2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Anja Schorer (vorne) denkt schon an die Futsal-Weltmeisterschaft der Frauen in Thailand. Ihr, und der Nationalmannschaft, drücken die Spielerinnen des Bezirksoberligisten DJK Breitenthal ganz fest die Daumen. Allerdings fehlen derzeit noch ein paar Euro für die Reisekasse.	   F.: Alois Thoma
Anja Schorer (vorne) denkt schon an die Futsal-Weltmeisterschaft der Frauen in Thailand. Ihr, und der Nationalmannschaft, drücken die Spielerinnen des Bezirksoberligisten DJK Breitenthal ganz fest die Daumen. Allerdings fehlen derzeit noch ein paar Euro für die Reisekasse. F.: Alois Thoma

Daumendrücken für einen Traum

Anja Schorer möchte bei der Futsal-Weltmeisterschaft der Gehörlosen starten +++ Die Reisekasse macht aber Sorgen

Welcher Fußballer, welche Fußballerin träumt nicht davon, einmal bei einer Weltmeisterschaft aktiv dabei zu sein. Für Anja Schorer aus dem Ebershauser Ortsteil Waltenberg könnte dieser Traum Wirklichkeit werden. Die 27-Jährige, die seit dem Jahr 2000 für den Bezirksoberligisten DJK Breitenthal spielt, ist Mitglied der Frauen-Nationalmannschaft der Gehörlosen.

Die hat nun ihre Teilnahme (eine Qualifikation ist nicht erforderlich) an der Ende November in der Bangkok/Thailand stattfindenden 3. Futsal-Weltmeisterschaft bekundet. In Gruppe C würde das deutsche Team auf Belgien, Norwegen und Brasilien treffen. Rein sportlich sind die Gehörlosen-Fußballerinnen für diese Herausforderung als aktueller Vize-Europameister auf jeden Fall gerüstet. Was die finanzielle Seite betrifft, stehen sie jedoch im Abseits.

Weil ein Mehrspartenverband wie der Deutsche Gehörlosensportverband nicht in der Lage ist, jeden erfolgreichen Kader zu allen hochkarätigen Veranstaltungen auf internationaler Ebene zu entsenden und die Teilnahme auch noch zu finanzieren, hat das Futsal-Frauenteam die Sache in die eigene Hand genommen und sich auf Sponsoren- und Spendersuche gemacht. Nach Einsatz der Eigenmittel fehlen pro Spielerin derzeit ungefähr 2000 Euro, um zwei zentrale Trainingslehrgänge vor der WM, den Flug zum Austragungsort Bangkok, Unterkunft, Verpflegung und vieles andere mehr stemmen zu können.
Dass sie und ihre Mitspielerinnen die WM-Teilnahme mangels finanzieller Mittel absagen müssen, daran will Anja Schorer nicht denken. Sie ist seit dem Alter von sechs Jahren Fußballerin aus Leib und Seele. „Fußball ist mein Leben, meine Leidenschaft – und bei einer Welt- oder Europameisterschaft zu spielen ist das Größte“, sagt sie.

Schorer muss es ja wissen, schließlich war sie Mitglied des Futsal-Teams, das 2014 Vize-Europameister und 2007 Weltmeister wurde. Auch die Erfolge der deutschen Auswahl auf dem Großfeld können sich sehen lassen: Zweiter Platz bei der WM 2008 in Griechenland, wo Schorer zudem Torschützenkönigin wurde, zweiter Platz bei der EM 2011 in Bulgarien und dritter Platz bei der WM 2012 in der Türkei.

Die persönliche Bilanz der Sportlerin ist ebenfalls beachtlich: 16 Futsal-Länderspiele hat die Waltenbergerin bestritten, dabei 22 Tore erzielt. 14 Mal trug sie das Nationaltrikot, wenn auf Großfeld gespielt wurde, 27 Mal traf sie dabei ins gegnerische Tor. Seit drei Jahren ist sie in beiden Spielformen Kapitän der Nationalmannschaft.

Stefan Kerler ist Schorers Trainer im Breitenthaler Bezirksoberliga-Team. Er beschreibt eine seiner besten Spielerinnen in schwärmerischen Worten: „100 Prozent Einsatzwille, technisch stark und absolut abschlusssicher, einfach eine Top-Fußballerin.“ Dass auf Anja Schorer in all den 15 Jahren immer Verlass war, und sie inzwischen zum Inventar der DJK gehört, weiß der Verein zu schätzen. 500 Euro hat er spontan locker gemacht, um die Spielerin ihrem großen Traum ein Stückchen näher zu bringen. Dabei handelt es sich um den Erlös der Weihnachtsfeier-Tombola, der alljährlich karitativen Zwecken zukommt. Der Vereinsvorsitzende Walter Thoma versichert: „Es war für uns eine Selbstverständlichkeit, unserer Anja und deren Teamkameradinnen finanziell unter die Arme zu greifen.“

Weniger bauen konnten die Nationalspielerinnen auf Institutionen wie die großen deutschen Sportverbände. Geld kam in diesem Jahr zwar vom Bundesministerium des Innern, doch das wurde bereits bei der Großfeld-Europameisterschaft im eigenen Land aufgebraucht. Bleibt also die Bitte um private Zuwendungen. Alle eingehenden Spenden kommen in einen Topf, sodass am Ende jeder Spielerin die gleichen Kosten bleiben. Schorer, die als Altenpflegerin am Kreisaltenheim in Burgau arbeitet, gibt sich zuversichtlich und sagt: „Momentan sieht es gut aus, dass wir die finanzielle Hürde schaffen.“

Und so träumt sie insgeheim schon von einem Medaillenplatz im 16er-Feld in Bangkok. „Futsal-Weltmeister Russland ist der große Favorit. Aber die beiden folgenden Plätze sind machbar“, traut die 27-Jährige ihrer Mannschaft einen weiteren großen Erfolg zu. Sie selbst hofft, hierzu den einen oder anderen Treffer beisteuern zu können. „Tore schießen macht halt unheimlich Spaß“, versichert die Stürmerin. Und die Futsal-WM sieht sie auch als persönliches Trostpflaster, nachdem sie heuer aus beruflichen Gründen nicht an der EM auf Großfeld teilnehmen konnte, bei der Gastgeber Deutschland Platz zwei belegte.

Das Spendenkonto des Deutschen Gehörlosen-Sportverbands wurde eingerichtet unter der IBAN: DE96 3605 0105 0006 0153 66; Verwendungszweck: Spende Frauen-Futsal-WM 2015.

Aufrufe: 01.10.2015, 13:07 Uhr
Mittelschwäbische Nachrichten / Alois ThomaAutor