2024-05-10T08:19:16.237Z

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Mannschaftliche Geschlossenheit: Alles ist nicht schlecht bei Dergahspor, manchmal darf man sogar noch richtig im Kol­lektiv jubeln. F: Günter Distler
Mannschaftliche Geschlossenheit: Alles ist nicht schlecht bei Dergahspor, manchmal darf man sogar noch richtig im Kol­lektiv jubeln. F: Günter Distler

Dergah: Aus dem Chaos erwächst ein erstes Unentschieden

Der Nürnberger Landesligist rettet gegen die Spielvereinigung Bayreuth spät einen Punkt und versucht sich nebenbei am kollektiven Optimismus

Der erste Punkt im dritten Spiel: Bei Landesligist Dergahspor weigert man sich nach dem 2:2 (0:1) gegen die Spielvereinigung Bayreuth alles so trübe zu sehen, wie es angeblich ist.

Dergahspor Nürnberg - SpVgg Bayreuth II 2:2

Immerhin das mit dem Schönre­den der Welt klappt bei Dergahspor. Mit zwei Nie­derlagen ist der Landesligist in die Saison gestartet. Zwei Niederlagen, die keinen so recht überrascht habe, weil sie sich bei Dergahspor ja mit ganz anderen Turbulenzen beschäfti­gen müssen als nur mit Landesliga­fußball. Die finanzielle Situation ist mit prekär noch ganz nett beschrie­ben, über die sportliche hat Mirsad Biber, der neue Trainer, noch kurz vor dem Start wenig schöne Worte gefunden.

Fünf landesligataugliche Spieler, sagte Biber damals, habe er in seiner Mannschaft. Und: „Ich weiß nicht, ob das hier funktioniert.“ Es funktio­niert dann auch am Samstag gegen die Spielvereinigung Bayreuth II nicht so recht. Nach 43 Minuten und einem schlimmen Abwehrfehler geht der Aufsteiger aus Oberfranken 1:0 in Führung. In der Pause stehen dann Ibrahim Akbulut, der erste Vorstand, und Muarrem Demir, der Mann für die Finanzen, hinter dem Tor und ver­suchen zu erklären, warum das alles vielleicht doch noch gut wird mit Dergah und der Landesliga.

War alles schon schlimmer

Das Spiel läuft schon wieder, als sie mit ihren Ausführungen („Wir haben hier das Chaos übernommen, aber diese Saison können wir auf jeden Fall zu Ende bringen“) am Ende angelangt sind und noch diese eine Frage beantworten sollen: Steigt Dergahspor ab? Die Blicke von Akbu­lut und Demir sagen deutlich, was sie von einer solchen Fragen halten, vor allem, wenn sie nach insgesamt gera­de einmal fünf gespielten Halbzeiten gestellt wird. Weil sie aber höflich sein wollen, beginnen sie mit diesem Schönreden, das später am Nachmit­tag noch einmal Erfolg haben wird. „Auf keinen Fall steigen wir ab“, sagt also Akbulut und muss seinen Kopf mit der letzten Silbe ein wenig nach rechts drehen, weil in diesem Moment Mustafa Jasarevic alleine vor dem Tor auftaucht: 1:1.

Niemand steigt hier ab, keinesfalls. Sie geben sich größte Mühe, einen entspannten Eindruck zu machen. Wobei, vielleicht fällt ihnen das tat­sächlich nicht so schwer, sie haben ja schon so viel erlebt in der Landesli­ga. Zwei Niederlagen zum Auftakt? Da lacht Akbulut nur. Das war alles schon schlimmer, man kann offenbar viele Geschichten erzählen, wenn man sich schon so lange in dieser Liga aufhält. „Damals unter Gerlitz? Ein Punkt aus sieben Spielen“, sagt er. Damals, das war 2014, als Dieter Rebel den Verein ein wenig aufmisch­te. Rebel verpflichtete Reiner Gerlitz, einen Trainer also, der bis dahin in Buckenhofen ordentlich gearbeitet hatte. „Dergahspor ist ein schlafen­der Riese“, sagte Gerlitz damals und meinte das noch nicht einmal witzig.

Seitdem ist Dergahspor ganz schön geschrumpft, man ist jetzt einfach nur noch ein wankender Landesligist — immerhin, immer noch. Und Dieter Rebel ist zurück von einem Ausflug nach Seligenporten. Des Geldes wegen, sagt Akbulut, ist Rebel nicht zurückgekommen. Also des Geldes wegen, das Dieter Rebel immer mal wieder ausgibt für den jeweiligen Fußballverein seines Herzens. Das kann man glauben, muss man aber nicht, besonders auffällig geworden ist Rebel mit seinem Geld aber tat­sächlich noch nicht in seiner zweiten Amtszeit. Auch am Samstag hält sich der Sportliche Leiter auffällig am Rand. Die Sache mit dem Schönre­den aber gelingt auch ihm an diesem Nachmittag, da ist er ganz bei Dergahspor. „Wenn Bölük nicht noch einen Freistoß hervorzaubert“, sagt Rebel, „dann wird das nichts.“

Bölük zaubert

Kurz vor dem Ende, Dergah liegt schon wieder zurück, gibt es dann tatsächlich Freistoß — und Bölük zaubert, 2:2. Der erste Punkt im drit­ten Spiel, der Trainer ist zufrieden, beinahe schon sehr zufrieden. „Ich finde, dass wir die bessere Mann­schaft waren“, sagt Biber, „wir haben versucht, Fußball zu spielen, die haben viel mit langen Bällen ope­riert.“ Ganz so fatalistisch wie noch vor dem Saisonstart wirkt Biber jetzt nicht mehr, es wirkt, als ob er sich arrangiert hat mit dieser Situation. Natürlich, sagt er, „wünsche ich mir noch den ein oder anderen Neuzu­gang.“ Der Klassenverbleib wäre dann nichts mehr, was man einfach wegredet, sondern ganz simpel auf dem Platz zu bewerkstelligen.

Den Spaß, sagt er, hat er sowieso nie verloren: „Mir macht Fußball generell Spaß.“ Noch mehr natürlich, wenn alles einigermaßen so aufgeht wie am Samstag. „Die Mannschaft muss wissen, dass man in Rückstand geraten kann. Dann muss man aber damit umgehen können“, sagt Biber. Gegen Bayreuth konnten sie das zwei­mal und haben dabei gar nicht schlecht ausgesehen. Manches funk­tioniert schon noch bei Dergahspor — und wenn es nur Fußball ist.

Schiedsrichter: Felix Meding (Giebelstadt) - Zuschauer: 50
Tore: 0:1 Jacob Behem (43.), 1:1 Mustafa Jasarevic (49.), 1:2 Hannes Küfner (85.), 2:2 Akin Bölük (87.)

Aufrufe: 025.7.2016, 14:01 Uhr
Fadi Keblawi (Nürnberger Nachrichten)Autor