Dergahspor Nürnberg - TSV Nürnberg-Buch 1:1
Das Derby haben sie sich wohl alle anders vorgestellt. Zumindest haben sie sich einen anderen Untergrund für dieses Derby vorgestellt. Weil die Verantwortlichen nach den Regenfällen in den Tagen zuvor um ihren schönen Rasen an der Bertolt-Brecht-Schule fürchten, haben sie das zweitwichtigste Fußballspiel der Stadt an diesem Wochenende auf den Kunstrasen nebenan verlegt.
Vor allem die Gäste scheinen mit dem Belag anfangs zu fremdeln, von der Leichtigkeit der vergangenen Wochen ist nicht viel zu sehen, auch wenn der TSV Buch die erste Halbzeit dominiert und die besseren Chancen hat. Bis auf den zweiten Platz der Landesliga Nordost haben sie sich in den vergangenen Wochen vorgearbeitet, die zweitbeste Fußballmannschaft der Stadt dürfen sie sich aktuell nennen – vor dem TSV Kornburg und natürlich auch vor Dergahspor, die als Abstiegskandidat in dieses Derby auf Kunstrasen gehen.
Unterschiedlicher könnten die Voraussetzungen also nicht sein und trotzdem wird Muarrem Demir weitere 45 Minuten später, in denen sich der Favorit noch schwerer als in den ersten 45 Minuten tut und nicht über ein Unentschieden hinaus kommt, einen bemerkenswerten Satz sagen. „Ich wäre zufrieden mit dem heutigen Spiel“, sagt also Demir und macht eine Kunstpause. „Wenn wir die letzte Chance genutzt hätten.“
Gerade als es so aussieht, als habe Buch nach den Toren von Jakob Neumann (72. /Dergahspor) und Philip Lang (74./Buch) keine rechte Lust mehr auf dieses Spiel und diesen kalten Nachmittag, hat dann plötzlich Dergahspors Leondrit Maraj kein Interesse mehr daran, weiter Teil des Geschehens zu sein.
Eigentlich wollen alle den Ball im Aus sehen, weil einer seiner Mannschaftskollegen am Boden liegt, doch dann verliert Maraj erst den Ball und dann die Nerven. Ein Faustschlag in Christian Fleischmanns Rücken ist Marajs vorletzte Amtshandlung des Tages, die letzte besteht dann darin, den in 82 Minuten angesammelten Frust an den Mülltonnen vor den Kabinen auszulassen.
Wer denkt, dass sich Dergahspor in der verbleibenden Zeit nun darauf beschränkt, den Punkt zu halten, der kennt den Trainer Muarrem Demir schlecht.
Fünf Minuten vor Schluss schickt er seinen Kapitän Engin Kalender von der Abwehr in den Sturm. In der Nachspielzeit hat Kalender dann tatsächlich sogar noch die große Chance, den Siegtreffer zu erzielen, doch auch er scheitert wie schon einige Kollegen zuvor am glänzend aufgelegten Lars Wester im Tor der Gäste.
„Ich erwarte immer drei Punkte“, sagt Demir wenig später und lacht nicht einmal dabei. Auch gegen den Tabellenzweiten hat er sich mehr ausgerechnet, jetzt, da Dergahspor endlich in der Saison angekommen ist. Zu Beginn hatte man sich nicht einmal sicher sein können, ob der Verein überhaupt noch einmal in dieser Spielzeit ankommt. Nach drei Spieltagen wurde Trainer Mirsad Biber entlassen, was nicht wirklich überraschte, nachdem er noch vor Saisonbeginn einem Großteil der Mannschaft die Tauglichkeit in der Landesliga abgesprochen hatte, wenig später suchte auch Funktionär Dieter Rebel das Weite. Auf die finanzielle Schieflage des Vereins folgte die sportliche, aber nun scheint es so, dass sie sich zumindest auf dem Platz wieder einigermaßen gefangen haben.
„Es kann nur aufwärts gehen“, glaubt Demir, nachdem er 16 neue Spieler integriert hat, die Abwehr stabilisiert hat und sie auch mit Unentschieden gegen die Spitzenteams der Liga nicht mehr zufrieden sind. „Das sagt doch einiges über uns aus“, findet er und bedauert, dass der Überraschungseffekt mit Engin Kalender nichts bewirkt hat. „Die Leute erwarten immer Siege“, sagt er und meint: auch in ihrer Situation.
Finanziell ist diese weiter eine angespannte, aber darum, sagt Muarrem Demir, müsse sich der Vorstand kümmern. Pläne, wie sie nicht nur ihr Punkte-, sondern auch ihr Bankkonto wieder in Einklang bringen wollen, gibt es bereits. Der Verbleib in der Landesliga würde die Umsetzung sicher einfacher machen.
Schiedsrichter: Jonas Kohn (Germ. Amberg) - Zuschauer: 100
Tore: 1:0 Jakob Neumann (72.), 1:1 Philip Lang (74.)
Platzverweise: Rot gegen Leondrit Maraj (82./Dergahspor Nürnberg/Tätlichkeit)