegen seiner Gegenwart und Zukunft.

Er wollte einfach nur Abstand gewinnen - zeitlich und räumlich



Geboren und aufgewachsen ist der 27-Jährige in der Touristenhochburg Siófok am Plattensee in sehr armen, aber wohlbehüteten Verhältnissen. Schon früh wurde das große Talente des jungen Burschen sichtbar - er ist seit jeher ein begnadeter Fußballer. Beim Puskás Akadémia FC Bodajk und FC Siófok genoss er eine hervorragende Ausbildung - fußballerisch und beruflich. "Wir hatten jeden Tag zweimal Training - und nebenbei habe ich eine Lehre zum Buchhalter gemacht und Deutsch gelernt."

Klujber absolvierte eigenen Angaben zufolge rund 150 Spiele in der 3. ungarischen Liga. Im Erstliga-Team durfte er mittrainieren - und auch Ligacup spielen. "Ich wollte es schaffen, richtig Profi werden. Doch leider hatten meine Eltern zu wenig Geld, um für mich einen Manager zu engagieren, der mich hätte anbieten können." Letztlich konnte es sich die Familie Klujber nicht leisten, auf die Karte Profifußball zu setzen. Das große Talente musste seinen Traum aufgeben. "Ich war so enttäuscht, dass ich überhaupt nicht mehr Fußballspielen wollte", berichtet der 27-Jährige in gut verständlichem Deutsch mit dialektischer Färbung.



Der Ungar wollte nach diesem Dämpfer nicht nur zeitlich Abstand gewinnen, sondern auch räumlich. Deshalb entschied er sich, 2015 zu seiner Cousine nach Deutschland zu gehen und dort heimisch zu werden. Erst lebte er in Büchlberg bei seiner Verwandtschaft, später in Salzweg und inzwischen in Denkhof. "Meine Cousine vermittelte mir zudem einen Job als Paketzusteller." Dieser Tätigkeit geht Peter Klujber seitdem nach. Auch privat fand er schnell Anschluss, lebt inzwischen in einer festen Beziehung. Und dennoch war er nicht so richtig glücklich. Es fehlte etwas - der Ball am Fuß und das Gefühl, Teil einer Mannschaft zu sein.

Seine damalige Freundin erkannte diese Sehnsucht und arrangierte ein Zusammentreffen mit Manuel Grillhösl, damals Spielertrainer der DJK Eberhardsberg. "Beim Sportfest der DJK haben wir dann vereinbart, dass ich mal zu einem Training komme. Erst wollte ich gar nicht, doch ich ließ mich überreden" Es blieb nicht nur bei einer Einheit. Nach zwei Toren im ersten Spiel für die Reserve spielte sich Klujber schnell in der Ersten fest, schaffte zwei Aufstiege mit seinem neuen Verein - und fühlt sich pudelwohl im Kreise seiner Mitspieler, die zugleich zu Freunden wurden. Selbst die Sprachbarriere ist inzwischen weggeräumt. Der 27-Jährige hat sich in Windeseile angepasst, versteht inzwischen sogar Mundart.

"Die DJK ist wie eine gute Familie für mich", betont der Mittelfeldspieler, dem Angebote höherklassige Angebote vorliegen. "Ich bleibe aber bei Eberhardsberg, das steht fest." Peter Klujber ist nicht nur aufgrund seiner zurückhaltenden, bodenständigen Art eine Bereicherung für das Team, wie Franz Stockbauer betont - sondern auch und vor allem fußballerischer Natur. "Technisch und taktisch ist er schon sehr gut ausgebildet, das merkt man immer wieder. Das Gesamtpaket Beda ist wie ein Sechser im Lotto für uns."

"Eberhardsberg ist wie eine gute Familie für mich", sagt der 27-Jährige (links im Bild).
"Eberhardsberg ist wie eine gute Familie für mich", sagt der 27-Jährige (links im Bild). – Foto: Robert Geisler


Aufrufe: 010.9.2020, 15:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor